Von der Einsamkeit des Feuerwehr-Einsatzleiters im Kreis Höxter

Höxter. Seine blaue Ausgehuniform der Feuerwehr sei wohl &bdquo;die jungfräulichste im Kreis Höxter“, sagt Jürgen Schmits mit einem breiten Grinsen im Gesicht. &bdquo;Es gibt Kollegen, die präsentieren gern – andere präsentieren weniger – ich präsentiere gar nicht.“ Alles okay für ihn. Denn er sagt mit voller Überzeugung, er sei stolz, in der Feuerwehr zu sein und sehr gern dort aktiv. Und der Austritt zwischenzeitlich für sechs Jahre sei ein Fehler gewesen. &bdquo;Darüber ärgere ich mich heute noch.“ Nun ist der Leiter der Feuerwehr Höxter erneut zum stellvertretenden Kreisbrandmeister ernannt worden und bildet das neue Führungstrio mit Stefan Nostitz (Beverungen) und Jürgen Rabbe (Warburg). Eigentlich war er erst 2024 mit der Wiederernennung nach der Runde eins 2018 dran, aber er hat sich dem Rhythmus der anderen beiden angeschlossen, so dass alle zur gleichen Zeit in diese Ämter als Ehrenbeamte starten. Und diese Karriere war bei Familie Schmits eigentlich gar nicht geplant gewesen, denn es fehlt komplett der Feuerwehr-Hintergrund. Deshalb, da ist er sicher, habe er sich viel mehr erkämpfen müssen als andere. Der Vater Polizist, die Mutter in der Pflege, Jürgen Schmits ebenfalls zunächst Krankenpfleger (Holzminden), dann zwischenzeitlich in der Intensivpflege und Anästhesie am Krankenhaus, heute Leiter des Rettungsdienstes in seiner Heimatstadt: &bdquo;Ich habe als Junge gern mit Feuerwehrautos gespielt“, erinnert er sich. Und ergänzt mit einem Augenzwinkern: &bdquo;Und ich mochte auch Krankenwagen.“ Wie er dennoch so unvorbelastet Feuerwehrmann wurde? &bdquo;Ich habe Hobbys ausprobiert“, erinnert sich der 52-Jährige. Fußball hat er gespielt. &bdquo;Da waren alle froh, dass ich schnell wieder weg war“. Oder er ging schwimmen. Dann kam er auf den Hof der Feuerwehr in Höxter – und blieb. Er schmunzelt: &bdquo;Ich war Feuer und Flamme.“ Und seitdem jedes Wochenende dabei. Bis auf die sechs Jahre, die er 2006 bis 2011 ausgetreten war. Im jugendlichen Sturm und Drang, wie er selbst sagt. &bdquo;Weil ich mich über jemanden geärgert hatte.“ Und am meisten dann über sich selbst und seine Reaktion. &bdquo;Weil ich nicht das Problem war.“ Aber in der Zeit, sagte er rückblickend, habe er die Ruhe gehabt, sich beruflich weiter zu entwickeln. Aber er habe erkannt: &bdquo;Ich kann nicht jeden retten, wenn es menschlich nicht passt.“ Ansonsten sei er Typ &bdquo;vermitteln“ und &bdquo;loyal“. Löschgruppenführer habe er eigentlich auch nicht werden wollen: &bdquo;Ich wollte dabei sein, Feuerwehr leben.“ Dann übernahm er die Verantwortung 2015 doch in Höxter. &bdquo;Seitdem ist das fast ein Selbstläufer“, bemerkt er. Und betont doch eines ganz besonders: &bdquo;Wir können das nur machen, weil wir unsere Familien haben, die das mittragen. Meine Frau, die zwei Kinder. Wie oft habe ich Feiern verlassen, weil der Melder losging. Oder bin gar nicht erst hingefahren. Einen Tag nach der Geburt unserer Tochter bin ich raus zu Lehrgängen.