Kreis Höxter

Ausbildung im Kreis Höxter: Bewerberzahl sinkt, Stellenzahl steigt

Es gibt laut Jahresbilanz mehr unbesetzte Stellen als unversorgte Bewerber – 57 Jugendliche sind noch nicht versorgt und 110 Ausbildungsstellen noch nicht besetzt

„Azubis gesucht": Der Spruch auf dem Banner gilt auch in Betrieben im Kreis Höxter.  | © picture alliance / Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

15.11.2019 | 15.11.2019, 05:55

Kreis Höxter. „Rein rechnerisch kamen im Berichtsjahr 2018/2019 im Kreis Höxter 103 gemeldete Stellen auf 100 Bewerber – ein ausgeglichener Ausbildungsmarkt. Leider führen Passungsprobleme immer wieder dazu, dass dieser rechnerische Ausgleich in der Praxis nicht zum Tragen kommt: Das sagt Rüdiger Matisz, Leiter der Paderborner Arbeitsagentur.

„Am Ende des Berichtsjahres kamen 193 unbesetzte Stellen auf 100 unversorgte Bewerber. Im letzten Jahr waren es noch 178 unbesetzte Stellen auf 100 unversorgte Bewerber. Das macht deutlich, dass die Passungsprobleme immer größer werden, was durch die sinkenden Bewerberzahlen noch gefördert wird." Unternehmen, gerade im Handwerk, hier insbesondere im Hochbau und im Verkauf von Lebensmitteln, oder der Logistik, hätten es immer schwerer, Auszubildende zu finden. Matisz: „Wenn viele der gemeldeten Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben, dann behindert das auf Dauer die Entwicklung der Region. Von daher fällt meine Bilanz der aktuellen Lage gemischt aus."

Am Ende des Berichtsjahres blieben also mehr unbesetzte Stellen als unversorgte Bewerber übrig: 57 der insgesamt 1.150 Bewerber blieben unversorgt, 110 der 1.187 Stellen unbesetzt. Berufswünsche der unversorgten Bewerber sind teilweise nicht deckungsgleich mit den Bedarfen der Betriebe.

Nur wenige Überschneidungen

Während die unversorgten Bewerber Stellen in Bereichen Büro und Sekretariat sowie Unternehmensorganisation und -strategie suchen, bieten Unternehmen freie Ausbildungsstellen in Bereichen wie dem Verkauf von Lebensmitteln oder dem Hochbau. Große Überschneidungen finden sich lediglich im Bereich des Verkaufs ohne Produktspezialisierung. „Diese Passungsprobleme sind ein typisches Phänomen, welches wir jedes Jahr beobachten", so Matisz. „Die einzige Lösung dafür ist Flexibilität auf beiden Seiten: Nicht immer ist der Wunschberuf der Einzige, der zu einem passt. Und nicht immer ist der Bewerber mit den besten Noten der einzige Passende. Oft findet man die richtige Ausbildungsstelle beziehungsweise den richtigen Auszubildenden auf den zweiten Blick", weiß Matisz.

Im Berichtsjahr wurden der Arbeitsagentur in Höxter 1.187 Ausbildungsstellen zur Besetzung gemeldet, 117 oder 10,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Auf der Bewerberseite haben sich im Laufe des Berichtsjahres 1.150 Jugendliche über die Berufsberatung der Arbeitsagentur in Höxter und Warburg oder des Jobcenters um einen Ausbildungsplatz bemüht, das waren 144 junge Menschen (minus 11,1 Prozent) weniger als im Vorjahr.

Etwas schlechter als im Vorjahr

Wie Jürgen Behlke, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld und Leiter der Zweigstelle Paderborn und Höxter, erläutert, ergibt sich nach den vorläufigen IHK-Zahlen für den Kreis Höxter zum Stichtag 30. September ein leicht schlechteres Bild wie vor einem Jahr: Die Anzahl der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse sank um 2,5 Prozent, und zwar von insgesamt 475 im Jahr 2018 auf nunmehr 463 Abschlüsse im Jahr 2019. Dabei zeigte sich bei den beiden Berufsgruppen ein unterschiedliches Bild. Während der kaufmännische Bereich leicht um 1,3 Prozent sank, gab die Anzahl der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse bei den gewerblich/technischen Ausbildungsberufen um 4,7 Prozent nach. Die Metalltechnik, die auch dieses Jahr mit 82 Auszubildenden wieder den stärksten Bereich stellt, ist nahezu gleichgeblieben. Bei nahezu allen übrigen Berufsgruppen gab es Rückgänge.

Die meisten Verträge in den Einzelberufen wurden bei den Industriekaufleuten mit 63 Verträgen eingetragen, gefolgt von den Industriemechanikern mit 46 Verträgen und den Kaufleuten im Einzelhandel mit 45 Verträgen. Es müsse verstärkt gelingen, so Behlke, das Image der dualen Ausbildung gegenüber einem Studium weiter zu verbessern. Hier müssten auch die Gymnasien ihre Verantwortung wahrnehmen und Angebote für die angehenden Abiturienten aus der dualen Ausbildung zulassen. Im Kreis Höxter haben 44 Prozent der Auszubildenden die allgemeine Hochschulreife (Abitur). Behlke weist darauf hin, dass neue Ausbildungsverträge noch eingetragen werden können. „Mit dem 1. August ist noch nichts vorbei!", so der IHK-Chef. Eine Eintragung ist noch bis zum Jahreswechsel möglich und sinnvoll.

Weniger Ausbildungsverträge

Gerald Studzinsky, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Höxter-Warburg, gibt bekannt, dass die bei der Kreishandwerkerschaft registrierten Ausbildungsverträge im aktuellen Ausbildungsjahr leicht zurückgegangen sind. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge hat sich gegenüber dem Vorjahr von 254 auf 247 verringert. Das sind 2,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Die handwerklichen Ausbildungszahlen für den gesamten Kreis konnten dagegen um 1,7 Prozent auf 358 gesteigert werden. Starke Zuwächse gab es in den Berufen Elektroniker (plus 32 Prozent), in den Bauberufen (Maurer plus 55 Prozent und Hochbaufacharbeiter plus 43 Prozent) und bei den Malern (plus 27 Prozent). Rückläufig hingegen waren die Ausbildungsverhältnisse in den Berufen Anlagenmechaniker für Sanitär- Heizungs- und Klimatechnik (minus 6,5 Prozent), Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk (minus 13,5 Prozent), Zimmerer (minus 7 Prozent) und bei den Tischlern (minus 40 Prozent).

„Bereits seit einigen Jahren sinkt die Zahl der Schulabgänger auch im Kreis Höxter. Zusätzlich streben die Jugendlichen heute vermehrt auf weiterführende Bildungswege, so dass der Bewerbermarkt zunehmend schrumpft und nur noch wenige eine duale Ausbildung anstreben. Viele Handwerksbetriebe erhalten überhaupt keine Bewerbungen mehr", so Studzinsky. „Fachkräfte werden im Handwerk benötigt, viele Gesellen gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand, so dass viele erfahrene Mitarbeiter in den Betrieben ersetzt werden müssen. Um qualifizierte Bewerber zu finden, werben die Betriebe auch aktiv um neue Zielgruppen, wie Studienabbrecher oder Geflüchtete", erläutert der Hauptgeschäftsführer.