Höxteraner Haushaltsstreit: „Wir müssen aufhören, uns selbst zu zerfleischen“

Höxter. Eine kleine Szene zeigt, wie extrem angespannt, ja fast zerrüttet das Verhältnis zwischen der Spitze der Stadtverwaltung und der CDU-Fraktion in Höxter aktuell ist. Unionsfraktionschef Günther Ludwig wollte direkt auf eine Vorbemerkung von Albert Speith reagieren und hatte sich auch brav gemeldet. Doch als er zu reden begann, funkte Bürgermeister Daniel Hartmann dazwischen. &bdquo;Noch erteile ich hier das Wort“, stellte er klar und bedeutete Ralf Dohmann (BfH), er möge zuerst sprechen. Denn der hatte seinen Arm Sekundenbruchteile schneller in die Höhe gestreckt. Er ist ja auch etwas jünger. Dohmann aber befand, es mache schon Sinn, auf Bemerkungen direkt zu reagieren und regte an, Günther Ludwig solle vorher sprechen. Worauf Bürgermeister Hartmann ihm dann doch noch das Wort erteilte. Szenen wie diese gab es mehrere. Was wie eine Farce in einer schlecht gelaunten Kindergartengruppe anmutet, ist die Atmosphäre, in der der Finanzausschuss Höxter eigentlich darüber beraten wollte, wie Höxter vor dem drohenden finanziellen Ruin bewahrt werden kann. Immense Herausforderungen für Höxter Die Herausforderung ist immens: Noch immer ist der Haushalt 2024 in der Kreisstadt nicht verabschiedet, das von der Verwaltung zunächst geplante Defizit betrug immerhin mehr als 9,5 Millionen Euro. Viel fehlt da nicht mehr zur drohenden Haushaltssicherung. Deshalb forderte die CDU vehement von Bürgermeister Daniel Hartmann eine rigorose Sparliste, die sie &bdquo;Giftliste“ nannte und deshalb wurden zusätzlich Arbeitskreise eingerichtet, die alle Positionen auf Einsparmöglichkeiten abklopfen sollten. Nun traf man sich in größerer Runde wieder, um im Finanzausschuss endlich den Haushalt 2024 festzuzurren. Wirklich inhaltlich wurde wenig diskutiert. Vielmehr ging es – oft in Zwischentönen – um persönliche Befindlichkeiten. Da warf Günther Ludwig der Stadt einmal mehr vor, die schwierige Situation und Diskussion erst heraufbeschworen zu haben, weil sie keine Sparvorschläge mache und stattdessen belehrend auftrete. Gegenseitige Vorwürfe unter den Parteien Daraufhin warf Berno Schlanstedt dem CDU-Fraktionschef Unwissenheit vor, weil er bei den Spar-Arbeitskreisen nicht dabei war. Dort habe allein die Bauverwaltung Sparvorschläge von rund vier Millionen Euro gemacht. Martin Hillebrand (FDP) wiederum mahnte seine Ausschusskollegen, sich zusammenzureißen, denn es &bdquo;bringt gerade nicht viel, was wir hier machen.“ Ralf Dohmann wiederum blickte zurück auf die stundenlange Arbeit der Arbeitskreise, mit der er am Ende nicht zufrieden war. &bdquo;Wir haben keinen Kompromiss gefunden, oder etwas, dass uns alle zufrieden gestellt hätte. Wir haben viel geredet, aber groß geändert haben wir eigentlich nichts.“ Tatsächlich haben die Vorschläge so gut wie keine Auswirkungen auf den aktuellen Etat hat. Zwar ist das geplante Defizit seit der Einbringung Ende Februar tatsächlich um gut 1,2 Millionen Euro geschrumpft, was aber kaum an den eigenen Sparbemühungen liegt. Wo das gesparte Geld herkommt Allein 820.000 Euro muss die Stadt weniger an Kreisumlage zahlen. Zudem hatte die Kämmerei versehentlich vergessen, die Straßenreinigungs- und Winterdienstgebühren aufzuführen. Macht 140.000 Euro. 180.000 Euro gibt es zudem zusätzlich von der Stadtentwässerung. Tatsächlich und praktisch werden in diesem Jahr auf Initiative aus dem Stadtrat 39.000 Euro gespart. Zum einen wurden die neuen Möbel für die Stadthalle gestrichen, zum anderen die Unterstützung für die Amelunxer Grundschüler. Zum Vergleich: Der Höxteraner Haushalt umfasst Ausgaben von knapp 88 Millionen Euro. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Arbeitskreise viele geplante Investitionsmaßnahmen vorerst auf 2025 verschoben haben. Damit muss Kämmerer Martin Finke immerhin zehn Millionen Euro weniger an Krediten vornehmen und kann in diesem Jahr Verbesserungen bei den Abschreibungen von 125.000 Euro einplanen. Vorschläge werden abgelehnt Inhaltlich wurde im Ausschuss kaum diskutiert. Nur die UWG schlug vor, den Sockelbetrag der Ortschaftsmittel für jedes Dorf von aktuell 7.000 Euro auf 3.000 oder 5.000 Euro zu kürzen. &bdquo;Sparen heißt, wir müssen auf lieb gewordenes verzichten, auch wenn es weh tut“, erklärte UWG-Ratsherr Michael Schuster. SPD und CDU lehnten dieses Ansinnen rigoros ab, denn es würde das Ehrenamt bestrafen. Ralf Dohmann erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass ein Arbeitskreis sich drei Stunden lang mit Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen beschäftigt habe. Weil in dieser Runde aber offensichtlich geworden sei, dass man nicht bei allen Positionen gleichberechtigt den Rotstift ansetzen kann, wurde dieser Bereich ganz ausgespart. Höxters CDU enthält sich Ein weiterer Antrag der UWG, alle Haushaltspositionen im nichtinvestiven Bereich pauschal um 50 Prozent zu kürzen lehnte die Verwaltung als rechtlich nicht umsetzbar ab. Am Ende wurde der Haushaltsentwurf mit Mehrheit bei Enthaltung der CDU und Ablehnung von Ralf Dohmann angenommen. Nun muss ihn noch der Rat am 27. Juni endgültig absegnen. Der große Wurf, darin waren sich alle einig, war das für Höxter noch nicht. Nicht nur Bürgermeister Daniel Hartmann bekundete den Willen, dass die Spar-Arbeitskreise weitergehen sollen. &bdquo;Die Arbeitskreise sind der beste, offenste und fairste Weg, wie wir miteinander umgehen. Damit können wir strukturell und nicht durch pauschale Streichungen etwas verändern, meinte Martin Hillebrand. Ob das stimmt, werden die Haushaltsberatungen im kommenden Jahr zeigen. Wenig Optimismus erkennbar Die Aussichten sind nicht gut: &bdquo;Wie die beiden Arbeitskreise gezeigt haben, war dort eine Gemengelage, die sich zu keinem Punkt einigen konnten. Das spiegelt sich auch heute wieder. Ich glaube nicht, dass wir mit dieser Grundeinstellung langfristig etwas erreichen“, erklärte Dohmann. Und auch SPD-Mann Hans-Josef Held appellierte: &bdquo;Wir müssen aufhören, uns hier selbst zu zerfleischen. Hinter uns liegt das erfolgreichste Jahr, das die Stadt Höxter je gehabt hat. Und wir benehmen uns hier, als wäre das alles nichts gewesen. Die persönlichen Be- und Empfindlichkeiten, die jeder einzelne hat, um sich in Position zu setzen, bringen uns gar nichts.“

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