Höxter. Große Pläne gibt es für den Standort Höxter der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL). Um die regionale Wirtschaft zu stärken, den Fachkräftebedarf zu bedienen und um das UNESCO-Weltkulturerbe Corvey angemessen zu nutzen, gibt es Ideen, die Studiengänge von der Wilhelmshöhe nach Corvey zu verlegen. Dadurch könnten wesentliche Teile der ehemaligen Benediktinerabtei zu einem innovativen, internationalen Campus mit starker wirtschaftlicher Vernetzung in der Region werden.
Das Vorhaben der Hochschule wird unterstützt von Wirtschaft und Politik sowie dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft (MKW NRW) und dem herzoglichen Haus Ratibor. Eine Machbarkeitsstudie wurde in Auftrag gegeben, um die Potenziale des neuen Standorts zu untersuchen.
Bereits in der Vorbereitungsphase der Ausschreibung für die Machbarkeitsstudie zeigte sich ein erheblicher Mangel an grundlegenden Informationen zur Gebäudegeometrie und Historie der ehemaligen Benediktinerabtei, die im Sinne der Bauforschung unerlässlich sind.
Digitale Erfassung der Gebäudesubstanz
Aus diesem Grund führten Studierende des Masterstudiengangs Integrated Design der TH OWL, unterstützt von Doktoranden, eine digitale Erfassung der Gebäudesubstanz durch. Zusätzlich wurde eine spezialisierte Bauforschung in Auftrag gegeben, um entscheidende Erkenntnisse für die bevorstehende Machbarkeitsstudie zu gewinnen.
Die digitalen Aufnahmen und entstandenen Pläne können nicht nur als Grundlage für die weitere Bearbeitung der Studie dienen: „Das digitale Model lässt sich auch zukünftig in der Lehre einsetzen und ist besonders von Interesse, wenn der neue Campus künftig als Reallabor gedacht wird.
So könnten beispielsweise Studierende des Umweltingenieurwesens am digitalen Zwilling Live-Daten aus der technischen Gebäudeausrüstung oder erneuerbarer Energien am Hochschulgebäude analysieren und Simulationen durchführen“, so die Vizepräsidentin für Bildung und Nachhaltigkeit, Professorin Yvonne-Christin Knepper-Bartel.
Analyse des Standorts, Ermittlung von Raumbedarfen
Parallel haben sich Bachelorstudierende des Studiengangs Landschaftsarchitektur aus Höxter mit der Analyse des Standorts, der Ermittlung von Raumbedarfen und letztlich einer konzeptionellen Entwicklung für die Vision Campus Corvey befasst. Jetzt überzeugte sich das Präsidium der TH OWL von der Qualität des Projekts: „Die Ergebnisse zeugen von einem geschärften Bewusstsein der Studierenden für diesen sensiblen Ort und zeigen erste interessante Ansätze, wie ein Campus in Corvey gedacht werden kann“, freut sich Hochschulpräsident Professor Jürgen Krahl.
Die von der Hochschule in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie wird angesichts der komplexen Fragestellungen von einem erfahrenen Konsortium durchgeführt. Dieses Konsortium vereint Experten aus den Bereichen Hochschul- und Studiengangsentwicklung sowie aus der Begutachtung von Weltkulturerbestätten und Denkmalpflege. Beteiligt sind die Rheform GmbH, die CHE-Consult GmbH und die Büro Bergmann GmbH. Unter anderem werden im Austausch mit Kollegen der gesamten Hochschule sowie Studierenden des Standorts Höxter die Potenziale für neue Studiengänge und Lehrmodelle für die Vision Campus Corvey erarbeitet.
Ziel ist es, dabei sowohl den Bedarfen der regionalen Wirtschaft gerecht zu werden als auch ein Portfolio zu entwickeln, welches internationale Studierende für den Standort gewinnt. Professorin Uta Pottgiesser, Vizepräsidentin für Kultur, Kommunikation und Internationales der TH OWL, betont: „Unsere Hochschule hat es sich nicht nur zum Ziel gemacht, die Zahl der internationalen Studierenden zu steigern, sondern will insbesondere durch innovative Studienmodelle und begleitende Sprachqualifizierung auch den Verbleib dieser Studierenden in der Region fördern. Die Hochschule leistet so einen Beitrag zur steigenden Nachfrage nach Fachkräften im ländlichen Raum.“
Bedarfe der regionalen Wirtschaft
Zur Ermittlung der Bedarfe der regionalen Wirtschaft wurde im ersten Schritt eine weit gestreute Befragung der Unternehmen und potenzieller Arbeitgeber für Absolventen gestartet. Die Ergebnisse der Befragung werden durch verschiedene Fokusgruppengespräche verifiziert und weiterentwickelt. „Eine enge Vernetzung zwischen Forschung und Wirtschaft liegt in der Genetik unserer Hochschule. Durch die Entwicklung von Corvey zu einem Science2Business-Standort wollen wir auch am Standort Höxter zu einer noch stärkeren Partnerin für die regionale Wirtschaft werden“, unterstreicht Professor Stefan Witte, Vizepräsident für Forschung und Transfer an der TH OWL.
Im letzten gemeinsamen Termin des Präsidiums mit dem Konsortium der Büros wurden insbesondere der Aspekt der möglichen Umsetzung in der Bausubstanz von Corvey sowie die besonderen Herausforderungen beleuchtet. Nicole Soltwedel, Kanzlerin der TH OWL, hebt die Bedeutung des Bauvorhabens hervor: „Die Hochschule hat in den letzten Jahren bereits mehrere Bauprojekte in Lemgo und Detmold erfolgreich realisiert. Corvey stellt zweifellos eine neue und große Herausforderung dar, die eine umfassende Betrachtung von allen Seiten sowie eine besondere Verantwortung von allen Beteiligten erfordert.“
Das Präsidium der TH OWL sieht der Machbarkeitsstudie mit großer Erwartung entgegen. Erste Zwischenergebnisse sollen im Herbst vorliegen.