So wirkt sich Corona auf die Finanzen der Kommunen im Kreis Höxter aus

Kreis Höxter. Die Corona-Krise hat nicht nur Unternehmen in Schieflage gebracht. Auch auf die wirtschaftliche Situation der Kommunen hat sich der Lockdown ausgewirkt. Die Neue Westfälische hat sich bei den zehn Städten im Kreis Höxter nach den finanziellen Einbußen in Folge der Pandemie erkundigt. Ein Blick in die Glaskugel Auf eines legen die Stadtvertreter in ihren Antworten besonders großen Wert: Endgültige, definitive Aussagen über die Ausfälle bei den verschiedenen Posten lassen sich kaum treffen. &bdquo;Die voraussichtlichen Finanzausfälle kann aktuell niemand glaubhaft voraussagen", bemerkt Höxters Stadtsprecher Sebastian Vogt. Und für Kai Schöttler, Kämmerer der Stadt Mariemünster, gleicht es &bdquo;einem Blick in die berühmte Glaskugel", Prognosen zu den finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise zu wagen. &bdquo;Heutige Schätzungen können mithin lediglich eine Momentaufnahme darstellen, da es viele Variablen und ungewisse Faktoren gibt", betont der Kämmerer. Wenn die Städte dennoch Zahlen genannt haben, dann unter Vorbehalt der weiteren Entwicklungen. Höxter Lothar Stadermann, Kämmerer der Stadt Höxter, rechnet in Folge der Corona-Pandemie mit wirtschaftlichen Einbußen für die Stadt in Höhe von bis zu fünf Millionen Euro. Allein die Gewerbesteuerausfälle schlagen mit etwa 2,5 Millionen Euro zu Buche, so Stadermann. Das sei ein Rückgang von mehr als 20 Prozent auf dann etwa 10 Millionen Euro. Die Ausfälle bei der Einkommens- und der Umsatzsteuer seien noch nicht verlässlich abzuschätzen, erklärt er auf Anfrage der Neuen Westfälischen. Bisher stehe nicht fest, wie sich das Aufkommen der Mai-Steuerschätzung auf die Kommunen verteilt. Entsprechend sei der Wert von fünf Millionen Euro &bdquo;mit Vorsicht zu genießen". Daneben rechnet die Stadt durch Corona mit deutlich steigenden kommunalen Ausgaben, vor allem im Gesundheitssektor. Zur Einordnung: Von den Einbußen durch die internationale Finanzkrise seit 2008 habe sich die Stadt in Sachen Steueraufkommen noch nicht vollständig erholt, berichtet Sprecher Sebastian Vogt. Im Vergleich zur Finanzkrise sei die Ausgangslage jedoch eine andere. &bdquo;Denn in der Finanzkrise hatten wir keinen Lock-Down", erinnert Vogt. Nichtsdestotrotz hat der Rat der Stadt Höxter in seiner Sitzung am 13. Mai entschieden, unter Rücksichtnahme auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie alle Projekte, die im Doppelhaushalt 2020/2021 beschlossen wurden, weiterhin umzusetzen – vorausgesetzt, es stehen Fördermittel in Aussicht. Vor allem sollen bereits laufende Projekte, wie die Vorbereitungen für die Landesgartenschau, fortgeführt werden. Brakel Die Stadt Brakel rechnet wegen der Corona-Krise bei der Gewerbesteuer mit Ausfällen in Höhe von bis zu zwei Millionen Euro. Damit wird sich dieser Posten anstatt auf neun nur auf sieben Millionen Euro belaufen. Bei den Einkommens- und Umsatzsteueranteilen beziffert die Stadt die Minderzuweisungen mit 1,7 Millionen Euro. Im Haushalt waren Investitionen in Höhe von 20 Millionen Euro bewilligt. Um Liquiditätsengpässe zu verhindern, hat der Stadtrat in seiner Sitzung vom 26. Mai beschlossen, davon vier Millionen in das kommende Jahr zu verschieben. Die größte Investition auf der Sparliste ist der Neubau des Trinkwasser-Hochbehälters für