Bad Driburger greift Zugbegleiterin an: „Er hatte sehr, sehr lange Fingernägel“

Bad Driburg. Vor Gericht kann es schon mal unappetitlich werden, wenn schlimme Verbrechen bis ins Detail aufgearbeitet werden müssen. Dass die schaurigsten Geschichten allerdings in der Pause, wenn alle auf das Gericht warten, erzählt werden, ist selten. Vielleicht war es das bevorstehende Halloween-Fest, das den Gerichtsgutachter in Stimmung brachte. &bdquo;Die Nosferatu-Spinne ist in Gütersloh angekommen“, berichtet er dem Saal 106 im Paderborner Landgericht. &bdquo;Die ist so groß wie eine Hauswinkelspinne“, erläutert der Gutachter dem interessiert lauschenden Verteidiger und formt aus beiden Zeigefingern und Daumen einen Kreis. Doch während die Hauswinkelspinne einen kleinen Körper und lange Beine habe, sei der Körper der Nosferatu-Spinne &bdquo;so groß“, erklärt der Gutachter und hält seinen kleinen Finger hoch. Während er die normalen Spinnen mit der Hand raustrage, warne er davor, die ausgewachsene Nosferatu-Spinne anzufassen. Denn die beiße. &bdquo;Ich musste sie mit einer Zeitung nach draußen dirigieren.“ Staatsanwältin und Protokollantin sind um ein Lächeln bemüht. &bdquo;Bei dieser Erzählung wäre meine Frau auf der Stelle in Ohnmacht gefallen“, wirft der Verteidiger ein. Der Gutachter nickt: &bdquo;Meine zweite Tochter auch.“ Nach einer kleinen Pause fährt er fort: &bdquo;Es sollen auch russische oder südkaukasische Taranteln auf dem Weg nach Süddeutschland sein“, sagt der Gutachter und zeigt mit seinen Händen ziemlich große Spinnenausmaße. &bdquo;Das muss ja nun nicht sein“, meint die Staatsanwältin. Verwechslungsgefahr: Das unterscheidet die Hauswinkel- von der Nosferatu-Spinne Bad Driburger sieht Blut aus seinen Wohnungswänden laufen Weitere Schauergeschichten von achtbeinigen Erdenbewohnern bleiben ihr erspart, denn dann geht die Verhandlung gegen Rafi M. (Name geändert) weiter. Der 28-Jährige ist in den vergangenen Jahren immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Allerdings geht es für den Bad Driburger vorm Landgericht nicht um Schuld- oder Freispruch, sondern um die Sicherungsverwahrung. Denn der 28-Jährige ist offensichtlich krank. Ein Polizeibeamter, der Rafi M. seit Jahren kennt, erinnert sich an die ersten Polizeieinsätze bei M. zu Hause. &bdquo;Da hat er selbst angerufen, es wäre jemand in seiner Wohnung oder es würde Blut aus den Wänden laufen“, schildert der 35 Jahre alte Polizist. Irgendwann sei Rafi M. aggressiver geworden, zunächst sei es bei verbalen Attacken gegen andere geblieben, später ging er auch körperlich auf Mitmenschen los. Einige solcher Taten stehen auch vor dem Landgericht Paderborn im Fokus. Zugbegleiterin kennt den Bad Driburger zu Genüge 30. Dezember 2024: Die Zugbegleiterin Ivana Y., 55 Jahre alt, hat gerade ihre Schicht begonnen, als ihr Rafi M. unter den Fahrgästen Richtung Höxter auffiel. &bdquo;Ich kannte ihn von früher“, berichtet sie dem Gericht, &bdquo;ich wusste, er fährt schwarz“. Häufig, sagt sie, habe sie den Bad Driburger einfach nicht kontrolliert, denn von Kolleginnen und Kollegen hatte sie gehört, dass Rafi M. gewalttätig werden könne. Sie selbst habe ihn auch schon aggressiv erlebt, aber auch krank oder verwirrt. &bdquo;Einmal saß er im Winter halb nackt nur mit einer Wollmütze und einer Wolldecke im Zug“, erinnert sie sich. Auch interessant: Psychiaterin Nahlah Saimeh spricht über kranke Straftäter Dieses Mal, kurz vor dem Jahreswechsel, spricht sie den Bad Driburger jedoch an. &bdquo;Er hat ganz starr nach vorne geguckt“, erinnert sich Ivana Y., &bdquo;es dauerte drei, vier Sekunden, bis er auf mich reagiert hat“. Ganz plötzlich sei Rafi M. auf sie los gegangen. Aus dem Nichts. Mit den Händen habe er versucht, ihr Gesicht, ihre Augen, zu erwischen. &bdquo;Er hatte sehr, sehr lange Fingernägel, ungewöhnlich lang für einen Mann“, erinnert sich die Zugbegleiterin. Die 55-Jährige sei zurückgewichen, da habe Rafi M. versucht, sie in die Bauchgegend zu boxen. &bdquo;Erwischt hat er mich nicht, aber es war ganz haarscharf.“ Sie wirft sich auf dem Zeugenstuhl inmitten des Gerichtssaals sitzend von links nach rechts, als müsste sie erneut unsichtbaren Schlägen ausweichen. Ein Fahrgast kommt der Frau im Zug zu Hilfe, sie kann Schutz bei Kollegen suchen und die Polizei rufen. Zwei Tage nach dem Angriff sehen Opfer und Täter sich wieder Am Bahnhof in Ottbergen warten die Beamten auf Rafi M. &bdquo;Die Kommunikation mit ihm war sehr schwierig“, erinnert sich ein Höxteraner Polizist im Zeugenstand. &bdquo;Er machte einen psychisch auffälligen Eindruck, wirkte abwesend, als ob er gar nicht merkt, was um ihn herum los ist“, beschreibt der 25-jährige Polizist. Auch er habe Rafi M. schon zuvor gekannt. Er sei seinetwegen einmal in eine Asylunterkunft in Brakel gerufen worden, wo der Bad Driburger eigentlich gar nichts zu suchen hatte. &bdquo;Er saß auf einer Waschmaschine und wollte nicht weg.“ True-Crime aus OWL: Alles zum NW-Podcast Ivana Y. muss sich nach der Begegnung im Zug erst mal beruhigen, ehe sie ihre Schicht an dem Dezembertag beenden kann. Auch wenn Rafi M.s Schläge sie nicht erwischt haben, hat der Vorfall Spuren hinterlassen. &bdquo;Jetzt, wenn ich ihn sehe, werde ich aufgeregt“, sagt die 55-Jährige unter Tränen. Es ist nicht das erste Mal, dass sie Rafi M. seit dem 30. Dezember wiedersieht. &bdquo;Zwei Tage später, am 1. oder 2. Januar saß er wieder im Zug, mit dem Kopf nach unten“, erzählt sie. Als sie an ihm vorbeigelaufen sei, &bdquo;da hat er mich ganz böse angeschaut“. Auch jetzt schaut der 28-Jährige meist nach unten. Aussagen wollte er nicht und hatte zu Beginn der Verhandlung auch nur die Region in Afghanistan genannt, in der er geboren wurde. Allerdings hatte er seine behandelnden Ärzte, die noch aussagen werden, von der Schweigepflicht entbunden. Rafi M. ist derzeit im LWL-Zentrum für Forensische Psychiatrie in Lippstadt untergebracht. Die Neue Westfälische berichtet weiter.

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