Kreislandfrauentag in Brakel: Ein Hoch auf Demokratie und Ehrenamt

Brakel. Es ist die erste große Veranstaltung seit langem für sie. Zwei Jahre gab es wegen der Corona-Pandemie keinen Kreislandfrauentag mehr. Umso begeisterter zeigten sich die 250 Gäste nun in der Brakeler Stadthalle beim Wiedersehen. Neben der freudigen Wiedervereinigung blieben aber auch ernstere Themen wie die aktuelle politische Lage nicht vergessen. Demokratie und Toleranz waren das Oberthema, zu dem sich auch geladene Gäste aus der Politik äußerten. Als besonderer externer Gast war außerdem Gesine Lange, die Tochter der ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck, eingeladen. In ihrem Beitrag sprach sie über ihre Kindheit und Jugend in der DDR. &bdquo;Danke, dass ihr mutig wart und hierher gekommen seid - und dass ihr nicht am Sofa kleben geblieben seid“, begrüßt Kreisvorsitzende Gabriele Beckmann den Saal und erntet prompt einige Lacher. Die Stimmung ist ausgelassen, endlich sieht man sich bei Kaffee und Kuchen wieder. &bdquo;Endlich mal wieder was los“, freut sich eine Landfrau und begrüßt freudestrahlend einen Bekannten nach dem anderen. Darauf hat auch Gabriele Beckmann sich am meisten gefreut: &bdquo;Vor zwei Jahren hatten wir zehn Tage vor dem Lockdown unseren letzten Kreislandfrauentag. Das hier ist das erste große Event seitdem. Ich habe mich sehr darauf gefreut, alle wiederzusehen und mich wieder persönlich mit anderen auszutauschen." In einer Talkrunde wandte sich die Kreisvorsitzende auch jeweils mit einer Frage an ein paar der prominenten Gäste. Wie er mit Anfeindungen umgehe, diese Frage sollte CDU-Landtagskandidat Matthias Goeken beantworten. &bdquo;Bei uns waren schon Leute zu Hause im Garten“, teilte der Christdemokrat seine persönliche Erfahrung. Darum habe die Familie inzwischen einen Zaun. &bdquo;Meine Autoreifen wurden auch schon mal vor dem Kreishaus zerstochen.“Hass und Hetze, das sei durch das Internet sehr beschleunigt worden und treffe auch viele Ehrenamtliche, wie jüngst auch bei der Tafel. "Betroffene sollten das nicht einfach wegstecken, sondern darüber reden und das auch zur Anzeige bringen", empfiehlt Goeken. Wertschätzung für Demokratie Mit Grünen-Kandidatin Uta Lücking sprach die Kreisvorsitzende über die Vereinbarkeit von Familie, Ehrenamt und Beruf. Dass diese Frage immer wieder exklusiv an Frauen gerichtet werde, ärgere sie, sagt Lücking.Es brauche hier vor allem verlässliche Rahmenbedingungen wie familienfreundliche Arbeitsplätze und ausreichend Kinderbetreuung. Und auch eine Prise Selbstvertrauen gehöre dazu: "Glauben Sie an sich, seien Sie sicher, dass Sie etwas zu geben haben. Wagen Sie es", wandte sie sich eindringlich an das Publikum.Von Bürgermeister Hermann Temme wollten die Landfrauen wissen, wie die Stadt Brakel mit dem Fluchtgeschehen aus der Ukraine umgeht. Hier betonte der Brakeler Bürgermeister, wie dankbar er für das vielfältige ehrenamtliche Engagement sei. "In Brakel gibt es derzeit 180 geflüchtete Menschen aus der Ukraine, hauptsächlich Mütter mit kleinen Kindern. Sie sind alle in Privatwohnungen untergekommen", berichtete Temme. 50 ukrainische Kinder würden bereits Schulen im städtischen Gebiet besuchen. Auch der Gastbeitrag von Gesine Lange knüpfte hier thematisch an. Aufgewachsen auf dem Land in Mecklenburg und in einer Plattenbausiedlung in Rostock, erlebte sie zunächst eine behütete Kindheit. Mit dem Eintritt in die Vorschule wurde sie mit dem starken Kontrast zwischen dem christlich geprägten Elternhaus und dem autoritären Staat konfrontiert, der bereits in der Schule starken Einfluss ausübte."Aktuell fragen viele auch 'Warum tut das russische Volk nichts?' In der DDR war das ähnlich, da hielt man die Füße still, hat der Presse geglaubt und abgewartet", schlug Gesine Lange den Bogen ins Hier und Jetzt. Sie will Verklärungsversuchen und dem Vergessen etwas entgegen setzen - und daran erinnern, wie dankbar man für seine Freiheit sein sollte. "Wie schon mein Vater sagte: Freiheit weiß man erst zu schätzen, wenn sie nicht mehr da ist."

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