die Kernstadt (2,2 Millionen Euro). An zweiter Stelle folgt die geplante zentrale Wasserenthärtungsanlage (1,4 Millionen Euro). Ebenfalls verschoben wird die Sanierung der ehemaligen Gymnasiumssporthalle im Schulzentrum. Neben weiteren verschobenen Investitionen, hatte der Rat beschlossen den zweiten Bauabschnitt zur Modernisierung der Stadthalle vorzuziehen. Bad Driburg &bdquo;Uns brechen derzeit die Gewerbesteuern und die Kurbeiträge weg", sagt Franz-Josef Koch, Kämmerer der Stadt Bad Driburg. Im Haushalt waren die Gewerbesteuererträge noch mit sechs Millionen Euro angesetzt. &bdquo;Die derzeitigen Erträge belaufen sich auf rund 4,7 Millionen Euro." Überdies seien 16 Anträge auf Stundung in einer Höhe von rund 120.000 Euro gewährt worden. Bei den Kurbeiträgen rechnet der Kämmerer mit einem Ausfall von einer Million Euro. Bei einem Ansatz von 1,3 Millionen Euro ergeben sich bisher Erträge von 130.000 Euro, so Koch. &bdquo;Derzeit schreiben wir auf unseren Konten noch schwarze Zahlen, aber wenn uns die angesprochenen Erträge wegbrechen und gleichzeitig mit erhöhten Ausgaben zu rechnen ist, wird sich das auch negativ auf die Liquidität auswirken." Die Ausgleichsrücklage der Stadt gibt der Kämmerer mit nunmehr 7 Millionen Euro an. &bdquo;Aber unsere sparsame Haushaltswirtschaft der vergangenen Jahre war eigentlich für eine andere Mittelverwendung gedacht", gibt er zu bedenken. Beverungen In der Weserstadt Beverungen betragen &bdquo;die kumulierten Ausfälle" laut Kämmerer Martin Finke etwa 1,6 Millionen Euro. &bdquo;Bei geplanten Gesamterträgen von etwa 26,45 Millionen Euro bedeutet das einen Anteil von gut 6 Prozent." Bei der Gewerbesteuer erwartet der Kämmerer einen Ausfall in Höhe von 940.000 Euro, &bdquo;wenn man von einem corona-bedingten Ausfall durch Stundungen und Herabsetzungen von etwa 20 Prozent ausgeht." Hinzu kommen kleinere Einnahmeausfällen bei Gebühren, Elternbeiträgen für die Offene Ganztagsschule oder Eintrittsgeldern. Die Ausfälle bei der Einkommens- und Umsatzsteuer liegen in Beverungen bei etwa 620.000 Euro. Allgemein werde ein Rückgang von mindestens 10 Prozent erwartet. Steinheim In Steinheim ist man beim Corona-Zahlenspiel sehr zurückhaltend. Die Einnahmeausfälle ließen sich derzeit nicht beziffern, heißt es aus der Verwaltung von Bürgermeister Carsten Torke. &bdquo;Zumindest aber scheinen die Annahmen des Städte- und Gemeindebundes NRW nicht abwegig, die von einem Rückgang von etwa 25 Prozent bei der Gewerbesteuer und 10 bis 25 Prozent bei den Gemeindeanteilen an der Einkommen- und Umsatzsteuer ausgehen." 18 Anträge auf Herabsetzung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen seien bisher beschieden worden. Das entsprechende Steuervolumen liege bei etwa 850.000 Euro. Neben steuerlichen Einbußen seien auch die Einnahmen der kommunalen Gebühren rückläufig, &bdquo;da verschiedene kommunale Einrichtungen geschlossen waren oder nur unter Einschränkungen geöffnet sind." Darunter fallen Friedhofsgebühren, Musikschulgebühren, Büchereigebühren und Schwimmbadgebühren. &bdquo;Elternbeiträge für die Betreuung durch die offenen Ganztagsschulen wurden für die Monate April und Mai 2020 gar nicht und für die Monate Juni und Juli 2020 nur zur Hälfte erhoben. Auf der Ausgabenseite kommt es zu erhöhten Kosten für Reinigung und Desinfektion, Schutzausrüstungen, Mehreinsatz von Personal und