Warum Corvey eine große Rolle im Comic über die Gründung Hamburgs spielt

Höxter. Jens Natter hatte noch nie von Corvey gehört. Das änderte sich, als der Zeichner sich für seinen neuen Comic mit Gründung Hamburgs beschäftigte. Dabei stieß er unweigerlich auf den heiligen Ansgar und auf das Kloster an der Weser. Einige Seiten in der Graphic Novel &bdquo;Hammaburg" spielen deswegen in Corvey. &bdquo;Das Kloster Corvey hat direkt mit der frühen Stadtentwicklung Hamburgs zu tun", betont Jens Natter. Denn von Höxter aus zog Ansgar vor mehr als 1.200 Jahren los, um an der Elbe besagte Hammaburg als Missionsstützpunkt zu bauen. Die Sache ging schief: Die Burg und Siedlung wurden 845 von den Wikingern zerstört. Ansgar floh nach Bremen und wurde dort Bischof. Trotz allem gilt die Hammaburg als Keimzelle der Stadt Hamburg. Eigentlich dachte der Hamburger Karikaturist anfangs, dass er bei dem Thema die komplette Recherche praktischerweise daheim vor Ort erledigen könnte. Schließlich waren gerade erst die Überreste der Hammaburg auf dem Domplatz ausgegraben worden. Aber weit gefehlt: &bdquo;Etwa das erste Drittel des Comics spielt in Westfalen", berichtet Natter. Los geht es in Aachen: Der gerade aus dem Exil zurückgekehrte Kaiser Ludwig der Fromme beschießt 834, etwas gegen die ständigen Überfälle der Wikinger zu unternehmen. Seine Idee: Durch Christianisierung Verbündete schaffen. &bdquo;Er brauchte einen Delegierten. Seine Wahl fiel auf Ansgar, der Erfahrung in der Nordmission hatte und schon bis Skandinavien gereist war", erklärt der Künstler. Ein Bote wird in die Abtei nahe dem heutigen Höxter geschickt, um dem Benediktinermönch den Auftrag zu erteilen. Drei Jahre Recherche Jens Natter recherchierte insgesamt drei Jahre für den Comic. Und fuhr extra für ein langes Wochenende mit seinen Kindern nach Corvey: &bdquo;Ich habe vor Ort Fotos gemacht, Skizzen angefertigt und auch an einer Führung durchs Westwerk teilgenommen." Nur Bilder im Internet anzuschauen, sei für so ein Projekt einfach nicht ausreichend. Besagtes Westwerk bereitete ihm anschließend die größten Probleme. Denn das stand zu Ansgars Zeiten noch gar nicht, sondern wurde erst später errichtet (Grundsteinlegung 873). Im Comic ist es dennoch als Baustelle gezeichnet: &bdquo;Ich bin sonst gerne historisch genau, musste aber diesen Kompromiss eingehen, weil ich den Lesern das Westwerk nicht vorenthalten wollte", erklärt Natter. Schließlich sei das Welterbe eines der bedeutendsten noch erhaltenen karolingischen Bauten überhaupt. Hilfreich war für den Besucher aus Hamburg ein Modell der frühen Klosteranlage im 9. Jahrhundert, die noch wesentlich kleiner war. Eine Szene in Comic zeigt den damals 33-jährigen Ansgar im Innenhof des Klosters Corvey vom Kreuzgang aus gesehen. Der Leser erfährt, dass er insgeheim wenig begeistert von seinem neuen Job ist. Ein von Fliegen umkreister Kothaufen, ein Totenschädel und ein zuckender Blitz in der Sprechblase zeigen Ansgars Unmut über den kaiserlichen Auftrag. Jens Natter macht den Heiligen also ein Stück weit menschlicher: &bdquo;Ich bin in Ansgars Biografie auf einige Widersprüche gestoßen." Geschichte unterhaltsam vermitteln Angeblich war für den Apostel des Nordens das Martyrium (also das Leiden und Sterben für den Glauben) stets das Höchste: &bdquo;Tatsächlich war er aber wohl der erste, der weglief, wenn es eng wurde", sagt der Hamburger Künstler. So etwas sei natürlich eine Steilvorlage für einen Comic-Zeichner. Bei Natter rettet der Apostel des Nordens am Ende zum Beispiel sein eigenes Leben, indem er beim Angriff der Wikinger mit einem Bauern die Kleider tauscht und Fersengeld gibt. Der Hamburger Comic-Zeichner will Geschichte unterhaltsam vermitteln. Die Ironie schwingt also immer mit: Kein Wunder, dass auf Ansgars Tonsur auch mal Stoppeln zu sehen sind. Jens Natter zeichnet, solange er denken kann: &bdquo;Sämtliche Schulhefte waren immer vollgekritzelt", sagt er mit einem Schmunzeln. Schon als Kind hatten es ihm die Asterix-Hefte angetan. &bdquo;Diese Kombination von Historie und Zeichnen ist faszinierend. Als kleiner Junge habe ich sofort nachgeschlagen, wer dieser Cäsar eigentlich war", erinnert sich der diplomierte Sozialarbeiter. Seit 2015 ist er Freiberufler und konzentriert sich ganz auf die Kunst. Geschichte leicht zugänglich zu machen, das ist ihm ein Anliegen. Auch mit einer Schimmelreiter-Comic-Adaption machte Natter bereits Furore. An den Kurztrip nach Höxter hat der Hamburger gute Erinnerungen: Corvey und die gesamte Anlage haben ihm gut gefallen. &bdquo;Sehr repräsentativ und so nah an der Stadt, fußläufig erreichbar über diese schöne Allee", berichtet Natter. Häufig seien historische bedeutsame Stätten ja eher außerhalb zu finden. Außerdem sei das ehemalige Kloster doch wunderbar in die Landschaft eingebettet: &bdquo;Vielleicht kommen wir noch einmal zum Fahrradfahren hierher", kann sich der Hamburger vorstellen.

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