Impfquote: Ärzte und Bürgermeister aus dem Kreis Höxter wütend

Kreis Höxter. Besorgt blickt Carsten Torke auf die steigenden Corona-Infektionszahlen im Kreis Höxter. &bdquo;Wenn wir nicht sofort handeln, dann ist klar, wo wir Weihnachten stehen", sagt Steinheims Bürgermeister, der auch Sprecher der Bürgermeister im Kreis Höxter ist. Der aktuelle Pandemieverlauf im Kreis Höxter folgt ziemlich genau dem vom vergangenen Jahr – nur dass die aktuelle Welle im Vergleich etwa zwei bis drei Wochen früher begonnen hat. Handeln, damit meint Torke einerseits Politik und Verwaltung, andererseits aber auch die Bürger selbst. Dass es immer noch so viele Ungeimpfte – auch in Steinheim gibt – macht ihn wütend. Denn es gebe keine einfachere Möglichkeit, als sich und andere zu schützen. Er verweist auf südeuropäische Länder mit einer deutlich höheren Impfquote. &bdquo;Die haben jetzt auch eine deutlich niedrigere Inzidenz." Ähnlich ungehalten stimmt den Verwaltungschef, dass es jetzt auch beim Boostern klemmt. "Mehr Respekt fürs Personal" Das Impfangebot müsse umgehend flexibel erhöht werden, um einen neuen Lockdown zu verhindern, findet Torke. Seine Überzeugung: Die Hausärzte allein werden das nicht so schnell stemmen können, wie es nötig wäre und zeigt Verständnis für die Überlastungssorgen in den Praxen. Mit dem normalen Praxisbetrieb, den Grippeimpfungen und den bisherigen Corona-Impfungen hätten sie enorm viel zu tun. Deshalb hofft er auf die sehr kurzfristige Einrichtung von lokalen Impfzentren oder Impfmöglichkeiten in Apotheken im Kreis Höxter. Lesen Sie auch: Sollen Coronatests im Kreis Höxter wieder kostenlos werden? Jens Grothues, der ehemalige Leiter des Impfzentrums und Hausarzt in Beverungen, stimmt in diesem Punkt nicht mit dem Bürgermeister überein. Immer wieder betonte Grothues in der Vergangenheit, dass die Ärzte die Impflast schultern können. Der Allgemeinmediziner verlangt deshalb eine klare Botschaft aus Berlin und Düsseldorf an die Bevölkerung. &bdquo;Geduld, Dankbarkeit und Respekt für unser Personal – das ist die ganz große Aufgabe der Politik", sagt er. Es geht ihm dabei um die Erwartungshaltung. Wenn die Empfehlung für die Booster-Impfung für alle komme – und die werde kommen –, dann müssten die Hausarztpraxen im Kreis rund 70.000 Impfungen verabreichen. &bdquo;Damit sind wir zehn Wochen beschäftigt." Es müsse klar sein, dass nicht jeder sofort an der Reihe sei. &bdquo;Das würde auch kein Impfzentrum schaffen, auch nicht gemeinsam mit den Praxen oder in Verbindung mit kleinen kommunalen Impfzentren." Deshalb: klare Worte von den Politikern.Impfstoff für Impfzentrum in Höxter Im Gespräch mit der nw.de ist Grothues gehörig geladen. Grund: Täglich führen seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rund 300 bis 400 Telefonate. Einen nicht unerheblichen Teil davon in Sachen Corona-Impfung. &bdquo;Wir sind für die Menschen ein Dienstleister geworden", kritisiert er. Viele Menschen würden am Telefon laut oder unfreundlich, hinzu kommt teils unverhohlener Egoismus, wie Grothues berichtet. &bdquo;So geht das nicht. Ich erwarte ein gewisses Maß an Dankbarkeit." Carsten Torke hingegen will aufs Tempo drücken. &bdquo;Wichtig ist, dass jetzt nicht lange darüber geredet, sondern gehandelt wird." Wie berichtet, sind im Kreis Höxter zukünftig Schwerpunktpraxen und ein &bdquo;Mini-Impfzentrum" in Höxter geplant, um die Hausärzte zu unterstützen. &bdquo;Wir decken uns schon mit Impfstoff ein, Gewehr bei Fuß", berichtet Grothues. Allerdings fehle der Erlass vom zuständigen Ministerium noch. Impfzentrum und Schwerpunktpraxen würden ohnehin erst Mitte/Ende Januar akut. &bdquo;Dann wird der Druck von Woche zu Woche größer." Ein Standort in Steinheim, das kann sich Torke gut vorstellen. Möglicherweise im DRK-Zentrum, wo bisher eine Corona-Teststelle eingerichtet war. Und mit Unterstützung von Medizinern im Ruhestand oder von der Bundeswehr. Im Rahmen der Amtshilfe sei so etwas möglich, sagt der Offizier. Und er spricht sich für eine Impfpflicht für gewisse Berufsgruppen aus, beispielsweise Pflegepersonal und Polizei, bekennt aber auch: &bdquo;Ich kann diese Diskussion nicht mehr hören." Impfen für die Fünf- bis Elfjährigen? Für 2 G spricht sich auch Jens Grothues aus. &bdquo;Man sieht es doch in Sachsen: 2 G und – zack – zieht die Impfquote an." Außerdem plädiert der Mediziner für eine Impfpflicht im Gesundheitssektor. Denn Ungeimpfte gefährdeten Patienten und Kollegen. Und: impfen, impfen, impfen. Das ist auch Torke wichtig: Und zwar nicht nur die besonders gefährdeten Senioren, sondern auch die Kinder und Jugendlichen im Blick zu haben, die aufgrund der seit rund 18 Monaten andauernden Einschränkungen ebenfalls massiv litten. Normale Kindheit und Jugend sei im Moment kaum möglich. Das hinterlasse tiefe Spuren, weiß der dreifache Familienvater. Seit kurzem bekommen in den USA auch Kinder zwischen fünf und elf Jahren den Biontech-Impfstoff gegen das Coronavirus gespritzt. Grothues geht davon aus, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) noch 2021 nachziehen wird. &bdquo;Aber das ist nicht unbedingt die Altersgruppe, die wir brauchen." Besonders wichtig seien die Ungeimpften über 60 Jahre und die Booster für die Risikogruppen.

Meistgelesen