Bürokratie setzt in Beverungen wohl den Hochwasserschutz schachmatt

Beverungen. Die Eindrücke vom Weihnachtshochwasser 2023, aufgrund dessen das Fest nicht nur für unzählige Einsatzkräfte im Kreis Höxter den Bach herunter ging, müssen noch relativ frisch gewesen sein, als Rolf-Dieter Crois, Fraktionsvorsitzender der SPD im Beverunger Stadtrat, seinen Antrag auf eine Zisternenpflicht beim Hausbau formulierte. Datiert ist er auf den 23. Januar. Genau einen Monat also, nachdem die Weser über die Ufer stieg. Crois zieht die Weihnachtsflut auch selbst als Beispiel in seiner Antragsbegründung heran. Rund ein halbes Jahr später steht das Thema auf der Agenda des Stadtrates, der am Donnerstag, 4. Juli, um 19 Uhr im Saal Bever der Stadthalle zu seiner 26. Sitzung zusammenkommt. Zuvor hatte die Zisternenpflicht bereits den Haupt- und Finanzausschuss (Verweis in den Fachausschuss) und den Betriebsausschuss Abwasser beschäftigt. Wie soll eine Zisternenpflicht aber gegen Überschwemmungen helfen? &bdquo;Durch den Einbau von zum Beispiel Zisternen, kann jeder Bauherr einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass Regenwasser nicht sofort in die Flüsse geleitet und somit ein Anstieg des Wassers in unseren Flüssen gebremst wird“, erklärt Crois für die Sozialdemokraten. Bei Starkregen würden die Flüsse, in Beverungen Weser, Nethe und Bever, nicht zusätzlich mit dem Niederschlag belastet, der auf Wohngrundstücke fällt. Vorteile für Haus- und Grundstückseigentümer Für die Häuslebauer und Bewohner hatte das auch gleich mehrere Vorteile, meint Crois: &bdquo;Das hierbei aufgefangene Regenwasser wird in Zisternen gesammelt und kann für die Gartenbewässerung oder andere Eigenzwecke auf dem Grundstück als Brauchwasser genutzt werden.“ Das wiederum verlangsamt den Abfluss im Geldbeutel. In Kombination mit vergünstigten Abwassergebühren würde sich die Investition der Bauherrinnen und -herren dann schnell amortisieren, wie die SPD ausgerechnet hat. Das klingt doch erst mal gut. Eine klassische Win-win-Situation. Trotzdem hatte sich der Fachausschuss Anfang Juni mehrheitlich gegen eine Zisternenpflicht ausgesprochen und war somit wiederum der Empfehlung der Stadtverwaltung gefolgt. Wie der Rat entscheiden wird, zeigt sich freilich erst am Donnerstagabend, das ablehnende Votum des Betriebsausschusses Abwasser kann aber als Gradmesser verstanden werden. Im Protokoll des Ausschusses ist nachzulesen, dass Betriebsleiter Frank Matthias ausführlich Vor- und Nachteile von Zisternen erläuterte. &bdquo;Grundsätzlich wird der positive Effekt des Baus und Betriebes von Regenwassernutzungsanlagen (Zisternen) gesehen“, heißt es in der Niederschrift weiter. Auch Bürgermeister Hubertus Grimm sehe Bau und Betrieb von Zisternen grundsätzlich positiv. Nachteile einer Zisternen-Pflicht Was spricht dann gegen eine Pflicht? &bdquo;Aus technischer Sicht bestehen grundsätzlich keine Bedenken gegen einen großflächigen Einsatz von Regenwasserzisternen, zumal Zisternen durchaus zu einer Entlastung des öffentlichen Kanalnetzes beitragen können“, nimmt das Abwasserwerk Beverungen zu dem SPD-Antrag Stellung. Allerdings kann der Grad der Wirksamkeit je nach Jahreszeit und Witterung doch stark variieren – je nach dem, wie voll die Zisternen ohnehin schon sind. &bdquo;In diesen Fällen stellt sich der Entlastungseffekt als gering dar. Um Hochwasserereignisse wirksam zu bekämpfen beziehungsweise Schäden zu vermeiden, bedarf es einer ganzheitlichen Vorsorgestrategie“, erläutert das Abwasserwerk. Eine Zisternenpflicht wäre also niemals ein Allheilmittel, keine Patentlösung, sondern nur &bdquo;ein Baustein“. Doch das wäre ja noch kein Grund, diesen einen ersten Baustein nicht schon mal aufzustellen. Aus Sicht des Abwasserwerkes spricht jedoch etwas ganz klar gegen die Zisternenpflicht. &bdquo;Maßgeblich gegen eine Zisternenpflicht spricht der hohe organisatorische, baurechtliche und finanzielle Aufwand.“ Empfehlen statt vorschreiben Die Stadt müsste weiterhin Überlauf und Kanalkapazitäten vorhalten. Wenn Hausbesitzer mit dem Zisternenwasser Blumen im Garten gießen wollen, wird es noch mal komplizierter – und unter Umständen auch teurer. Dann müsste die Pflicht als solche auch noch prozesssicher sein, und wehe, jemand will sein Haus mal verkaufen, dann stünde das nächste Problem vor der Tür. Für den Neubesitzer gälte der Vertrag nämlich nicht. Da empfiehlt die Stadt ihren Häuslebauern lieber, eine Zisterne einzubauen, und lockt mit vergünstigten Niederschlagsgebühren (minus 50 Prozent). Immerhin rund 200 Grundstückseigentümer machen davon bereits Gebrauch, so die SPD.

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