Kindersicherheitstag im Kreis Höxter: Wo es für Kinder gefährlich wird

Kreis Höxter. Eine kleine Hand auf der heißen Herdplatte, ein Sturz vom Klettergerüst oder ohne Fahrradhelm unterwegs - potenzielle Unfallgefahren, gerade für jüngere Kinder, gibt es viele. Viele Situationen werden unterschätzt, gerade im eigenen Zuhause. Um das Bewusstsein dafür zu stärkern, organisiert die Bundesarbeitsgemeinschaft "Mehr Sicherheit für Kinder" deshalb seit dem Jahr 2000 den Kindersicherheitstag am 10. Juni. Aus diesem Anlass hat die Neue Westfälische mit einem Kinderarzt und der Polizei im Kreis Höxter über Gefahren und Prävention gesprochen. "In der Kinderklinik behandeln wir jährlich circa 200 Kinder wegen Unfällen, das sind etwa zwei bis drei Fälle in der Woche", sagt der Chefarzt der Kinderklinik der KHWE, Firooz Ahmadi. Für verschiedene Altersgruppen gebe es spezifische Gefahrenquellen, auf die Eltern achten sollten. 0 bis 12 Monate Im Säuglingsalter, von 0 bis 12 Monaten, sei die häufigste Unfallursache ein Sturz von einer Anhöhe. Die Folge: Kopfverletzung. Wenn das Kind auch nur kurz unbeaufsichtigt auf dem Bett, dem Wickeltisch oder im Maxi Cosi gelassen werde, könne schnell etwas passieren, warnt der Kinderarzt. "Man will vielleicht nur kurz die Flasche holen und lässt das Kind alleine auf dem Wickeltisch. Das Kind bewegt sich, dreht sich vielleicht auf den Bauch und fällt runter." Aus diesem Grund solle man einen Säugling immer im Auge behalten und auf keinen Fall, auch nicht kurz, alleine auf einer Anhöhe lassen. Zwei bis vier Jahre Bei Kleinkindern vom zweiten bis vierten Lebensjahr gebe es häufiger Probleme mit dem Verschlucken von Gegenständen wie Murmeln oder Münzen aber auch Medikamenten. Letztere sollten nicht offen auf dem Tisch liegen, sondern für Kinder unzugänglich aufbewahrt werden, am besten in einem verschließbaren Schrank. Auch Verletzungen durch Verbrühungen könnten schnell passieren. "Jemand hat das Kind auf dem Arm und eine Tasse mit einem Heißgetränk in der Hand. Das Kind zieht die Tasse weg und verbrüht sich Gesicht oder Bauch", beschreibt der Kinderarzt eine Beispielsituation. Ab vier Jahren Im Vorschulalter, von vier bis sechs Jahren, gebe es vor allem Probleme mit Stromfällen und Vergiftungen. "Kinder sind neugierig, gehen vielleicht mit einem Stock in die Steckdose oder probieren Giftpflanzen oder giftige Pilze, die sie im Garten finden." Kinder ab sechs Jahren hingegen kämen eher nach Fahrrad- oder Inliner-Unfällen mit Knochenbrüchen oder einer Schädelprellung in die Klinik. "Kinder können nichts dafür, denn sie sind kognitiv noch in der Entwicklung. Sie wissen viele Dinge noch nicht und sie sind neugierig. Wir haben Verantwortung für sie." Darum, so betont Firooz Ahmadi, sei das wichtigste immer Prävention. Geschirr, Töpfe, Wasserkocher oder Arbeitsgeräte in der Garage - zu diesen Dingen sollten kleine Kinder besser keinen Zugang haben. Auch Waschmittel und Putzmittel können schnell zum Verhängnis werden und bleibende Schäden verursachen. Ein Fall fürs Krankenhaus Wenn einmal etwas passiert sei, solle man lieber auf Nummer sicher gehen und sich an die Klinik wenden. "Bei einer Vergiftung sollte man lieber sofort ins Krankenhaus, denn hier kann am schnellsten geholfen werden. Bei der Giftzentrale kommt man vielleicht nicht schnell genug durch, wir haben einen direkten Draht, Gegenmittel und Geräte zur Überwachung." Auch Stromfälle solle man nicht unterschätzen. "Ein leichter Stoß ist nicht schlimm, denken viele. Doch! Er kann zu Herz-Rhythmus-Störungen führen, darum sollte man lieber das Herz 24 Stunden überwachen und die Blutwerte kontrollieren." Bei einer Schädelverletzung gilt es, auf die Zeichen zu achten: bei Benommenheit, Schläfrigkeit und Erbrechen solle man sofort in die Klinik. Bei thermischen Verletzungen wie Verbrennungen oder Verbrühungen ist Erste Hilfe nötig, doch hier ist auch Vorsicht geboten, warnt die AOK NordWest. Die Krankenkasse empfiehlt, zuerst in Brand geratene Kleidung mit Wasser zu löschen oder die Flammen mit einer Decke zu ersticken. Bei Verbrühungen müsse die mit heißer Flüssigkeit durchtränkte Kleidung rasch, aber vorsichtig ausgezogen werden. Kleinflächige Verbrennungen, zum Beispiel am Finger, sollen am besten mit handwarmem Wasser für zehn bis 15 Minuten gekühlt werden. Bei großflächigen Verbrennungen gelte jedoch insbesondere für Neugeborene und Säuglinge, dass nicht gekühlt werden sollte, da dies zu einer gefährlichen Unterkühlung führen könne. Besser sei es, betroffene Körperteile mit einem keimfreien Verbandtuch abzudecken. "Brandsalben, Brandbinden oder Öl dürfen nicht auf die Wunde aufgetragen werden, weil sie die Hitze im Gewebe halten und so verhindern, dass die Haut mit Luft versorgt wird. Auch sogenannte Hausmittel wie Mehl, Puder oder Öl sind tabu", betont die Krankenkasse. Unterwegs im Verkehr Auch als Verkehrsteilnehmer sind Kinder besonders gefährdet, nicht umsonst wird in Fahrschulen immer wieder darauf hingewiesen, dass an Schulwegen und in Wohngebieten stark Rücksicht genommen werden muss. Die Verunglückten-Häufigkeitszahl für Kinder liegt im Kreis Höxter bei 152,48, im Land NRW bei 202,07, das geht aus dem Verkehrsbericht von 2021 hervor. Diese Zahl bezieht sich auf Kinder als Mitfahrer und auf Kinder als eigenständige Verkehrsteilnehmer. "Schon früh sollen Kinder lernen, sich sicher im Straßenverkehr zu bewegen", so Polizeisprecher Jörg Niggemann. Darum fängt die Arbeit der drei Verkehrssicherheitsberater im Kreis Höxter bereits im Kindergarten an. Hier lernen die Kinder die Regeln kennen, die sie ihr ganzes Leben begleiten werden. Zum Beispiel, dass man sich im Auto gut anschnallen muss, wie man sicher eine Fahrbahn überquert oder wie wichtig "gute Sichtbarkeit, zum Beispiel durch reflektierende Kleidung" ist. "Mit praktischen Übungen im Straßenverkehr zeigen wir ihnen typische Gefahren auf, die sie möglichst meiden sollen, und lehren sie, damit umzugehen." In der Grundschule geht es mit Fahrradtrainingskursen weiter, auch hier geht es um Verkehrsregeln, wie ein Rad verkehrssicher ausgestattet werden kann und warum Helme so wichtig sind.

Meistgelesen