anderes." Nieheim Zu den Ausfällen in Folge der Corona-Krise könne er zum jetzigen Zeitpunkt &bdquo;seriös nichts sagen", sagt Dietmar Becker, Kämmerer in der Stadt Nieheim. Beispiel Gewerbesteuer: Nur mit zeitlichem Verzug kämen Anträge auf die Herabsetzung von Gewerbesteuer-Vorauszahlungen in der Verwaltung an. Auch sei nicht abzusehen, wie sich die Hilfeleistungen von Bund und Ländern auswirkten. Becker sieht die Möglichkeit, dass die finanziellen Hilfen, die der Stadt Nieheim über einen Verteilschlüssel zukommen würden, sogar größer wären als das durch die Corona-Krise gerissene Loch. &bdquo;Sodass wir unterm Strich gar nicht weniger haben", sagt Becker. Fest steht aber: Die Corona-Krise übertrifft die Finanzkrise 2008 seiner Ansicht nach bei weitem. &bdquo;Die Finanzkrise hat uns gar nicht so getroffen. Unsere Unternehmen sind breit aufgestellt." In der Folge habe es bei der Gewerbesteuer statt Einbußen sogar Zuwächse gegeben. Die Auswirkungen der Corona-Krise seien hingegen &bdquo;deutlich stärker". Für den amtierenden Bürgermeister Rainer Vidal waren die wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona ein Grund, sich überraschend erneut um das Bürgermeisteramt in der Ackerbürgerstadt zu bewerben. Marienmünster In der kleinsten Kommune im Kreis Höxter geht Kämmerer Kai Schöttler von Gewerbesteuerausfällen zwischen 225.000 und 300.000 Euro aus. &bdquo;Die Gewerbesteuereinnahmen wurden im Rahmen der Haushaltsplanaufstellung jedoch ohnehin vorsichtig prognostiziert, sodass hier letztendlich vorsichtig von einem geringeren Betrag ausgegangen werden kann", so Schöttler. In Marienmünster gestalte sich eine Prognose in diesem Bereich jedoch schwierig. Nur von wenigen Unternehmen sei die Herabsetzung der Gewerbesteuer-Vorauszahlung beantragt worden. &bdquo;Das mag an der Struktur unserer Gewerbebetriebe liegen. Sie sind mittelständisch ausgerichtet. Sie sind mithin größtenteils so aufgestellt, dass sie eine Krise überstehen können", erklärt der Kämmerer und Bürgermeisterkandidat. &bdquo;In Marienmünster dürfte sich die größte Auswirkung letztlich mittelfristig durch die sinkenden Gemeindeanteile an der Einkommen- und Umsatzsteuer ergeben." Davon abgesehen verzeichnet die Kommune Mindereinnahmen wie bei Kitabeiträgen sowie höhere Ausgaben zum Beispiel für Desinfektionsmittel und Masken. Dennoch will die Kommune an ihrem Haushaltsplan festhalten. &bdquo;Ein weiteres Ansparen gegen die Krise wäre aus unserer Sicht hier sicherlich das falsche Signal. Ausgaben genau zu überdenken, ist jedoch nie verkehrt und wird auch sicherlich in Marienmünster so durchgeführt. Ferner muss hier auch immer auf die aktuelle Situation Rücksicht genommen werden – ein späteres weiteres Reagieren ist derzeit noch nicht abzusehen aber auch nicht auszuschließen", so Schöttler. Warburg In der Hansestadt Warburg geht man bei der Gewerbesteuer von einem Fehlbetrag in Höhe von 3,1 Millionen Euro aus. Unter den Städten im Kreis Höxter ist das spitze. Im Rahmen der Haushaltsplanung für dieses Jahr sei der Ansatz bei der Gewerbesteuer laut Kämmerer Armin Sander noch mit 12,5 Millionen Euro ermittelt worden. Der Minderertrag bei dem Gemeindeanteil der Einkommensteuer belaufe sich auf etwa 880.000 Euro, bei der Umsatzsteuer auf rund 280.000 Euro und bei der Vergnügungssteuer – wegen der Schließung von Spielotheken – auf 40.000 bis 80.000 