Würgassen. Ist das geplante Atommüll-Bereitstellungslager in Würgassen wirklich notwendig oder ließe sich das Endlager Konrad in Salzgitter auch direkt beliefern? Um diese Frage zu klären, wünscht sich der Holzmindener Landtagsabgeordnete Uwe Schünemann ein Logistik-Gutachten – und kassierte jetzt eine deutliche Abfuhr aus Berlin. Der zuständige Staatssekretär Jochen Flasbarth vom Bundesumweltministerium verweigert die Herausgabe der notwendigen Unterlagen für die Expertise.
Weitere Gutachten "nicht zielführend"
Er halte weitere gutachterliche Stellungnahmen zur Abruf- und Einlagerungslogistik für „nicht zielführend", schreibt der Staatssekretär in seiner Antwort. Flasbarth hält das Thema für ausdiskutiert: Die Frage sei bereits seit 2009 „kontinuierlich" und „vertieft" erörtert worden. Und zwar zwischen den mehr als 30 Betreibern von (Zwischen)Lagern der öffentlichen Hand, den industriellen Verursachern und der Betreiberin des Endlagers Konrad – auch unter Beteiligung von Sachverständigen. „All diese Erkenntnisse sich in die Entscheidung zur Schaffung eines Logistikzentrums eingeflossen", so Flasbarth wörtlich.
Auch die Entsorgungskommission halte ein Bereitstellungslager für eine optimierte Beschickung vom Endlager Konrad für unabdingbar, betont der Staatssekretär. Und nicht zuletzt sei die BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung vom Bundestag mit breiter Mehrheit mit der unverzüglichen Planung und Bau eines Logistikzentrums für Konrad beauftragt worden.
"Notwendigkeit und Dringlichkeit ist gegeben"
„Die Notwendigkeit und Dringlichkeit für die Errichtung eines solchen Logistikzentrums ist gegeben", daran hegt Flasbarth keinen Zweifel. Nur so könne man die über ganz Deutschland verteilten Zwischenlager zügig räumen, mit denen die Menschen an den jeweiligen Standorten schon lange leben müssten. „Auch in Würgassen", fügt der Staatsekretär hinzu, denn auch dort existiert bekanntlich bereits ein kleines Zwischenlager. Deswegen will Flasbarth keine weiteren Gutachten unterstützen – selbst wenn sie nicht vom Bund, sondern von den Ländern NRW und Niedersachsen bezahlt würden. Das strebt Schünemann nämlich an.

Der CDU-Politiker aus Holzminden zeigt sich verwundert über die ablehnende Antwort. Er hat sich deswegen postwendend an Flasbarths Vorgesetzte gewandt. In seinem Brief an Bundesumweltministerin Svenja Schulze verweist der Landtagsabgeordnete auf die enormen Innovationen im Bereich Logistik. Seit 2009 habe sich in diesem Bereich viel getan: „In den vergangenen elf Jahren hat eine technische Revolution im Bereich künstlicher Intelligenz stattgefunden", schreibt der Holzmindener CDU-Abgeordnete wieder nach Berlin. Vor diesem Hintergrund sei ihm die Ablehnung „völlig unverständlich."
Gutachten würde Planungen nicht verzögern
Das von ihm geforderte Gutachten würde die weiteren Planungen für das Bereitstellungslager nicht verzögern, sondern könnten parallel laufen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich neuesten Innovationen verschließen. Daher bitte ich Sie, ein entsprechendes Gutachten aktiv zu unterstützen", appelliert Schünemann eindringlich an die Bundesumweltministerin. Inzwischen habe er zusätzlich auch den niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies eingeschaltet.
Der schwach- und mittelradioaktive Müll aus ganz Deutschland soll bekanntlich ab 2027 über die Zwischenstation Würgassen nach Konrad gelangen. Auf dem ehemaligen Kernkraftwerksgelände soll der strahlende Abfall vorsortiert und die Gebinde passend zusammengestellt werden, damit die Einlagerung in Salzgitter über Schiene und Straße „just in time" erfolgen kann. Kritiker bezweifeln, dass der Umweg über Würgassen notwendig ist. Das zentrale Bereitstellungslager im Dreiländereck soll 450 Millionen Euro kosten.