Hohe Aufklärungsquote der Polizei Höxter - doch manche Verbrechen nehmen zu

Kreis Höxter. Der Kreis Höxter hat eine Inzidenz von 4.043. Das ist freilich keine Corona-Sieben-Tage-Inzidenz. Sondern gewissermaßen die Kriminalitätsinzidenz. Die bezieht sich ebenfalls auf die Fixgröße von 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, allerdings nicht auf den Zeitraum von einer Woche, sondern auf den eines Jahres. Kurz: Pro Jahr kommt es im Kreis Höxter zu 4.043 Straftaten pro 100.000 Einwohner.Wie bei der Coronastatistik auch, ist es anhand einer einzigen Zahl schwierig, einzuschätzen, ob das nun viel ist oder nicht. Der Kreis Höxter steht mit seiner Kriminalitätsinzidenz sowohl in Ostwestfalen-Lippe als auch landesweit gut da. In OWL liegt die Durchschnittsinzidenz bei 4.667, in NRW sogar bei 6.703. Zusammengefasst liest sich die Kriminalitätsstatistik, die die Kreispolizeibehörde vorlegt, gut. Vergleichsweise wenig Verbrechen, von den vergleichsweise viele, nämlich 64,63 Prozent, aufgeklärt werden. &bdquo;Im Kreis Höxter können die Bürgerinnen und Bürger nach wie vor sicher leben“, schließt daraus Landrat Michael Stickeln, der auch Chef der Polizei im Kreis Höxter ist. Gleichwohl sei natürlich jedes Verbrechen auch eines zu viel. Wer einen tieferen Blick in das Zahlenwerk wirft, der stellt jedoch fest, dass die Kriminalität in gewissen Bereichen ansteigt, dass das Coronavirus samt Lockdown und Kontaktbeschränkungen Verbrechen nicht unmöglich macht, sondern sie vielleicht eher verlagert. Und dass Kriminelle besonders eine Bevölkerungsgruppe im Visier haben. Wer mehr kontrolliert, findet mehr Grundsätzlich geht die Kriminalität seit Jahren stetig zurück. Auch im Kreis Höxter. Für 2021 führt die Polizei 5.649 Fälle in der Statistik. Das sind 749 weniger als im Vorjahr. In manchen Bereichen verzeichnet die Polizei jedoch spürbar mehr Fälle als in der Vergangenheit. Etwa im Bereich Betäubungsmittel – besonders im Zusammenhang von Verkehrskontrollen. Dort, berichtet Christian Brenski, Leiter der Abteilung Polizei, bringe der technische Fortschritt mehr Verbrechen zutage.&bdquo;Vor 20 Jahren gab es kaum Möglichkeiten, Drogen zu erkennen.“ Das ist heute anders. Drogen lassen sich im Handschweiß, in Blut und Urin, selbst im Haar nachweisen – und das im Allgemeinen auch recht fix. Umso mehr kontrolliert wird, desto mehr fällt auf.Doch im Allgemeinen ist die Kriminalität, wie gesagt, rückläufig. Etwa sinkt die Anzahl von Diebstählen. Die Polizei verzeichnet auch weniger Körperverletzungen. Letztere Entwicklung sollte aber nicht überbewertet werden, rät Peter Hentschel, Leiter der Direktion Kriminalität bei der Polizei Höxter.&bdquo;Im vergangenen Jahr gab es keine großen Veranstaltungen, keine Konzerte“, sagt er, dementsprechend könne sich der Wert in Zukunft wieder verändern. Der Faktor Corona könne natürlich auch in weitere Kriminalitätsbereiche reinspielen. Wie Diebstahl. Kriminelle weichen aus Volksfeste, Jahrmärkte, rappelvolle Innenstädte – all das gab es im vergangenen Jahr coronabedingt nicht. Gerade jedoch, wenn sich Menschen drängen, wittern Taschendiebe Morgenluft. Bei all den Rempeleien in der Menschenmenge fällt es kaum auf, wenn einer flink in die Hand- oder Jackentasche greift und den Geldbeutel herausangelt. Kontaktbeschränkungen verhüten vielleicht Infektionen, Kriminalität jedoch nicht.Statt auf der Kirmes schlugen die Diebe im vergangenen Jahr woanders zu: &bdquo;Einkaufen gehen die Leute immer noch“, weiß Hentschel. In Supermärkten, die nicht videoüberwacht werden, suchen sich die Täter meist ältere Opfer aus, die ihre Tasche im oder am Einkaufswagen