“ Ein dickes Fell, Ruhe und Gelassenheit Die Menge an Arbeit selbst werde nur von den wenigsten gesehen. Schmits hat im Büro einen Text hängen: &bdquo;Die Einsamkeit der Einsatzleiter“. Was denn eine gute Voraussetzung für eine Leitungsfunktion in der Feuerwehr ist? Ein dickes Fell, sagt der Höxteraner. Ruhe und Gelassenheit. Rumschreien sei nicht sein Stil. &bdquo;Vor 20 oder 30 Jahren wäre ich viel zu emotional und aufbrausend dafür gewesen. Heute überlege ich, dass es sich oft nicht lohnt, sich aufzuregen. Und halte es wie meine Oma, die sagte: Jürgen, stell sie dir in Unterhosen vor. Das funktioniert.“ Und strukturiertes Arbeiten beruhige alle anderen drumherum. Denn er sei als Führungskraft heute nun mal in der zweiten Reihe, wolle nicht die in der ersten zur Seite schubsen und trage eben Verantwortung – inklusive des Neidfaktors, dessen ist er sich bewusst. &bdquo;Ich habe heute nicht mehr den Schlauch in der Hand. Heute denke ich das Feuer aus“, formuliert er. Wie er dennoch mit den Bildern umgeht, die er in den Jahren gesehen hat? &bdquo;Ich weiß, wo ich gute Hilfe bekommen kann.“ Dennoch könne er das bislang für sich verarbeiten und einordnen: &bdquo;Die Seele ist wie eine Bettfeder“, zitiert er einen Psychologen. &bdquo;Man kann sie so weit dehnen, bis sie sich nicht mehr zurückzieht. Wie weit die Feder gespannt ist, weiß keiner.“ Im Zweifel sage er sich: &bdquo;Jürgen, geh lieber hin und versuch, die anderen zu schützen.“ Aber er habe daheim keine Bilder an der Wand, auf dem Computer keine Bildschirmschoner mit Fotos von spektakulären Einsätzen. &bdquo;Ich habe den Einsatz abgearbeitet und möchte die Bilder nicht wieder sehen. Nur im Kopf bleiben die Erinnerungen.“ "Wir wollen dem Unglück die Stirn bieten“ Einsätze und Übungen machten Spaß – auch wenn das Wort im Zusammenhang mit vielen Feuerwehraufgaben falsch klinge: &bdquo;Es ist ein Hobby – und das muss Spaß machen.“ Natürlich nicht die schlimmen oder gar tödlichen Einsätze. Schmits ist sich der Realität der Ereignisse bewusst: &bdquo;Ein Unglück passiert. Und wir wollen dem Unglück die Stirn bieten.“ Dabei sei er als Einzelperson nichts &bdquo;ohne die Truppe“. Von der erwartete man in der Freiwilligkeit ebenso wie von der Berufsfeuerwehr die gleiche Professionalität: &bdquo;Jeden Tag. Als Feuerwehr will man immer vor der Lage sein.“ Und dieses große Interesse am Ehrenamt im Kreis Höxter müsse man hegen und pflegen. Deshalb ist ihm auch ein Anliegen, in den vergangenen Jahren auf den Weg gebrachte Konzepte, die jetzt Früchte tragen, weiter zu entwickeln: &bdquo;Das Netzwerk in OWL ist so gut geworden, da möchte ich gern weiter mitarbeiten“, beschreibt er seine Motivation als stellvertretender Kreisbrandmeister. Und ergänzt, dass man in der nun neuen Konstellation nun die Rollen finden müsse: &bdquo;An mir soll’s nicht liegen.“ Zugleich betont Schmits: &bdquo;OWL braucht sich nicht zu verstecken vor der Rhein-Schiene. Ich bin stolz auf diese Truppe. Auf jeden Fall.“ Aber: Auch wenn er noch jeden Alarm mitbekommt, &bdquo;halte ich mich zurück und vertraue den Kollegen. Auch wenn ich innerlich mit dem Fuß scharre und gern hin und mithelfen möchte.“ Eben ein Feuerwehrmann.

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