Abschied aus dem Beverunger Rat: Eine Grünen-Ära ist vorbei

Beverungen. So einige Reibereien und Konflikte hat Gisbert Bläsing in den vergangenen Jahrzehnten erlebt. Seiner Haltung blieb er dabei stets treu. Gut vorbereitet und informiert begegnete er seinen politischen Widersachern mit Respekt und Anstand. Nun hat der Beverunger nach 41 Jahren Ratszugehörigkeit die Kommunalpolitik verlassen. Wenn am Donnerstagabend, 13. November, die konstituierende Ratssitzung der Stadt Beverungen stattfindet, muss die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen ohne ihren langjährigen Vorsitzenden auskommen. Erstmals gibt es eine Grünen-Fraktion in Beverungen ohne Gisbert Bläsing. Mit der NW blickt der 77-Jährige auf sein Wirken zurück. Es geht um Proteste, Widerstände, Drohungen und natürlich um politische Erfolge. Lesen Sie auch: Beverungen hat einen neuen Bürgermeister Noch einmal trat Gisbert Bläsing in diesem Jahr in den Dienst des Grünen-Ortsverbandes. Noch einmal ließ er sich bei der Kommunalwahl zur Stadtratswahl in Beverungen aufstellen, damit die Grünen auch wirklich in jedem Stimmbezirk vertreten waren. Doch sein Listenplatz machte im Vorfeld schon klar, dass Schluss sein wird. Trotzdem ärgert es ihn gewaltig, dass die Grünen in Beverungen wie im ganzen Land und wie bei der Bundestagswahl einige Monate zuvor, deutlich an Stimmen verloren haben. So erlebte er die Blüte der Grünen-Politik Fünf Jahre zuvor erlebte Bläsing die Blüte der Grünen-Politik: &bdquo;Die 16,1 Prozent Stimmenanteil zur Kommunalwahl in Beverungen machten uns stolz“, verrät er. Ein Jahr später erreichte die Partei bei der Bundestagswahl ihr historisch bestes Ergebnis. Für Bläsing schien sich endlich ein Kreis zu schließen. Das könnte Sie interessieren: Für 92 Millionen Euro: Kreis Höxter bekommt riesigen Batteriespeicher Im Oktober 1981 gehörte er zu den rund 300.000 Menschen, die bei der Friedensdemo im Bonner Hofgarten gegen den Nato-Doppelbeschluss demonstrierten. Ein Protest gegen die Rüstungspolitik der Nato und des Warschauer Paktes. In der Zeit war er auch in Beverungen bereits kommunalpolitisch aktiv, getreu dem Motto: Hier lebe ich, hier wohne ich, hier engagiere ich mich. Wie alles in Beverungen begann - bei den Liberalen Zusammen mit Traute Kirsch machte Bläsing sich mit der Anti-Atom-Bewegung in Beverungen nur wenige Freunde, damals übrigens noch unter der gelben Parteifahne der FDP. &bdquo;Traute Kirsch und ich waren die Grünen innerhalb der Liberalen“, erzählt Bläsing mit einem Schmunzeln. &bdquo;Wir mussten uns damals sehr viele Anfeindungen anhören. Denn über allem stand natürlich immer das Argument der vielen Arbeitsplätze beim Kernkraftwerk in Würgassen“, berichtet Bläsing von schwierigen Diskussionen. Als 1982 die FDP die Bundesregierung mit der SPD brach, brach auch Bläsing mit den Liberalen. Und so fand er den Weg zu den Grünen. Zunächst ließ er sich dort aber als unabhängiger Kandidat für die Kommunalwahlen aufstellen. Trotz des schwierigen Kernkraftthemas hatten er und die Grünen in Beverungen sofort Erfolg. Der erste Einzug in den Beverunger Rat Mit 7,2 Prozent Stimmenanteil und zwei Sitzen zogen die Grünen im Herbst 1984 erstmals in den Beverunger Stadtrat ein. Die Grünen waren vor 41 Jahren erst die dritte Fraktion im Stadtrat neben der CDU und der SPD. &bdquo;Wir wurden damals allerdings sehr kritisch beäugt und von den politischen Gegnern auch nicht nett behandelt“, berichtet Bläsing, der zu diesem Zeitpunkt an der Hauptschule in Beverungen unterrichtete. &bdquo;Es ist ein Argwohn uns gegenüber gewesen, wie heute die AfD in den Parlamenten gesehen wird“, spricht der Pädagoge über schwierige Anfangsjahre. &bdquo;Nur wir waren nie eine Partei, die gegen das System war. Wir haben immer das System unterstützt und die Demokratie gefördert.“ Was es heute nicht mehr gibt Zwar konnten die Grünen und die anderen Oppositionsparteien nie die absolute Mehrheit der CDU in Beverungen brechen, trotzdem sei das Verhältnis zwischen den Fraktionen mit den Jahren immer besser geworden. Gerne blickt Bläsing auch auf die Jahre zurück, als die Gespräche und Diskussionen nach der Sitzung noch bei einem Getränk fortgeführt wurden. &bdquo;Das gibt es leider heute so nicht mehr.“ Er habe das Gefühl, dass sich die Grünen im Beverunger Rat schnell Respekt verschafft hätten und die Fraktion etabliert gewesen sei. So wurde seine Anti-Atom-Haltung 1994 auch nicht zum Problem, als der Rat ihn in geheimer Abstimmung zum Leiter der Grundschule in Herstelle wählte. Eine Grundschule, die durch die Schulkinder und deren Familien aus Herstelle und Würgassen auch zwangsläufig eine Verbindung zum Kraftwerk hatte. Wofür die Grünen-Fraktion Beverungen bekannt war &bdquo;Wir waren auf die Sitzungen immer gut vorbereitet. Das haben Verwaltung und die anderen Parteien schnell gemerkt. Und unsere Fraktion war und ist immer bekannt dafür, dass nicht nur eine Person reden kann, sondern das ganze Team aus starken Persönlichkeiten besteht.“ Er sei froh, dass er über die Jahre immer wieder starke Frauen und Männer gefunden habe, die mit ihren persönlichen Stärken die Ratsarbeit bereicherten. &bdquo;Ich glaube schon, dass wir bei einigen Themen der Zeit voraus waren.“ Beverungen, so Bläsing, habe sich in den vergangenen Jahrzehnten positiv entwickelt. &bdquo;Vielleicht auch, weil der Mehltau des Kraftwerkes weg war“, kann sich Bläsing eine kleine Spitze gegen die Atomkraftbefürworter nicht verkneifen. Nur eine Sache ärgert ihn richtig: &bdquo;Es war immer ein Traum von mir, eine Stadt-Stiftung zu gründen. Die Umsetzung hat leider nicht funktioniert. Ich glaube aber, dass eine Stiftung für die Stadt sehr positiv sein könnte“, sagt Bläsing, der nun mit seiner Frau Helga, den Kindern und Enkelkindern die frei gewordene Zeit genießt und weiter aktiv bleiben will. &bdquo;Ich bin weiterhin in vielen Vereinen.“ Die Politik will er aber wirklich nur noch aus der Entfernung beobachten.

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