zurück und den wiederum aus den Augen lassen. &bdquo;Häufig kommt es dann noch zu Folgestraftaten“, berichtet Hentschel. Etwa Computerbetrug, wenn versucht wird, an das Geld auf dem Konto des Opfers zu kommen. Haben Täter zu leichtes Spiel? Opfern von Straftaten eine Mitschuld zu geben an dem, was passiert ist, nennt sich neudeutsch Victim-Blaming. Darum geht es aber nicht, wenn die Polizei appelliert, es Kriminellen so schwer wie möglich zu machen. Beispiel aus der Statistik: 2021 erfuhr die Polizei von 194 Diebstählen von Autos oder von Gegenständen im Auto. In 137 dieser Fälle war das betroffene Fahrzeug nicht abgeschlossen. &bdquo;Ohne erschwerende Umstände“ heißt das im Polizeijargon. Offene Autotüren oder die PIN, die hinten auf die EC-Karte gekritzelt ist, machen es Tätern unnötig einfach.Im Umkehrschluss zeigt sich, wie Hentschel berichtet, zum Beispiel an der Entwicklung der Wohnungseinbruchszahlen, dass Schutzvorrichtungen tatsächlich Taten vereiteln können. 57 Taten stehen 2021 im Kapitel &bdquo;Wohnungseinbruchsdiebstahl“. Weniger als im vergangenen Jahr (94) und deutlich weniger als 2016, als die Polizei in 185 solcher Fälle ermittelte. Bemerkenswert: In 32 von 57 Fällen blieb es beim Versuch. Das heißt, der oder die Täter wurden gestört, gehindert oder entdeckt. &bdquo;Bei mehr als jedem zweiten Wohnungseinbruch bleibt es beim Versuch – möglicherweise auch dank zusätzlicher Sicherungen in der Wohnung“, sagt Hentschel. Gleichwohl, betont er, würden Einbrüche weiterhin sehr ernst genommen: &bdquo;Wohnungseinbrüche machen sehr viel mit den Opfern“, weiß der Experte. Das Eindringen in die Privats- und Intimsphäre führe zu einer &bdquo;starken Verunsicherung“. Anzeigen, Anzeigen, Anzeigen Seit geraumer Zeit besteht bei der Polizei im Kreis Höxter die Möglichkeit, online eine Anzeige zu erstatten. Ende 2019 wurde dieses Angebot noch recht zurückhaltend genutzt. &bdquo;Dann sehen wir einen deutlichen Anstieg im ersten Lockdown“, sagt Hentschel. Seitdem hat sich die Anzahl der Online-Anzeigen bei mehr als 100 (beispielsweise 124 im Dezember 2021) eingependelt. Eine bewusst niedrigschwellige Möglichkeit, der Polizei von Verbrechen zu berichten.Der Aufwand sei für Anzeigesteller sehr gering, sagt Hentschel. Etwa weil keine Pflichtfelder ausgefüllt werden müssten. Das erhöht mitunter den Aufwand, den die Beamten treiben müssen. Informationen, die im Gespräch mitabgefragt würden, müssten so im Nachhinein recherchiert werden, führt Hentschel als Beispiel an. Aber das ist es wert, sagt Brenski. Umso mehr Straftaten ins Hellfeld rückten, desto kleiner werde das Dunkelfeld. Die Online-Anzeige ist für die Polizei eine gute Möglichkeit, &bdquo;einen Fuß in die Tür“ zu bekommen, wie Hentschel sagt. In einigen Fällen, betont er, sei es aber geboten, die Polizei sofort per Telefon zu rufen. Etwa, wenn eine Straftat gerade erst geschehen sei.Der Weg zur Polizei sei immer der richtige. Egal wie aussichtslos einem Opfer ein Ermittlungserfolg erscheinen möge. Und sei es nur zum Schutz anderer. &bdquo;Wenn wir von etwas aber keinen Wind bekommen, können wir schlecht warnen“, sagt Hentschel. Das gilt besonders auch dann, wenn Scham die Opfer von einer Anzeige abzuhalten droht. Etwa, wenn Senioren von Betrügern um ihr Erspartes gebracht werden.Kriminelle nehmen sich die älteren Menschen besonders gerne vor. Die &bdquo;Straftaten zum Nachteil älterer Menschen“ seien weiter auf relativ hohem Niveau. 229-mal sollten Senioren im vergangenen Jahr übers Ohr gehauen werden. 22-mal klappte das. 64.436 Euro wurden so erbeutet.

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