Welterbe in Höxter

Neue Ausstellung in Paderborn zeigt Corvey und das Erbe der Antike

Große Sonderausstellung ab September 2024 im Diözesanmuseum Paderborn: Dabei geht es um Kaiser, Klöster und Kulturtransfer im Mittelalter – und wie die Skylla in die Kirche kam.

In Corvey ist der Johanneschor im Weltkulturerbe des Karolingischen Westwerks ein Anziehungspunkt für die Besucher. Dort gibt es viel zu entdecken. | © Archiv: Simone Flörke

02.01.2024 | 02.01.2024, 03:00

Höxter/Paderborn. Politik, Philosophie, Kunst und Literatur – so manches, was unsere freiheitliche Gesellschaft bis heute prägt, hat seine Wurzeln in der Antike. Und doch ist vieles, was wir über die Zeit von Homer, Caesar, Tacitus und Co. wissen, nur in der Überlieferung des Mittelalters erhalten.

Mit der großen Sonderausstellung „Corvey und das Erbe der Antike“, die vom 21. September 2024 bis 26. Januar 2025 läuft, zeigt das Diözesanmuseum Paderborn anhand einzigartiger und faszinierender Leihgaben aus Europa und den USA, wie antikes Wissen und Kultur durch die Jahrhunderte übermittelt wurden und unsere europäische Gesellschaft bis heute prägen.

Anlass

Anlass der Ausstellung ist die Gründung des Klosters Corvey vor über 1.200 Jahren und das zehnjährige Jubiläum seiner Ernennung zum Welterbe der UNESCO. Bedeutende Klöster wie die karolingische Reichsabtei Corvey an der Weser spielten bei der vom Frankenkaiser Karl dem Großen (747/48–814) geförderten Wissenssammlung und -organisation eine entscheidende Rolle.

Deren Bibliotheken waren nicht allein Horte des Wissens zur Antike, sondern auch Relaisstationen für dessen Verbreitung. Doch nur das, was man dort und in den Thinktanks der Herrschenden für überlieferungswürdig hielt, wurde im Zuge der Einführung der Schriftlichkeit auch abgeschrieben und weiterverbreitet.

Gleichzeitig entstanden in den Bauhütten und Werkstätten der mittelalterlichen Klöster und Königspfalzen faszinierende Werke der Architektur, der Goldschmiede- und Elfenbeinkunst in antiker Tradition. Mitunter arbeiteten die mittelalterlichen Handwerker antike Originale um oder integrierten sie prominent in ihre eigenen Werke. Vereinnahmt und geprägt vom jeweiligen Zeitgeist, erzählen sie eigene, neue Geschichten und geben uns bis heute Rätsel auf.

Rätselhaftes

Ein solch rätselhaftes Werk findet sich noch heute an den Wänden des Westwerks Corvey. Vor mehr als 1.000 Jahren entstanden dort Malereien, die den Kampf des antiken Helden Odysseus gegen das Meeresungeheuer Skylla zeigen. Es ist die älteste erhaltene mittelalterliche Darstellung dieses antiken griechischen Epos.

Restaurierungsarbeiten im Januar 2019: Kristina Brakebusch säubert mit einem Trockenschwamm wie mit einem Radierer die Ornamente der Stuckdecke im Kubus des Westwerkes. - © Archiv: Simone Flörke
Restaurierungsarbeiten im Januar 2019: Kristina Brakebusch säubert mit einem Trockenschwamm wie mit einem Radierer die Ornamente der Stuckdecke im Kubus des Westwerkes. | © Archiv: Simone Flörke

Doch woher kannten ihre Schöpfer die Geschichte? Warum war die Erzählung von Odysseus, der auf der Heimfahrt vom Trojanischen Krieg dem Monster Skylla begegnete, im Mittelalter noch so wichtig, dass sie an den Innenräumen eines bedeutenden kirchlichen Gebäudes angebracht wurde?

Die Auftraggeber solcher Wandmalereien, aber auch imposanter Werke der Schatzkunst und aufwendiger Abschriften antiker Texte, zählten zu den Mächtigsten im Reich. Doch was wussten sie eigentlich über die Antike?

Aneignung

Die Sonderausstellung geht diesen Fragen anhand zahlreicher historischer Exponate nach. Arbeiten zeitgenössischer Kunst, die den Themenkanon der Antike aufgreifen, sich aber vor allem mit dem bis heute im kollektiven Wissen verankerten „Mythos Odyssee“ auseinandersetzen, erhalten zudem ein eigenes Ausstellungskapitel.

Dabei wird die kulturelle Aneignung der Antike nicht als reine Erfolgsgeschichte präsentiert. Denn gerade in Gebieten wie Westfalen, die nie zum Römischen Reich gehört hatten, wurde Wissen traditionell mündlich weitergegeben. Vieles, was dort nach der Einführung der Schriftlichkeit nicht mehr über die Generationen hinweg mündlich weitererzählt wurde, ist für immer verloren. Auch das wird Thema der Ausstellung sein.

Originale

Die einstige Bibliothek der Abtei Corvey besaß bedeutende, teils kunstvoll gestaltete Pergamenthandschriften, die heute in alle Welt verstreut sind. Für die Sonderausstellung werden einige der wichtigsten noch erhaltenen Werke in Paderborn wieder vereint.

Architekturfragmente, wunderbar gearbeitete Elfenbeine, Schatzkunst, Stuck- und Wandmalereifragmente beantworten darüber hinaus die Frage, wie antike Kunsttechniken, die in der Zeit nach dem Untergang des Römischen Reiches fast verloren schienen, im Mittelalter wieder aufleben konnten. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die kostbaren Originale.

Flankiert werden sie von virtuellen Interventionen, die exklusive Einblicke in die Tätigkeit von Restauratoren, Forschenden und Naturwissenschaftlern geben, die heute das antike Erbe für uns bewahren. Interaktive Medienstationen in der Ausstellung zeigen unter anderem, wie das Welterbe Corvey mittels neuester Technologien des Fraunhofer-Instituts Darmstadt über tausendjährige Stuckskulpturen wiedererstehen lässt.

Führungen

Weitere Infos zu Tickets und Führungen unter: www.dioezesanmuseum-paderborn.de. Gruppenführungen können ab sofort gebucht werden.