Holzminden Nikolaus Schilling stand mit Loriot vor der Kamera - nun ist er verstorben

Holzminden. Mit dem großen Sittenchirurg Vicco von Bülow, alias Loriot, stand er vor der Kamera. Im Spiel mit dem berühmten Bundesschelm förderte er all die kleinen Abgründe, Abstrusitäten und Schrulligkeiten zutage, die sich hinter einer gutbürgerlichen Fassade verbergen. Auch "Ekel-Alfred", gespielt von Heinz Schubert, bot er die Stirn.An diese Höhepunkte wie auch seine gesamte Karriere als Theater-, Film- und Fernsehschauspieler erinnerte sich Nikolaus Schilling auch als Bewohner der "Residenz zur Weserbrücke" in Holzminden noch gerne.In Loriots Film "Ödipussi" (1988) spielte der gebürtige Detmolder den Herrn Melzer, der sich von Stoffhändler Winkelmann (Loriot) dazu begeistern lässt, dem allgegenwärtigen Grau seiner Wohnung einen neue Schattierung hinzuzufügen: Aschgrau. Zwei Sätze spricht Schillling, während er überragend unbewegt und träge nebst Filmgattin Charlotte Asendorf auf dem heimischen Film-Sofa sitzt. Mit Loriot am Operationstisch der Sitten In "Pappa ante portas" (1991) hatte Schilling als Hausierer nicht weniger als das Ende der Welt zu verkünden: "Nach den Berechnungen des international anerkannten Professors Pirkheimer hat der Venus Mond Tetra seine Umlaufbahn verlassen und rast auf die Erde zu. Sein Aufprall steht unmittelbar bevor. Dies bedeutet das Ende unseres Planeten." Die Rettung: eigene Reinheit durch unverschämt teure Bürsten und Badezusätze aus den Händen der Hausierer. Als die NW Schilling 2019 in seinem Alterssitz besuchte, verriet er: "Loriot war ein äußerst sympathischer, liebenswürdiger und freundlicher Mensch." 1970 spielte Schilling den Pirat Kalle in "Pippi in Taka-Tuka-Land". In der Kultserie "Ein Herz und eine Seele" war Schilling 1974 in der Folge "Besuch aus der Ostzone" zu sehen, in der er den Vater von Diether Krebs spielte, Ekel-Alfreds Schwiegersohn. Von Schillings schauspielerischen Talent konnten sich die Zuschauer aber nicht nur vor Bildschirm und Leinwand überzeugen, sondern auch im Theatersaal. So spielte er unter anderem Wurm in Schillers "Kabale und Liebe" und Wagner in Goethes "Faust". Er arbeitete aber nicht nur auf sondern auch vor und hinter der Bühne. Als Theaterregisseur begeisterte er das Publikum vieler Kleinkunstbühnen. Daneben machte er sich als Rezitator der humoristischen Gedichte Eugen Roths einen Namen.Auch im hohen Alter noch umtriebig 1923 als Hans-Nikolaus Ohm-Schilling in Detmold geboren, machte der spätere Mime und Charakterkopf 1942 sein Abitur. Nach geleistetem Kriegsdienst in Lappland und der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft lernte er zwischen 1947 und 1949 das Handwerk des Schauspielers an der Schauspielschule in Hannover. Sein Debüt feierte er 1949 am Deutschen Theater in Göttingen und spielte bis 1964 unter anderem in Ingolstadt, Münster, Wiesbaden und Frankfurt. 1950 startete seine Film- und Fernsehkarriere. Zuletzt war er zwischen 2004 und 2006 in fünf Folgen für die Fernsehserie "Ein Fall für den Fuchs" unter anderem neben Simone Thomalla zu sehen.Auch hochbetagt trieb es den Darsteller skurriler Typen noch oft auf die Bühne, so in seiner langjährigen Heimatstadt Heppenheim und natürlich in Holzminden. Nachdem er einige Jahre in seinem früheren Elternhaus in der Böntalstraße gelebt hatte, wählte er das Seniorenhaus "Residenz zur Weserbrücke" als seinen Alterssitz. Hier verstarb Schilling schon am 1. Dezember im Alter von 98 Jahren.

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