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Würgassen-Pläne: "Von Düsseldorf im Stich gelassen"

Die Grünen im Kreis Höxter und die Bürgerinitiative gegen das Atommülllager sind enttäuscht von der Landesregierung. Auch das Versprechen, Würgassen solle kein Endlager werden, beruhigt die Gegner nicht.

"Ein silberner Klotz" - das geplante Logistik-Zentrum soll sich besser in die Landschaft einfügen als das, was vom Kernkraftwerk in Würgassen übriggeblieben ist. | © Manuela Puls

08.08.2020 | 08.08.2020, 15:11

Beverungen-Würgassen. „Der Kreis Höxter muss sich von der Landesregierung in Düsseldorf im Stich gelassen fühlen." So bewerten die Grünen im Kreis Höxter eine Antwort der Landesregierung zu den Atommüll-Plänen in Würgassen. Auch die Bürgerinitiative „Atomfreies Dreiländereck" zeigt sich in einer ersten Reaktion enttäuscht. Das Versprechen von Staatssekretär Jochen Flasbarth, Würgassen werde kein Endlager, sehen die Gegner mit großer Skepsis.

Wibke Brems, energiepolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, wollte in ihrer Kleinen Anfrage wissen, wie die Landesregierung zu dem geplanten Atommüll-Lager in Würgassen steht. „Genau diese Frage bleibt unbeantwortet", kommentiert Ludger Roters, Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen im Kreis Höxter.

Die Menschen in der Region könnten von der Düsseldorfer Regierung offenbar keine Vertretung ihrer Interessen erwarten. „Keine Haltung ist auch eine Haltung", meint Roters in einer Pressemitteilung.

Keine Zweifel an dem Prozess

Die Landesregierung scheine keine Zweifel an dem Prozess zur Standortfindung zu haben. Das folgert Wibke Brems aus dem Schreiben von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Offen kritisiere er die vorsorgliche Ablehnung eines Standortes in Niedersachsen durch die dortige Landesregierung im Vorfeld der Entscheidung.

Für Wibke Brems fehlen aber immer noch wichtige Informationen für die Standortentscheidung. Zum Beispiel habe sich die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung über die Empfehlung der Entsorgungskommission bezüglich eines zweigleisigen Bahnanschlusses hinweggesetzt. Entsprechende Kapazitätsprüfungen liefen bei der Deutschen Bahn aber erst jetzt, macht die Grünen-Abgeordnete deutlich.

Offene Fragen

Offene Fragen wie diese müssten schnellstmöglich beantwortet werden – nicht erst im Zuge der Umweltverträglichkeitsprüfung im Genehmigungsverfahren. Die Menschen im Kreis Höxter könnten von der Landesregierung erwarten, dass diese sich für eine objektive, transparente Standortsuche einsetze, findet auch Kreisgeschäftsführer Ludger Roters: „Diese Erwartung wird bisher jedenfalls enttäuscht, wie die Antwort der Landesregierung zeigt."

Dirk Wilhelm, Sprecher des Vereins Atomfreies Dreiländereck, ist ebenfalls enttäuscht von der mangelnden Rückendeckung der Landesregierung: „In Düsseldorf taucht man ab und verweist auf den zuständigen Bund", kommentiert er. Ganz anders verfahre man auf niedersächsischer Seite: Es sei schon bezeichnend, dass im Hannoveraner Landtag Anträge zu neuerlichen Prüfung der Standortfindung eingebracht und offene Briefe an den Staatssekretär des Bundesumweltministeriums um Begutachtung der Logistik verfasst würden.

Versprechen beruhigt keineswegs

„Die Antwort der Landesregierung NRW übernimmt dagegen lediglich Altbekanntes aus der Feder der BGZ, offenkundig ohne die Kritik aus der Region betrachtet zu haben", meint Dirk Wilhelm. Das Schreiben aus Düsseldorf hätte genauso auch in Essen erstellt werden können, wo die BGZ ihren Sitz hat. „Liegt es an der räumlichen Nähe", fragt sich der Sprecher der Bürgerinitiative im Dreiländereck.

Es werde in Düsseldorf ignoriert, dass sich gleich drei Landkreise und etliche Kommunen einstimmig in Resolutionen gegen das Vorhaben ausgesprochen hätten. „Das sollte für die Landesregierung zumindest Motivation sein, sich umfassend mit den Bedenken zu beschäftigen", fordert der Verein Atomfreies Dreiländereck. Soweit Dirk Wilhelm sich erinnern kann, habe es in der Vergangenheit noch nie eine so deutliche Positionierung über Partei-, Stadt-, Kreis- und Landesgrenzen hinweg gegeben.

Ihn alarmiert die enorme Platzkapazität

Das schriftliche Versprechen von Staatssekretär Jochen Fasbarth, dass Würgassen kein Endlager werden soll, beruhigt Wilhelm keineswegs. Ihm sei klar, dass es nur ein unterirdisches Endlager geben könne. "Unsere Befürchtung ist eher, dass Würgassen zur ewigen Drehscheibe für Atommüll in Deutschland und damit zum ewigen Zwischenlager werden könnte", sagt der Drenker. Ihn alarmiert die enorme Platzkapazität, die in Würgassen vorgehalten werden soll.

Das Endlager Konrad habe nur eine Kapazität von etwa 300.000 Kubikmetern, insgesamt gebe es aber in Deutschland geschätzte 600.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle - und täglich komme neuer Müll aus der immer noch aktiven Atomindustrie hinzu. Aktuell suche man deswegen gerade einen Standort für ein weiteres Endlager zusätzlich zu dem geplanten in Salzgitter. "Deswegen muss man die aktuelle Aussage, dass Würgassen geschlossen wird, wenn Konrad voll ist, mit größter Skepsis betrachten", warnt Wilhelm. Was Zusagen wie die von Fasbarth wert seien, sehe man gerade am Beispiel des Zwischenlagers Ahaus. Dort wurde kürzlich die für Betriebsgenehmigung drei Tage vor Ablauf um weitere 37 Jahre verlängert.