Schulpflicht im Kreis Höxter: Einschulung wird für Fünfjährigen zur Tortur

Kreis Höxter. Der kleine Junge aus dem Kreis Höxter war schon mit fünf Jahren eingeschult worden. Ein Antrag der Eltern auf Zurückstellung ihres Ältesten um ein Jahr war abgelehnt worden, weil das Kind eben knapp vor dem Stichtag 30. September geboren, als schulfähig eingestuft und damit schulpflichtig wurde. Damit war dem offiziellen Teil Rechnung getragen worden. Was dann folgte, war für Eltern, Großeltern und den Jungen selbst offenbar eine Tortur. Trotz Gutachten – der Kleine gilt als hochsensibel – musste er unter Zwang am Schulunterricht teilnehmen. Es sei ein Kampf für alle Beteiligten, heißt es. Das ging so weit, dass sich sogar das Jugendamt wegen angeblicher Kindeswohlgefährdung eingeschaltet hatte und nun mehrere Verfahren gegen die Eltern laufen. Denn: Sie wollten ihren Sohn mit einer Beurlaubung aus dem Unterricht herausholen. Die wurde angelehnt, es ging vor Gericht. Zwangsgeldandrohungen, Ordnungswidrigkeitsverfahren. Ende offen. Einschulung extrem. Lesen Sie auch: Überraschender Vorstoß: Schulministerin Feller will diese drei Schulfächer stärken Dabei sollte der erste Schultag – noch in diesem August ist es so weit – doch ein großer Tag werden. Für die Kleinen wie für die Großen. Aber: Wie läuft das eigentlich mit der Schulpflicht? Ab wann ist ein Kind schulfähig? Diese Redaktion hat beim Kreis nachgefragt – auch, ob und wann eine Schulpflicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Was heißt Schulpflicht? &bdquo;Jedes Kind im Alter von sechs Jahren hat in Deutschland die Pflicht, in die Schule zu gehen“, erklärt Kreissprecher Thomas Fuest auf Anfrage dieser Redaktion. Genauer gesagt: &bdquo;Die Eltern oder Erziehungsberechtigten müssen dafür sorgen, dass ihr Kind in die Schule geht.“ Lesen Sie auch: Ferien der Kinder verlängern? So hoch ist das Bußgeld für Eltern in NRW Schulpflicht bedeute jedoch nicht nur, dass alle Kinder zur Schule gehen müssten: &bdquo;Es bedeutet auch, dass alle Kinder das Recht haben, eine Schule zu besuchen. Denn per Gesetz haben alle Kinder ein Recht auf Bildung.“ Und Eltern hätten die Pflicht, dafür zu sorgen, ihren Kindern die Teilhabe an Bildung zu ermöglichen. Inwiefern ist die Schulpflicht gesetzlich geregelt? In Nordrhein-Westfalen sei der Beginn der Schulpflicht in Paragraf 35 des Schulgesetzes für das Land NRW rechtlich klar geregelt, so der Kreissprecher. Demnach beginnt die Schulpflicht für Kinder, die bis zum 30. September das sechste Lebensjahr vollendet haben, am 1. August desselben Jahres. Auch Kinder, die erst nach dem 30. September das sechste Lebensjahr vollenden, können in Einzelfällen auf Antrag der Eltern zu Beginn des Schuljahres in die Schule aufgenommen werden. Voraussetzung sei, dass sie die für den Schulbesuch erforderlichen körperlichen und geistigen Voraussetzungen besitzen und in ihrem sozialen Verhalten ausreichend entwickelt sind. Die Entscheidung trifft die Schulleitung unter Berücksichtigung des amtsärztlichen Gutachtens. Wie findet man heraus, ob ein Kind schulfähig ist – oder eben nicht? &bdquo;Schulpflichtige Kinder können nur aus erheblichen gesundheitlichen Gründen für ein Jahr zurückgestellt werden“, erklärt Thomas Fuest. &bdquo;Die Entscheidung trifft die Schulleitung auf der Grundlage des schulärztlichen Gutachtens, der Einschulungsuntersuchung. Die Eltern sind anzuhören. Sie können auch einen Antrag auf eine entsprechende Prüfung stellen.“ Was können Eltern tun, wenn sie mit dieser Entscheidung nicht einverstanden sind? Habe die Schulleitung eine Rückstellung abgelehnt und seien die Erziehungsberechtigten nicht damit einverstanden, könnten sie bei der Schulleitung Widerspruch einlegen. Lehne die Schulleitung den Widerspruch ab, entscheide darüber die Schulaufsichtsbehörde. Lehne auch die Schulaufsichtsbehörde den Widerspruch ab, könnten die Erziehungsberechtigten den Klageweg beschreiten. Ist diese Entscheidung – einmal getroffen – überhaupt nochmals rückgängig zu machen, wenn man erkennt, dass es Probleme gibt? Neben individuellen Unterstützungsangeboten und Hilfestellungen, die seitens der Schulen mit Blick auf besondere Bedürfnisse einzelner Kinder ergriffen werden, gibt es laut Kreissprecher in NRW seit einigen Jahren die sogenannte &bdquo;flexible Schuleingangsphase“. Die Schuleingangsphase in der Grundschule in NRW umfasst die erste und zweite Klasse. Da Kinder sich im Grundschulalter in ihrer Reife und Entwicklung enorm unterscheiden, gebe es die Schuleingangsphase, um diesen Reifeunterschied ausgleichen zu können, erklärt er. So könne ein Kind, das schon besonders weit entwickelt ist, die Schuleingangsphase in einem Jahr durchlaufen. Dagegen könnten Kinder, die ein wenig mehr Zeit benötigen, die Schuleingangsphase in drei Jahren durchlaufen. Bleibe ein Kind ein drittes Jahr in der Schuleingangsphase, dann werde dieses Jahr nicht als Wiederholungsjahr gerechnet: &bdquo;Das heißt, das dritte Jahr in der Schuleingangsphase wird nicht auf die Dauer der Schulpflicht angerechnet. Länger als drei Jahre kann ein Kind jedoch nicht in der Schuleingangsphase bleiben.“

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