Auszeichnungen für das Kino in Bad Driburg: „Es ist ein Kulturort“

Sie haben in der vergangenen Woche zwei Kinopreise bekommen. Was bedeuten diese Preise für sie? Thomas Wirth: Es gab zwei Preise für uns: Einmal in Karlsruhe einen vom Staatsminister für Kultur und Medien und eine Woche später in Köln von der Filmstiftung NRW. Von beiden sind wir ausgezeichnet worden – und das ist wichtig für unsere Arbeit. Denn da werden Filmkunstkinos ausgezeichnet und darauf legen wir in letzter Zeit schon unseren Schwerpunkt. Also auf Arthouse-Filme? Thomas Wirth: Draußen steht Filmkunst- und Familienkino. Wir geben der Filmkunst ihren Platz, aber sorgen auch dafür, dass die Bad Driburger Familien mit Kindern einen kurzen Weg ins Kino haben. Das ist uns schon sehr wichtig. Elina Wirth: Die Preise sind ja eine jährliche Unterstützung für die Kinos in der Branche und für unabhängige Kinos, die einen Schwerpunkt auf europäische anspruchsvolle Filme legen. Immer mehr Leute haben Zuhause sehr große Flachbildfernseher und gute Soundanlagen mit ordentlich Wumms. Braucht es da überhaupt noch Kinos? Elina Wirth: Das braucht es ja eher für Actionkracher. Die zeigen wir ja fast gar nicht mehr. Aber das Kino ist ein Kulturort, an dem man zusammenkommt und gemeinsam mit anderen Leuten in einem dunklen Raum sitzt – ohne Ablenkung im Idealfall. Und das hat man zu Hause nicht, selbst wenn man den tollsten und größten Kinokeller hat. Man kann halt immer rausgehen und noch schnell was erledigen. Im Kino kann niemand auf Pause drücken. Man muss dann sitzen bleiben. Sehen Sie Streamingdienste dann gar nicht als Konkurrenz? Elina Wirth: Ja, es ist irgendwo eine Konkurrenz, natürlich. Thomas Wirth: Ich sehe sie aber eher als Konkurrenz fürs Fernsehen. Dafür wird halt weniger ARD geschaut oder RTL. Kino ist einfach eine ganz andere Liga, man geht dafür Außerhaus. Würden wir uns beschweren, wäre das so, als würde sich ein Gastronom darüber aufregen, dass der Supermarkt Lebensmittel verkauft. Wenn jemand zu Hause kochen möchte, kann er das machen, dennoch geht er gern mal aus, ins Restaurant. Lesen Sie auch: Bad Driburger Kino mit Kinoprogrammpreis geehrt Welcher Film sollte unbedingt im Kino geschaut werden? Elina Wirth: Alle natürlich. Aber es gibt halt Filme (lacht), die funktionieren nur im Kino. Zum Beispiel “In die Sonne schauen”. Das ist ja ein magischer Film, der den Zuschauer in den Bann ziehen kann. Aber ich würde sagen, im Fernsehen kann man den nicht schauen. Was fasziniert sie selbst an der Kinokultur? Thomas Wirth: Wir verkaufen etwas, das nicht zur Last fällt danach, etwas, das man nicht wieder entsorgen muss: Man verkauft einen Traum, einen schönen Abend. Hinterher hat man nicht etwas gekauft, das ... Elina Wirth: Im Weg herumsteht ... Warum braucht eine Stadt wie Bad Driburg ein Kino? Thomas Wirth: Bad Driburg ist eine Kurstadt und es gibt viele Kurgäste, die abends nicht zu Freunden gehen können oder so. Elina Wirth: Es braucht auch ein Kino in Städten, die keine Kurstädte sind. Ein Kino erhöht ganz stark die kulturelle Vielfalt. Es ist einfach ein Kulturort in der Stadt, der jeder Kleinstadt zu wünschen wäre, dass sie solch einen Begegnungsort hat. Wir geben ja den Leuten im Umkreis auch eine Bühne, wenn die etwas mitteilen wollen – zum Beispiel war am Tag der seelischen Gesundheit jetzt das Gesundheitsamt des Kreises Höxter da. Worauf sind sie als langjährige Kinobetreiber in Bad Driburg besonders stolz? Elina Wirth: Ich und stolz (lacht). Dass wir so lang durchgehalten haben. Und was war die größte Herausforderung? Thomas Wirth: Die größte Herausforderung wird sein, irgendwann jemanden zu finden, der es weiter macht. Wir hätten gern, dass uns das gelingt, denn wir haben uns da etwas aufgebaut, an dem viel Herzblut hängt. Wie alt sind Sie? Ich bin jetzt 63 und denke häufiger darüber nach. Unsere Kinder machen etwas anderes, es wäre schön, wenn das Kino so erhalten bliebe. Aber das ist halt ein Wunsch, wir strengen uns an dafür, dass es in dem Stil weiterbetrieben werden kann. Wenn es nicht klappen sollte, können wir es nicht ändern. Dann gab es halt 30 Jahre lang gutes Kino in Bad Driburg. Elina Wirth: Was beim Kinobetreiben mit wenig Sälen in einer Kleinstadt allgemein das Problem ist, ist, wenn man Filme von großen Verleihen wie Disney spielt. Die haben unverschämte Bedingungen. Die sagen der Film muss vier Wochen in einem Saal laufen und da darf nichts anderes laufen. Das ist nicht schön. Passend dazu: Kino-Unternehmerfamilie verabschiedet sich nach 50 Jahren aus Höxter Hat sich das zuletzt verstärkt? Thomas Wirth: Doch schon. Disney hat einen Marktanteil von über 50 Prozent weltweit. Wenn man auf die verzichtet, dann sind da halt viele Filme dabei, die das Publikum sehen will. Die haben aber so eine America-First-Strategie, dann muss alles andere den Saal räumen. Das ist immer ein Balanceakt, wie weit man sich darauf einlässt oder auf größere Filme auch mal verzichtet. Wobei dann durchaus Filme dabei sind, die wir gern spielen würden. War es schwierig, das Kino in Bad Driburg zu etablieren? Thomas Wirth: Wir haben es ja übernommen, es gab das Kino ja schon. Wir haben es nur in Richtung unseres Stils umgebaut. Elina Wirth: Dadurch, dass wir sehr lange anspruchsvolle Filme zeigen, kommen mehr Leute aus Paderborn oder aus dem weiteren Umfeld. Allerdings sind die Besucherzahlen in der Branche auch niedriger geworden – aber dafür sind ja die Fördergelder da, die braucht man deshalb schon. Thomas Wirth: Man kann eine Familie davon gut ernähren, es ist ein schöner Familienbetrieb, unabhängig von irgendwelchen Ketten. Aber man muss schon im Team arbeiten, allein ist es zu viel. Lesen Sie auch: Borgentreicher Kinobetreiber erleben Kinoabend mit Bundespräsident Steinmeier in Berlin

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