So arbeitet der Rettungsdienst im Kreis Höxter in Corona-Zeiten

Höxter. Seit vier Wochen denken und arbeiten sie anders als in den 30 Jahren davor, sagt Jürgen Schmits. Der Leiter des Rettungsdienstes Höxter sitzt gemeinsam mit seinem Kollegen mit gespendeten bunten und selbstgenähten Mund-Nasen-Schutz-Masken auf der Wache. Die haben keine medizinische Relevanz, sondern sind in Zeiten von Corona Ausdruck des Respekts vor dem Gegenüber beim direkten Gespräch. &bdquo;Und der bunte Mundschutz hebt die Stimmung." Wenn sie aber unterwegs sind auf Einsätzen im Rettungswagen, dann müssen die 27 Kollegen der Rettungswache – derzeit sind jeweils acht bis zehn von ihnen in zwei Schichten aktiv – weit härteres, professionelles Geschütz gegen ein unsichtbares Virus auffahren. Was ihre und die Sicherheit anderer angeht. Auch beim Verkehrsunfall könnte jemand ansteckend sein Zum Glück biete die neue Rettungswache ausreichend Räumlichkeiten, dass sich die beiden Gruppen nicht begegnen müssten. &bdquo;Jede Mannschaft hat ihren Raum – und bleibt dort auch." Denn: &bdquo;Wenn sich jemand mit Corona ansteckt, müssen wir den Rettungsdienst oder die Feuerwehr aus dem Betrieb nehmen", erklärt Schmits, zugleich Leiter der Feuerwehr Höxter und stellvertretender Kreisbrandmeister. Und das macht ihm richtig Sorge. &bdquo;Wir sind in einem systemrelevanten Beruf, können eben nicht von zuhause aus arbeiten." Das bedeute aber auch, dass alle Kollegen an einem Strang ziehen und als Team geschützt werden müssten. Das sei allen bewusst, betont Schmits die große Disziplin, die notwendig und da sei, um eine solche Situation zu meistern. Auch Kollegen hätten diese Sorgen und Ängste, die ihn in der Verantwortung fürs Team, aber auch für sich selbst und die Familie umtreiben. Die einen reden drüber, die anderen nicht. Hygiene habe in ihrem Beruf schon immer eine enorm bedeutsame Rolle gespielt, sagt der 49-jährige Höxteraner. Nun habe sich das Thema potenziert. Und das auch bei der Beschaffung des Schutzmaterials, die für den Leiter mittlerweile mit enormem Aufwand verbunden ist. &bdquo;Normale Lieferanten – keine Chance. Online-Shop – nur rote Kreuze auf dem Bestellbogen. Anruf – nichts mehr da." Deshalb ist Schmits froh, auf ein in Jahren aufgebautes Netzwerk zurückgreifen zu können. &bdquo;In meinem Büro sieht’s manchmal aus wie in einem Großlager." Alles Dinge, die mehr Zeit und Aufwand bedeuten Im Rettungsfahrzeug selbst könne natürlich der Abstand von zwei Metern nicht eingehalten werden. &bdquo;Da gelten andere Regulierungen." Genau wie am Einsatzort. &bdquo;Früher gab’s viel Routine, beispielsweise bei einem Verkehrsunfall mit Verletzten", erzählt Schmits. &bdquo;Jetzt habe ich im Kopf: Da könnte jemand ansteckend sein. Deshalb geht erst mal einer von uns hin, kontrolliert auf Husten, misst Fieber, fragt die Verletzten danach. Und: Man rennt erst hin, wenn man mit Handschuhen, Maske und Kittel komplett ausgerüstet ist." Alles Dinge, die mehr Zeit und Aufwand bedeuten, die in die normalen Algorithmen einkalkuliert werden müssen. &bdquo;Das Ungewisse bedrückt", sagt der zweifache Familienvater. Seine Kinder sind neun und zwölf Jahre, seine Frau arbeitet im Krankenhaus im OP, die Eltern sind über 70 Jahre: Da mache ihn die Situation nachdenklich und vorsichtig, bekennt Schmits auch ganz persönlich. Was ihn besonders belaste, sei die Ignoranz mancher Menschen, die die Situation noch nicht begriffen hätten und gedankenlos beispielsweise Picknicks veranstalteten. &bdquo;Bei einigen ist das noch nicht angekommen. Wir vom Rettungsdienst, von der Feuerwehr wollen helfen – und da steht uns jemand gegenüber, der uns ins Gesicht spuckt." Er mache keinen Hehl draus: &bdquo;Ich habe Angst." Denn das Virus sei auch nach Kontaktverboten oder Ausgangssperren nicht weg oder alles wie vorher. &bdquo;Die Welt wird auch danach nicht mehr die Gleiche sein." Deshalb genieße er es heute ganz besonders, mal Zeit für die und mit der Familie zu haben. Denn: &bdquo;Es kann so schnell vorbei sein. Ich brauche nur einkaufen zu gehen – und komme krank zurück."

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