Was Wahlplakate dürfen - und was nicht

Kreis Höxter. Es ist Wahlkampf und wer in die Rathäuser will, hat sein vorzugsweise sympathisch lächelndes Konterfei auf Papier gedruckt und Laternen, Bäume und Bauzäune damit tapeziert. Das Plakat ist gerade in Corona-Zeiten, wenn viele Veranstaltungen ausfallen, das Mittel der Wahl. Wo dürfen Politiker denn für sich werben und regelt jemand, dass alle Parteien gleich viel Papier in die Stadt kleistern können? Anfang und Ende der PappperiodeAuf den Tag sechseinhalb Wochen vor den Kommunalwahlen am 13. September durfte beispielsweise in Höxter mit dem Plakatieren begonnen werden, wie die Stadt auf Anfrage mitteilt. In Brakel haben die Parteien einen Drei-Monats-Zeitraum bis zum Tag der Wahl zur Verfügung. Beim Abhängen herrscht Konsens: Unmittelbar nach der Wahl müssen die Plakate verschwinden. Im Fall von Stichwahlen lächeln die Politiker aber noch bis Anfang Oktober. Wo darf gekleistert werden?Bei kleinen Wahlplakaten, also denen mit perfekter Straßenlaternengröße, haben Parteien und Kandidaten fast freie Hand, wie Carla Drewes, Pressesprecherin der Stadt Brakel erklärt: "Anzahl und Standorte der Werbetafeln werden nicht vorgegeben. Es dürfen jedoch keine Beschädigungen an öffentlichen Einrichtungen wie Lichtmasten et cetera erfolgen." Auch der Straßenverkehr dürfe nicht beeinträchtigt werden. Einmündungen, Kreuzungen und Verkehrsschilder sind also tabu. In Höxter gehören laut Sprecher Sebastian Vogt auch noch Bäume, Brücken und Unterführungen offiziell zur plakatfreien Zone. Würden Auflagen verletzt, hänge die Stadt alles ab, was stört. Wer genehmigt was?Innerorts ist grundsätzlich - auch zum Beispiel an Bundesstraßen - die Kommune zuständig. In Brakel etwa das Ordnungsamt. Soll auch außerhalb der Ortsschilder ein Kandidat beworben werden, müssen die Plakate bei Straßen NRW beantragt werden. Auch Privatpersonen können ihren Grund Parteien zur Werbung zur Verfügung stellen, größere Plakattafeln müssen Sebastian Vogt zufolge aber mit der Bauaufsicht abgestimmt sein. Außerorts wäre wieder Straßen NRW der Ansprechpartner. Gebühren werden für Wahlplakate nicht fällig. Gleiches Recht auf gleiche Werbung?Quoten, dass jede Partei auf dem Wahlzettel gleich viele Plakate aufhängen darf, gebe es nicht, wie Vogt erklärt. Lediglich bei den großen Plakattafeln spreche die Stadt im Vorfeld mit den Parteien ab, wie viele Poster sie aufhängen wollen. Anschließend weist die Stadt die entsprechenden Standorte zu. Der beliebte SchnurrbartWahlplakate animieren nicht nur zum Kreuzchen-Machen. Viele verkappte Künstler fordern die teils überlebensgroßen Portraits zu kreativen Höchstleistungen heraus. Da bekommt der eine Kandidat einen schicken Kaiser-Wilhelm-Schnurrbart verpasst, einem anderen wird ein fetter schwarzer Balken über die Augen geklebt. Bei wieder anderen Volksvertretern lohnt das Make-up scheinbar nicht. Sie werden einfach abgerissen. Räumt die Stadt auf? Bei Beschädigungen seien die Parteien selbst verantwortlich, sagt Vogt. Jeder "Künstler" oder aufgebrachte Bürger sollte sich jedoch bewusst sein, dass Wahlplakate nicht bemalt, beklebt oder zerstört werden dürfen. Wie der Anwaltverein erklärt, werde Sachbeschädigung mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndet: "Dies gilt für Wahlplakate ebenso, wie für jeden anderen Gegenstand auch, der einem nicht gehört. Besonders hart kann das Beschmieren von Plakaten bestraft werden, wenn dabei verfassungsfeindliche Symbole, etwa das Hakenkreuz, verwendet werden." Dan ermittelt der Staatsschutz. Welche Sprüche müssen wir ertragen?Nicht jeder flotte Spruch auf den Wahlplakaten schmeckt seinen Betrachtern. Alles, was jedoch von der Meinungsfreiheit gedeckt wird, müssen die Bürger ertragen, wie der Anwaltverein erklärt. So habe beispielsweise die Stadt Hersfeld NPD-Plakate mit dem Slogan "Geld für Oma statt für Sinti und Roma" wieder aufhängen müssen, nachdem ein Gericht geurteilt habe, dass es sich um Meinungsäußerung und nicht um Volksverhetzung gehandelt habe. Anders lief es für die NPD vier Jahre zuvor. Der Streitpunkt: Plakate mit der Aufschrift "Polen-Invasion stoppen!" und einer graphischen Darstellung von drei Krähen, von denen eine nach einem Geldbündel pickt. "Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern wertete dies als Angriff auf die Menschenwürde der in Deutschland lebenden Polen. Das Bundesverwaltungsgericht teilte diese Ansicht - die Plakate mussten abgehängt werden." Doch auch bei Beleidigungen, wenn Persönlichkeitsrechte verletzt wurden oder bei Volksverhetzung gilt laut Anwaltsverein: Anzeigen statt Abhängen.

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