Wie Bäume den Menschen und dem Klima im Kreis Höxter helfen

Höxter/Horn-Bad Meinberg. Viele Menschen in wärmeren Regionen weltweit leiden bereits unter extrem hohen Temperaturen. Auch in Deutschland nimmt insbesondere die Zahl der Tage mit Extremtemperaturen zu – auch wenn das in diesem Sommer bisher wenig spürbar ist. Eine Maßnahme, um die Temperaturen zu senken, ist die Pflanzung von Bäumen. Der gebürtige Höxteraner Friedhelm Türich vom Gartenbaubetrieb Pieper in Horn ist Vorstandsmitglied im Baumschulverband NRW und Präsidiumsmitglied im Bund deutscher Baumschulen und kennt sich daher mit Pflanzen bestens aus. Laut einer EU-Verordnung zur Wiederherstellung von Natur sollen auf 20 Prozent der Land- und Meeresflächen in Europa die Ökosysteme gestärkt werden. Lebensräume in schlechtem Zustand sollen bis 2030 um mindestens 30 Prozent, bis 2050 sogar bis 90 Prozent verbessert werden. Das können Felder, Moore und Grünland sein. Außerdem geplant: die städtischen Grünflächen bis zum Jahr 2040 um mindestens drei Prozent zu vergrößern. Nach Angaben des Bundes deutscher Baumschulen schreibt die Verordnung für die städtischen Bereiche eine Baumüberschirmung von mindestens zehn Prozent bis zum Jahr 2050 vor. Planerische Maßnahmen &bdquo;Grünflächen tragen erheblich zum Wohlbefinden der Menschen in urbanen Räumen bei“, sagt Friedhelm Türich. Manche Städte planten beispielsweise schon Grünschneisen, um Luftströme mit frischer Brise gezielt in Richtung Innenstadt zu führen. Es gebe Ansätze in der Stadtplanung, die daraufhin zielen, bei Starkregen einen Teil des Wassers in Rigolen und Versickerungsmulden aufzufangen, um es zunächst zu sammeln und gegebenenfalls als Bewässerungswasser zu nutzen. Friedhelm Türich nennt Fassadenbegrünungen, die sogenannten vertikalen Gärten, Dachbegrünungen oder eine Grünbepflanzung auf verschiedenen Stockwerken von hohen Gebäuden als Möglichkeiten, das Kleinklima positiv zu beeinflussen. Der Baumschulverband versuche auch darauf hinzuwirken, einen festen Prozentsatz der Baukosten bei Großprojekten für die Bepflanzung zu verwenden. Wirkung von Stadtbäumen Eine effektive Möglichkeit zur Verbesserung des städtischen Mikroklimas ist die Bepflanzung mit Bäumen. Diese können die Lufttemperatur um 2 Grad senken und sogar bis zu 20 Grad könne die Differenz der Oberflächentemperatur von Straßen und Gehwegen in einem überschatteten Bereich betragen, erklärt der Fachmann. Bäume filtern Bakterien, Pilzsporen, Feinstaub und anderen Schadstoffe aus der Luft. Sie produzieren Sauerstoff für Menschen und binden CO2. Sie vermindern Ozon und Lärm, die Wasserverdunstung aus dem Boden und erhöhen die Luftfeuchtigkeit. Dort, wo es möglich ist, wird bei einer Neupflanzung durch die Artenvielfalt die Biodiversität erhöht. Außerdem werden bei Befall mit einem Schaderreger die negativen Auswirkungen auf die Bepflanzung reduziert. Neue Baumarten Heiße und trockene Phasen und dann zu viel Wasser auf einmal – Bäume müssen heutzutage mit Extremen zurechtkommen. Das können nicht alle Arten. &bdquo;Seit zehn Jahren versuchen wir die Sortimente in den Gartenschulen anzupassen“, berichtet der Geschäftsführer. Aber auch die Planungsämter müssen ihre Hausaufgaben machen: Für zukunftsfähige Pflanzungen muss mehr Platz einkalkuliert werden, damit sich die Bäume auch in den Folgejahren gut weiterentwickeln. Ein großes Problem sind stark verdichtete Böden im Bereich der Pflanzflächen. Die Stadt München plane bereits seit Jahren mit 36 Kubikmeter großen Baumgruben, die viel Wasser speichern können und den Bäumen ausreichend Wurzelraum und Nährstoffe bieten. Schließlich pflanze man für 30 bis 50 Jahre. Klima- und Zukunftsbäume Einige Baumarten könnten mit dem Stressfaktoren nicht mehr klarkommen, wie Kastanien und Hainbuchen. Zunehmend wird deshalb an innerstädtischen Standorten auf Baumarten zurückgegriffen, die mit den Extrembedingungen besser zurechtkommen. Friedhelm Türich nennt Hopfenbuche, Rotahorn und Amberbaum als Beispiele für sogenannte Zukunftsbäume, die dem Klima gewachsen sind. Die Fachleute schauen bezüglich neuer Baumarten eher nach Nordamerika oder Asien, wo die Bäume auch kalte Winter überstehen müssen, als nach Südeuropa, wo es keinen Frost gibt. Aus geeigneten Arten werden in Baumschulen Sorten mit speziellen Eigenschaften wie Wuchsform, Laubform und Blüte selektiert. Früchte sind eher nicht erwünscht, weil sie Autos verschmutzen können, erläutert Türich. In einem zweiten Schritt werden entsprechend gezüchtete Bäume auf den Markt gebracht. 140 Sorten hält die Baumschule in Horn vor, darunter auch Kugel-, Kegel- und Säulenbäume in verschiedenen Wuchsgrößen. Nutzen für Hausbesitzer Im Herbst klagen die Bewohner in engen Straßen häufig über abfallendes Laub. Schmalkronige Bäume sind hier die Antwort des Fachmannes – sie bleiben kleiner, werfen weniger Laub, entfalten aber trotzdem ihre positive Wirkung. &bdquo;Man sollte die Bürger mehr einbinden“, findet das Vorstandsmitglied. Mehr über den wertvollen Nutzen der Pflanzen informieren und das Verantwortungsbewusstsein fördern. Auch über die Tier- und Pflanzenvielfalt in privaten Gärten. Der Baumschulgärtner kommt auf die Schottergärten, teils mit Folie bedeckt, zu sprechen, die beides nicht tun. Stattdessen könne sich kein Bodenleben entwickeln, es gebe Staunässe, die Wurzeln faulten und es sei zu trocken. Mit Folie, Schotter oder Kies abgedeckte Beete verwehren den Blick auf das Wesentliche: den Zustand des Bodens. Bepflanzung für Gärten Auch für kleine Gärten gibt es passende Bäume, meint der Fachmann und nennt Felsenbirne, Zierapfel, Amberbaum und Koelreuteria, die mit einer schönen Blattfärbung punkten können. Andere Arten wie die Koreanische Eberesche haben sehr schöne Blätter, die Kornelkirsche blühe gelb und der Feldahorn bleibe kompakt und sei sehr hitzeverträglich. Auch den Eisenholzbaum, der nicht beschnitten zu werden braucht, Hopfenbuche, Silberlinde und Esskastanien kann der 59-Jährige als klimaresistent und mit schönem Anblick empfehlen. Und damit möglichst wenig Feuchtigkeit entweicht, rät er, unter Gehölzen eine geschlossene Krautschicht, also blühende Stauden und Bodendecker, zu pflanzen. Dies sei ökologisch wertvoll, weil sie ein aktives Bodenleben fördern. &bdquo;Das wäre auch für städtische Flächen gut“, meint der Fachmann.

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