Kultur, Vereine, Politik im Kreis Höxter müssen zurück ins Netz

Kreis Höxter. Ein Inzidenzwert von 66,31, 117 aktuell Infizierte, 432 Menschen in Quarantäne und drei Erkrankte in stationärer Behandlung. Das ist die Situation nach Tag eins als Risikogebiet im Kreis Höxter. Ansonsten ist viel Unsicherheit. Seit Montag sind die Regeln wieder strenger, Sozialkontakte sollen reduziert, Abstände vergrößert werden. Zu einem Zeitpunkt, da Kunst- und Kulturveranstaltungen gerade erst wieder langsam anliefen, da Vereine erste einzelne Termine ankündigten und da sich in den zehn Kommunen im Kreis Höxter neue Räte bilden müssen. Fällt jetzt alles wieder aus? nw.de hat mit einigen Parteien und Vereinen gesprochen. Die sehen die Corona-Krise weitgehend ostwestfälisch-pragmatisch: Es ist jetzt eben so und da muss man durch. Trotzdem: Die Corona-Krise hinterlässt Spuren. &bdquo;Ich habe 40, 50 Ehrungen hier liegen und eine Medaille für den scheidenden Landrat Friedhelm Spieker", zählt Heinz Hartmann, Vorsitzender des Chorverbands Höxter-Warburg, auf. Urkunden und Auszeichnungen, die wegen Corona bisher nicht übergeben werden konnten. Corona als Anlass, um Chöre aufzulösen? Aktuell wartet auch Hartmann: Auf neue Regeln, die der Landesverband rausschickt und die vorgeben, wie geprobt und gesungen werden kann. Jeder Chorvorstand könne auf deren Basis selbst entscheiden, ob er proben lasse. &bdquo;Viele Chöre sind überaltert und die Älteren brauchen Schutz – welcher Vorstand lässt sich dann darauf ein, dass der Chor singt?" Natürlich könne das Coronavirus dem einen oder anderen Chor ein Ende bereiten. Sängergruppen, die es ohnehin schon schwer hätten, Mitglieder zu finden, könnten. &bdquo;Corona als Anstoß nehmen, um Schluss zu machen", sagt Hartmann. Insgesamt aber, glaubt er, würde die Chorlandschaft die Pandemie überstehen. &bdquo;Mein Großvater und meine Großmutter, beide Sänger, haben zwei Weltkriege überstanden und vier, fünf Jahre nicht gesungen, danach aber mit noch mehr Elan wieder angefangen." Ein Verein wie jeder andere? Auch Thomas Wiesemann, Kommandeur der Schützengilde Höxter, glaubt an seinen Verein. &bdquo;Unsere Gemeinschaft existiert seit 425 Jahren – nicht immer mit den gleichen handelnden Personen, das liegt schon alleine an der langen Dauer – wir sind uns sicher, dass wir auch die Corona-Krise als Verein überstehen werden." Da können mögliche neue und härtere Beschränkungen auch nichts dran ändern. Zumal die Schützen schon im Sommer alle weiteren Veranstaltungen für 2020 abgesagt haben. &bdquo;Unser Jubiläumsjahr ist ausgefallen, natürlich tut uns das weh", sagt Wiesemann. Aber: Gesundheit gehe vor. Wiesemann sagt auch, dass die Höxteraner Schützen es in mancher Hinsicht auch besser hätten als andere Schützenvereine. Die Gilde müsse kein Gebäude tragen und habe dementsprechend keine finanziellen Verpflichtungen in dieser Hinsicht. &bdquo;Wir sagen ja gerne, wir sind ein Verein wie jeder andere", sagt CDU-Kreisgeschäftsführer Fabian Lülff im Gespräch mit dieser Zeitung. Aber unter Gleichen sind Parteien dann doch etwas gleicher. Denn: Demokratie muss weitergehen. Das heißt, Fraktionen und Räte müssen gebildet, Vorstände gewählt und dabei eine geheime Wahl gewährleistet werden können. Auch während einer Pandemie. Kurzfristige Absagen sind möglich In der Praxis bedeutet das für die Christdemokraten im Kreis Höxter: &bdquo;Größere Veranstaltungen, die wir schieben können, schieben wir", sagt Lülff. Andere Veranstaltung würden mit dem jeweiligen Ordnungsamt abgestimmt. Kleinere Vorstände beispielsweise, die sich in gastronomischen Betrieben träfen, täten das gemäß des Hygienekonzepts der Gastwirtschaft. &bdquo;Es kann aber auch sein, dass kurzfristig abgesagt werden muss." Viel könne digital geregelt werden und &bdquo;wo es möglich ist, gehen wir ins Digitale", sagt Lülff. Die Schwierigkeit sei bei Videokonferenzen aber, sicherzustellen, dass jedes stimmberechtigte Mitglied wählen kann. Bei Personenwahlen das Ganze auch noch geheim. Ist es denn möglich, Menschen auch während der Pandemie für politisches Engagement zu begeistern? &bdquo;Beschwerden, dass man Leute wegen Corona schlechter erreicht, habe ich nicht gehört." Lülffs Pendant bei der SPD, Rainer Brinkmann, sieht das etwas anders. &bdquo;Viel erfolgt dabei über persönliche Ansprache", sagt der SPD-Kreisgeschäftsführer mit Blick auf Mitgliedergewinnung während der Pandemie. Persönliche Ansprache sei aber kaum möglich gewesen. "Da geht was verloren" Auch bei der SPD im Kreis Höxter soll jetzt wieder mehr wie im Frühjahr, also digital, laufen. Lassen sich Treffen und Debatten denn eins zu eins ins World Wide Web verlagern? &bdquo;Da geht was verloren, da darf man sich nichts vormachen." Dass zwischendurch auch in Real Life Versammlungen möglich waren, sei deshalb umso wichtiger gewesen. Die Grünen im Kreis Höxter hatten eine Mitgliederversammlung für Ende November geplant. &bdquo;Das ist jetzt eigentlich eine sehr intensive Phase, die von Treffen lebt", sagt Kreisgeschäftsführer Ludger Roters. Dabei würden die Grünen nun ebenfalls wieder vermehrt auf Telefon- und Videokonferenzen setzen. Das hat auch Vorteile. Nämlich: &bdquo;Dass man nicht mehr durch die Gegend fahren muss, man kann sich daran gewöhnen", sagt Roters. Allerdings, wie eigentlich immer, hat die Medaille zwei Seiten. &bdquo;Mir persönlich geht es so, dass dieses ,ich muss mich zurücknehmen’ zu einem allgemeinen Zurücknehmen führt", sagt der Grüne. &bdquo;Für Routineabläufe geht das, vieles aber lebt davon, dass mehrere Leute dabei sind."

Meistgelesen