Dorfjubiläum: Wo das Wasser der Aa „rieselt“

Riesel. Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus – das dachten die Zuschauer beim Karnevalsumzug in Brakel, als die Rieseler mit einer mannshohen Figur des heiligen Georg samt Drachen alle Blicke auf sich zogen. Doch dann kam Corona – und aus den Feierlichkeiten zum 1100-jährigen Dorfjubiläum wurde größtenteils nichts. &bdquo;Dabei hatten wir das ganze Dorf mobilisiert und so viele tolle Ideen zusammengetragen", sagt Michaela Tegetmeier vom Pfarrgemeinderat mit ein bisschen Wehmut. Stattdessen gibt es am Samstagabend einen Gottesdienst an der Kapelle mit Weihbischof Matthias König und einen kleinen Festakt. &bdquo;Wir hoffen, dass wenigstens das Wetter mitspielt", meint auch ihr Ehemann, Ortsheimatpfleger Georg Tegetmeier. Geschichte reicht bis weit in die Vergangenheit Er weiß zu berichten, dass der Ort einst &bdquo;Hrisal" hieß, der um 920 in einer Urkunde des Paderborner Bischofs Unwan erstmals bei der Übertragung von Zehntrechten an das Damenstift Heerse erwähnt wurde. Im Laufe der Jahrhunderte wurde daraus die heutige Bezeichnung Riesel. Man geht aber davon aus, dass die Siedlung schon seit der Völkerwanderung (400 bis 500 vor Christus) bestand. Vermutlich hängt die Namensgebung mit dem Flüsschen Aa zusammen. Ohne den nur 20 Kilometer kurzen Nethe-Zufluss gäbe es den Ort wohl nicht. Er war ein Hindernis auf dem alten Fernhandelsweg Hellweg. Dort, wo heute Riesel ist, gab es eine Furt – eine flache Stelle. Vielleicht &bdquo;rieselte" das Wasser dort nur über die Steine, der Dorfname könnte durch eine derartige Lautmalerei entstanden sein, vermutet jedenfalls Karl-Martin Flüter, der sich mit der Ortsgeschichte beschäftigt hat. &bdquo;Die Aa war immer schon da und in den 1100 Jahren hat sie das Schicksal der Ortschaft mitbestimmt", schreibt er. Den Dreißigjährigen Krieg bekam Riesel besonders zu spüren: Die meisten Häuser wurden in Schutt und Asche gelegt. Als &bdquo;Schwarzer September" ging ein Herbsttag im Jahr 1846 in die Analen ein, als eine Feuersbrunst 25 Häuser niederbrannte und 32 Familien ihr Hab und Gut verloren. Regelmäßig überflutete die Aa die Häuser Regelmäßig überflutete die Aa die Häuser, selbst die Kirche stand häufig unter Wasser. Jahrhundertelang musste der Verkehr über die einzige Brücke und damit durch die schmale Ortsdurchfahrt. Die erste steinerne Flussquerung war 1850 errichtet worden, darüber rollten zuerst die Postkutschen. Wenig später entstand die Mühle am Mühlengraben. Durch den bogenförmigen Neubau der Brücke im Jahr 1913 versuchte man, die Hochwassersituation zu entspannen. So konnte sich das Schwemmgut davor nicht mehr so stauen. Als 1985 die Umgehung für die Bundesstraße 64 gebaut wurde, wurde es merklich ruhiger in Riesel: Seit dem Mittelalter hatten die Fremden hier den Fluss überquert, in der Neuzeit verstopften ihre lärmenden Fahrzeuge die Ortsdurchfahrt – sie bleiben nun weg. &bdquo;Die Zeiten waren vorbei – aber auch die Zeiten, in denen Riesel irgendwie immer am Puls der Zeit gehangen hatte", so das Fazit von Karl-Martin Flüter auf der Dorfhomepage. Bereits 1968 war die Schule in Riesel dicht gemacht worden. Das hohe Gründerzeitgebäude neben der Kirche ist heute ein Treffpunkt der Vereine, auch &bdquo;Achims Kneipe" zog dort ein. Mit viel Eigenleistung bauten die Rieseler ein Dorfgemeinschaftshaus. Das ist Sporthalle, Festhalle und Feuerwehrgerätehaus in einem – und beherbergt auch den Kindergarten &bdquo;Flotte Rasselbande". Aktuell leben knapp 600 Menschen im Ort 1990 wurde das Dorfgemeinschaftshaus fertiggestellt – ein Gemeinschaftsprojekt. Genauso wie zuletzt die Pflanzung von Rotbuchen an der historischen Allee zur Waldkapelle. Der quadratische Fachwerkbau mit dem Alabasteraltar stammt aus dem Jahr 1739. Errichten ließen sie der Brakeler Bürgermeister Johannes Crux und seine Gemahlin Eva-Maria Becker aus Dringenberg. Wie eine Sage berichtet, sollen sie sich dort vor ihrer Hochzeit regelmäßig zum Stelldichein getroffen haben. So ist es nachzulesen im Buch &bdquo;Brakel – ein Stadtporträt" von Anna Bálint. Aktuell leben in Riesel knapp 600 Menschen. Im Ort zwischen Aa und Nethe sind noch einige Gewerbebetriebe ansässig und es gibt ein reges Vereinsleben. Der Patron der Schützen und der 1384 erstmals erwähnten Kirche ist besagter heiliger Georg, der beim Karneval kurz vor Corona noch groß raus kam. Regelmäßig treffen sich die Rieseler Vereine zum Runden Tisch, um gemeinsame Pläne zu schmieden – wie zuletzt für das 1100-jährige Dorfjubiläum. Doch das Virus machte den Rieselern einen Strich durch die Rechnung. Dennoch hat die Pandemie die Vorteile des Dorflebens hervorgekehrt, findet Georg Tegetmeier: &bdquo;Mehr Freiraum, weil die Grundstücke größer sind, und gleichzeitig wirtschaftlich bessere Bedingungen. Und der gute Zusammenhalt", meint der Ortsheimatpfleger. Das lässt ihn für Riesels Zukunft hoffen.

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