„Wer nicht wirbt, der stirbt“: Zirkus in Höxter ist sauer auf Stadt

Höxter. Der Zirkus kommt in die Stadt – aber niemand bekommt davon etwas mit. Nach zwei Jahren Corona und darunter vielen pandemiebedingten Zwangspausen ist das eine Horrorvorstellung für Williams Köllner, Zirkusdirektor des Cirkus Trumpf. Die Zirkusfamilien in siebter Generation hat Weltkriege erlebt, Hungersnöte, Ölkrisen, der Zirkus hat am Ende immer überlebt. Die Vorstellung aber, dass der Zirkus in einer Stadt ist und niemand erfährt davon, die ist für Köllner der pure Horror. Ein Horror, der in seinen Augen in Höxter gerade wahr wird. Denn Zirkus Trumpf darf keine Plakate für die anstehende Tournee in Höxter aufhängen, jedenfalls jetzt noch nicht. Zum Unmut von Köllner und dem gesamten Zirkusteam, das derzeit seine Zelte in Höxter aufbaut. &bdquo;Wer nicht wirbt, der stirbt“, sagt Köllner und schaut verzweifelt auf eines der Plakate, das die Zirkusfamilien noch retten konnte – weitere Reklameposter habe die Stadt einkassiert. Einfach so. &bdquo;Die Tradition Zirkus gibt es schon lange. Und es war immer und überall so, dass der Zirkus Plakate aufhängt, bevor er kommt.“ Nein, gut zu sprechen ist der Zirkusdirektor und mehrfache Familienvater gerade gar nicht auf die Stadt – wobei er klarstellt, dass es ihm ums Ordnungsamt gehe und darum, wie die Regeln ausgelegt würden. &bdquo;Ich habe mich sehr geärgert. Wir machen ja nichts Illegales“, sagt er und schaut auf den Teller vor sich. Kartoffeln liegen darauf, eine helle Soße, die Luft im Küchenwagen ist warm und duftet nach essen. Köllner legt die Gabel neben den Teller. Blick auf die Zukunft Mit Bürgermeister Daniel Hartmann habe er sich am Telefon gut verstanden, der Rathaus-Chef habe Verständnis und Hilfsbereitschaft signalisiert, auf ihn hofft er deshalb auch, wenn er an die Zukunft denkt. Die Zukunft, sie beginnt laut Tourneeplan am 22. Dezember. Dann nämlich wird es die ersten Vorstellungen der Weihnachts-Varieté-Show im Zelt auf dem Gelände Wittrock an der Albaxer Straße geben. Köllner hofft, dass dann auch Zuschauer dabei sein werden. Denn das eine Kommune dem Zirkus so rigoros das Plakatieren verbietet, das habe er noch nicht erlebt. Dabei sei frühes Plakatieren in diesem Fall besonders wichtig. &bdquo;Rund um die Weihnachtszeit haben die Menschen viele Termine und wenig Zeit, deshalb müssen wir so früh wie möglich mit dem Werben anfangen.“ Und deshalb habe der Zirkus bereits weit vor Tourneebeginn Kontakt mit der Stadt aufgenommen. Während der Bürgermeister noch Entgegenkommen signalisiert habe, hätte das Ordnungsamt allerdings das Plakatieren streng verboten. &bdquo;Sie berufen sich auf ein Gesetz, wonach diese Plakate im Straßenverkehr ablenken könnten“, sagt der Zirkusdirektor. Er glaubt, dass das Ordnungsamt in Höxter so wie in anderen Kommunen auch, einen großen Ermessensspielraum habe, und das frühe Plakatieren auch erlauben könnte. Dabei habe man eigens für die Plakate extra nicht städtische, sondern private Flächen genutzt. &bdquo;Wir haben die Eigentümer gefragt und gebeten, die Flächen nutzen zu können. Sie haben dafür Freikarten für unseren Zirkus erhalten.“ Trotz der Erlaubnis habe die Stadt sämtliche Plakate abgenommen und weg gebracht. Wohin? Köllner sagt, dass er keine Ahnung habe, was mit den Werbemitteln passiert ist oder wo sie sind. Eine Frage des Rechts? Die Stadt freilich räumt ein, dass &bdquo;die Plakate in den genehmigungspflichtigen Bereichen durch die Stadt Höxter entfernt“ worden seien, &bdquo;da sie unzulässig und zu dem Zeitpunkt nicht genehmigungsfähig waren“. Allerdings erklärt die Stadt, dass sie das Zirkusteam bereits im Vorfeld über die Situation in Höxter informiert habe und sogar aufgefordert habe, die Plakate zu entfernen, nachdem sie aufgehängt worden seien: &bdquo;Nachdem der Zirkus diesen Aufforderungen nicht nachgekommen ist, wurden die Plakate in den genehmigungspflichtigen Bereichen durch die Stadt Höxter entfernt.“ Veranstalter und Zirkusunternehmer seien in Höxter stets willkommen: &bdquo;Ihnen wird, unter Einhaltung der geltenden Rechtslage, ausreichende Möglichkeiten gegeben, auf Ihre Veranstaltungen hinzuweisen.“ Diese Rechtslage werde aber in Höxter laut Köllner anders ausgelegt, als in allen anderen Kommunen, in denen der kleine Zirkus zu Gast war. Dort habe das frühzeitige Plakatieren immerhin keinerlei Probleme bereitet. In Höxter stellt die Stadtverwaltung allerdings ausdrücklich heraus, dass dem Zirkus schon früh mitgeteilt worden sei, dass &bdquo;die Erlaubnis zur Plakatierung im öffentlichen Raum nach den geltenden Regelungen der Stadt Höxter für Werbung von Zirkusunternehmen im öffentlichen Raum erst eine Woche vor Vorstellungsbeginn genehmigt werden kann“. Das aber ist für einen Zirkus in der Weihnachtszeit deutlich zu spät, meint Köllner. &bdquo;Wir sind eine Zirkusfamilie in der siebten Generation, wir lieben unseren Job“, sagt der Zirkusdirektor des Circus Trumpf/Manjana, fragt: &bdquo;was spricht dagegen, dass wir die Kinder in Höxter ein bisschen auf andere Gedanken bringen“. Ergänzt: &bdquo;Dazu, wie die Stadt vorgegangen ist, fehlen uns die Worte“. Viele Zirkusbetriebe stünden gerade mit dem Rücken zur Wand, einige Betriebe hätten schon die Segel gestreckt. Auch deshalb sei die frühe Werbung gerade das A und O, bekräftigt Köllner. Ein neuer Antrag Die Stadt jedoch signalisiert durchaus Verständnis für die Lage der Zirkusleute habe: &bdquo;Der Stadt Höxter ist die wirtschaftliche Situation von Veranstaltern und Zirkusbetrieben in der aktuellen Zeit bewusst“, heißt es in einer Stellungnahme der Stadt. Im Bereich des Möglichen würden Veranstaltungen und Gastauftritte unterstützt und gefördert. &bdquo;Gleichwohl sind hierbei der Gleichbehandlungsgrundsatz und die geltenden Werberegelungen zu beachten“, heißt es weiter. Laut Stadt ist die Plakatierung ab Donnerstag, 15. Dezember, genehmigungsfähig. Köllner will jetzt dazu einen Antrag auf Plakatwerbung zum Aufhängen der Werbetafeln eine Woche vor Vorstellungsbeginn stellen. Immerhin ein wenig Werbung wäre dann doch noch möglich, die zumindest Kurzentschlossene ansprechen könnte.

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