Euro. Mit Blick auf die Gebühren gebe es groben Hochrechnungen zufolge Mindererträge in Höhe von rund 110.000 Euro. Außerdem sei mit etwa 300.000 Euro an Mehraufwendungen zu rechnen. &bdquo;Ein weiterer Punkt sind die Mehraufwendungen des Kreises Höxter, wie zum Beispiel des Gesundheitsamtes, die dieser wiederum über die Kreisumlage decken wird", so Sander. Trotz finanzieller Hiobsbotschaften zeigt sich der Kämmerer vorsichtig optimistisch. &bdquo;Die Liquiditätsvorschau unserer Stadt zeigt zum jetzigen Zeitpunkt eine nach wie vor positive Entwicklung mit rund 8 Millionen Euro im Kassenbestand." Willebadessen Bereits Anfang April hatte Willebadessens Bürgermeister Hans Hermann Bluhm zusammen mit den Fraktionsspitzen von CDU und SPD bekanntgegeben, den beschlossenen Haushaltsplan für dieses Jahr in der vereinbarten Höhe durchzuführen. In Einzelfällen könne über die Zurückstellung von Ausgabenpositionen diskutiert werden, hieß es seinerzeit. &bdquo;Dabei sollte es sich aber ausschließlich um Ausgaben handeln, die nicht unmittelbar oder nur in geringem Maße Wirkung auf die Wirtschaft und damit die Arbeitsplätze in der Stadt, der Region und im ganzen Land haben", so die Kommunalpolitiker. Kämmerer Martin Rehermann verzichtet darauf, die corona-bedingten Einbußen allzu genau zu beziffern. &bdquo;Es ist zu früh, dazu etwas zu sagen." Nur soviel: Bei der Gewerbesteuer seien bisher 200.000 Euro an Mindereinnahmen zu verzeichnen. Einiges davon stamme aber aus dem Vorjahr und sei deshalb nicht auf die Corona-Krise zurückzuführen. Wichtig ist ihm jedoch, finanzpolitisch die richtigen Signale zu senden. Also gegenzusteuern, antizyklisch zu handeln und nicht auf Investitionen zu verzichten. Borgentreich Auch in der Orgelstadt Borgentreich rechnet man laut Kämmerer Christof Derenthal &bdquo;mit erheblichen Auswirkungen auf den Haushalt, vorrangig bei den Gemeindeanteilen an Einkommens- und Umsatzsteuer." Hier würden für Borgentreich &bdquo;die größten Auswirkungen befürchtet, wobei sich das Ausmaß ebenso wenig seriös einschätzen lasse wie der Verlauf der Pandemie selber." Derenthal erwartet, dass die Einnahmereduzierungen wahrscheinlich auch die Gebühren und Entgelte &bdquo;sowie das gesamte Finanzausgleichsvolumen in den kommenden Jahren mit Auswirkungen auf die Schlüsselzuweisungen betreffen." Auch die Bedarfe der Umlagehaushalte (Kreis/ Landschaftsverband) würden dann steigen. &bdquo;Die vorgenannten Einnahmeausfälle und Mehraufwendungen werden nicht alleine durch Einsparungen aufzufangen sein", sagt Derenthal. Vielmehr werde eine &bdquo;verlässliche kommunale Finanzausstattung, die schon in Vor-Corona-Zeiten ein Dauerthema war, erforderlich." Verwaltungsintern seien Bewirtschaftungsregeln besprochen und abgestimmt worden, &bdquo;die vorrangig der Sensibilisierung dienen sollen", so der Kämmerer. &bdquo;So sind einige Investitionen, die nicht von hohen Zuweisungen begleitet sind und sich somit nicht zu weiten Teilen selbst finanzieren, auf den zeitlichen Prüfstand zu stellen." Ein klassisches Beispiel sei die Beschaffung von Geschwindigkeitsmessanlagen für alle Stadtbezirke, die verschoben worden sei. An &bdquo;wichtigen und bereits beschlossenen Investitionen in die Infrastruktur" werde jedoch festgehalten. Denn sie stärkten Konjunktur und heimische Wirtschaft.

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