Pöbelei bei Feuerwehreinsatz: Retter aus Höxter sehen einen Trend

Höxter-Stahle. Die Freiwilligen Feuerwehren der Region haben in den vergangenen Tagen Übermenschliches geleistet. Sie waren im Dauereinsatz, mussten Bäume und Äste von Straßen, Dächern und Autos räumen und das mitten im Sturmtreiben, unter Einsatz ihrer Gesundheit. Umso ärgerlicher ist es, wenn die ehrenamtlichen Feuerwehrleute attackiert, beleidigt oder behindert werden. Ein solcher Fall hat sich am Sonntagnachmittag in der Ortschaft Stahle ereignet. Dort war die Feuerwehr im Einsatz, weil Orkan Zeynep mehrere Bäume im Verlauf der Weintalstraße umgeworfen hatte. Die Löschgruppe Stahle wurde um 14.26 Uhr alarmiert. Noch davor waren Polizeibeamte vor Ort, um die Stelle zu sichern. Einen Autofahrer interessierte das offenbar recht wenig. Er ignorierte die Polizei und ihre Zeichen und fuhr trotzdem auf der vom Baum komplett gesperrten Straße weiter.Wenig später trafen laut Feuerwehr auch die Einsatzkräfte mit ihren Fahrzeugen ein. Daraufhin konnte der Mann den Bereich zwischen den Bäumen auf der einen und den Einsatzfahrzeugen auf der anderen Seite mit seinem Wagen nicht mehr verlassen, weil die Straße dafür zu schmal ist.Mann zeigte "unverhältnismäßiges Verhalten" Gegenüber den Feuerwehrleuten wurde der Mann nach den Schilderungen der Einsatzkräfte laut. Ihnen gegenüber habe er ein "unverhältnismäßiges Verhalten" gezeigt, heißt es dazu im Einsatzbericht. Konkret habe er die Kräfte der Amtsanmaßung bezichtigt.Außerdem soll er sie aufgefordert haben, ihre Fahrzeuge beiseite zu fahren, um ihm - der ja zuvor die Hinweise der Polizei missachtet hatte - den Weg frei zu machen. Zuätzlich störte der Mann laut den Schilderungen die Unterweisung der Feuerwehrkräfte. Diese baten die Polizeibeamten zu Hilfe, die den Mann schließlich beruhigen konnten. Laut Feuerwehr hatte er angegeben, die Hinweise der Polizei nicht bemerkt zu haben.Die Feuerwehrkräfte selbst rückten wenig später ab. Sie hatten festgestellt, dass sie nicht alle Bäume mit eigenen Mitteln beseitigen konnten, weil diese offenbar unter Spannung standen. Deswegen wurde die Straße gesperrt. Die Räumung sollten Mitarbeiter des Bauhofs übernehmen. Der Mann konnte schließlich mit seinem Auto davon fahren. Bitterer Beigeschmack Bei den beteiligten Kräften hat die Situation jedenfalls einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. "Das muss nicht sein", kommentiert Michael Dierkes das Geschehen. Der stellvertretende Leiter der Höxteraner Feuerwehr leitete den Einsatz vor Ort.Es muss zwar nicht sein. Doch offenbar kommt es immer häufiger vor, dass Feuerwehrleute sich nicht nur mit dem eigentlichen Einsatzgrund beschäftigen müssen. "Wir haben zunehmend mit Situationen zu tun, in denen wir auf Unverständnis stoßen", sagt Jürgen Schmits, Leiter der Höxteraner Feuerwehr. Eine entsprechende Tendenz beobachte er seit etwa fünf Jahren.Zum Teil gehen die Aggressionen von den Betroffenen selbst aus, sagt Schmits. "Diese Menschen reagieren aber aus Angst." Weniger Verständnis hat der Feuerwehrchef hingegen für Menschen, die pöbeln und beleidigen, weil sie durch das Einsatzgeschehen kurzzeitig in ihren alltäglichen Abläufen beeinträchtigt werden, etwa durch Straßensperrungen."Das kannte man früher nicht", sagt Schmits, der seit mehr als 30 Jahren bei der Feuerwehr aktiv ist. "Früher kamen wir als Helfer." Und heute? Heute erwartet die Feuerwehrleute am Einsatzort häufig Unverständnis, manchmal auch Schlimmeres. Als Reaktion auf Anfeindungen von Einsatzkräften hatte das Land NRW jedenfalls im Jahr 2020 die Kampagne "NRW zeigt Respekt" gestartet. In einem ersten Schritt hatte das Ministerium 30.000 Pins herstellen lassen, auf denen der Slogan "NRW zeigt Respekt" steht.Dringender Hinweis der Feuerwehr Den in Höxter beobachteten Trend kann Rudolf Lüke mit Blick auf das gesamte Kreisgebiet nicht bestätigen. Eine Zunahme sei nicht feststellbar, sagt der Kreisbrandmeister. Gleichwohl gebe es natürlich Menschen mit wenig Verständnis für die Feuerwehreinsätze. Auch zu Gewalt komme es mitunter. Daneben aber auch zu Gesten gegenteiliger Art. Bei längeren Einsätzen würden Einsatzkräfte zum Beispiel von Nachbarn mit Kaffee und Schnittchen versorgt.Beim Kreis Höxter sind, vom Vorfall in Stahle abgesehen, keine ähnlichen Fälle während der jüngsten Stürme bekannt geworden, heißt es. "Leider ist aber eine zunehmende Verständnislosigkeit gegenüber einschränkenden Maßnahmen zu beobachten, die in bestimmten Einsatzsituationen erforderlich sind", sagt Thomas Krämer, Leiter der Abteilung Bevölkerungsschutz des Kreises Höxter. Und der Leiter des Fachbereichs Öffentliche Sicherheit des Kreises Höxter, Matthias Kämpfer, betont: "Die Einsatzkräfte von Rettungsdienst, Feuerwehr und Hilfsorganisationen helfen Menschen in Notlagen. Dabei sind sie bereit, auch ihre eigene Gesundheit zu riskieren. Dafür verdienen sie von uns allen großen Dank und außerordentliche Anerkennung. Es sollte allen klar sein, dass Respektlosigkeit und Übergriffe gegenüber Einsatzkräften nicht toleriert werden."Mit diesem Tenor wendet sich auch die Höxteraner Feuerwehr an die Bürgerinnen und Bürger. Im Bericht zum Einsatz in der Weintalstraße heißt es: "Die Feuerwehr kommt, um zu helfen und nicht, um zu ärgern. Wir wünschen uns, dass gegenüber den Helfern jeder Organisation der Gefahrenabwehr ein gewisses Verständnis aufgebracht wird, auch wenn durch Maßnahmen der eigene zeitliche Ablauf gestört wird."Strafe bei Behinderung von EinsatzkräftenWie man sich in der Umgebung etwa von Feuerwehreinsätzen zu verhalten hat, ist im Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz geregelt. Dort heißt es in Paragraph 43: "Personen, die an den Hilfsmaßnahmen oder Übungen nicht beteiligt sind, dürfen diese nicht stören oder andere gefährden. Sie sind verpflichtet, die Anweisungen der Einsatzleitung, insbesondere Platzverweise und Sperrungen von Einsatzgebieten sowie die Aufforderung zur Beseitigung störender Gegenstände unverzüglich zu befolgen." Wer dagegen verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss eine Geldbuße bis zu einer Höhe von 50.000 Euro zahlen.

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