Mit einem Schlag ist alles anders: So handelt man beim Schlaganfall richtig

Bad Driburg. Wie so vielen war ihm das Risiko eines Schlaganfalls nicht bewusst, hatte sich mit dem Thema nicht befasst, bis es ihm selbst passierte. Es sollte eigentlich ein normaler Morgen sein, im Jahr 2017. Martin Viertmann, damals kurz vor dem 80. Lebensjahr, wollte gegen acht Uhr morgens aufstehen, als er mit seinem rechten Bein scheinbar ins Leere tritt. "Das ist aber komisch", dachte sich Viertmann und ließ sich für eine weitere Viertelstunde ins Bett fallen. Heute weiß er: "So, wie ich damals gehandelt habe, war es total verkehrt. Das hätte schlimm ausgehen können." Direkt beim ersten Verdacht, dass etwas nicht stimmt, hätte er die 112 anrufen sollen, sagt er heute. Stattdessen probierte er es ein zweites Mal und dann klappte das Aufstehen. Er konnte sich fertig machen und dann langsam in die Küche gehen. Aber als er dann die Kaffeetasse zum Wohnzimmer bringen wollte, versagte sein rechter Arm. "Er ist einfach wieder mit Tasse in der Hand auf den Tisch gefallen. Erst da habe ich gewusst, dass ich jetzt in Behandlung muss", sagt Viertmann. Er rief seine Frau und Tochter zu sich. Einen Krankenwagen hielt er nicht für notwendig, schließlich war ein Teil der Lähmung wieder weg. Also fuhr ihn seine Tochter ins Brüderkrankenhaus nach Paderborn. Hier wurde er schon oft operiert, da kennen sie ihn. "Noch ein Fehler, denn auf der Fahrt nach Paderborn hätte mich ein zweiter Schlag treffen können, der womöglich schlimmer ausgefallen wäre", sagt Viertmann. In Paderborn kamen die Ärzte schnell auf den Verdacht, dass es ein Schlaganfall gewesen sein könnte. Dann ging es für den heute 85-Jährigen doch noch in einen Rettungswagen, der ihn ins St.-Vincenz-Krankenhaus brachte. Nach Untersuchungen, CT und MRT ist klar: Martin Viertmann hatte einen Schlaganfall erlitten. Sobald Symptome auftreten: 112 wählen Heute ist er besser informiert. Etliche Ordner, eine ganze Festplatte und über 500 Filme voller Informationen hat er im Laufe der vergangenen fünf Jahre zusammen gesammelt. "Heute weiß ich, sobald man Symptome bemerkt, egal ob sie wieder abklingen oder nicht, sofort einen Rettungswagen rufen." Symptome können sein: Halbseitige oder zweiseitige Lähmung, Sprachstörungen, Probleme beim Schlucken oder Sehstörungen. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Erfolgsaussichten. Viertmann habe sich wieder ganz gut erholt. Hin und wieder leide er an leichtem Schwindel, ansonsten gehe es ihm gut. Noch im selben Jahr seines Schlaganfalls gründete er die Schlaganfall-Selbsthilfegruppe Bad Driburg. Denn nach seinem Krankenhausaufenthalt passierte etwas, das ihn sehr verärgerte. "Mir wurde eine Reha empfohlen, die von der Krankenkasse abgelehnt wurde. Nach meinem Widerspruch bekam ich dann doch zwei Wochen Reha zugesprochen", sagt Viertmann. Doch der Chefarzt war der Ansicht, dass zwei Wochen nicht ausreichen würde, woraufhin der 85-Jährige zwei weitere Wochen beantragte. Auch dieser Antrag wurde erst nach einer Ablehnung und einem Widerspruch angenommen. Das war einer der Gründe, warum er sich entschied, eine Selbsthilfegruppe zu gründen. "Ich kenne mich aus meinem Berufsleben mit solchen Anträgen aus. Andere wiederum nicht. Hier kann eine Selbsthilfegruppe sehr gut helfen." Und da es etwas Vergleichbares in Bad Driburg nicht gab, gründete er sie einfach selbst. Mit der Selbsthilfegruppe Wissen vermitteln Der zweite Grund für eine Selbsthilfegruppe war die Neugier, warum es gerade ihn getroffen hat. "Ich rauche nicht, ich trinke nicht. Ich habe zwar Diabetes, was ich aber ohne Medikamente allein mit gesunder Ernährung in den Griff kriege", sagt Viertmann. Auch darüber redet er mit seiner Selbsthilfegruppe - was kann ich tun, damit das nicht wieder passiert. "Es geht darum, Wissen zu vermitteln. Dazu halte ich selbst Vorträge, lade aber auch mal Mediziner ein." Betroffene und ihre Angehörige können zudem Fragen klären, wie Anträge bei der Krankenkasse, wo es Unterstützung gibt, welche Medikamente wie eingenommen werden müssen oder wie körperliche Defizite überwunden werden können. Denn alle teilen sich das gleiche Schicksal und können mit ihrem Wissen weiterhelfen. Die Gruppe besteht derzeit aus 15 Mitgliedern, doch jeder Betroffene und jeder Angehörige ist willkommen. An jedem letzten Donnerstag im Monat treffen sie sich um 16 Uhr im Gemeindesaal der evangelischen Kirchengemeinde, Brunnenstraße 10 in Bad Driburg. Doch Martin Viertmann hat noch eine Bitte: "Spätestens im Januar werde ich den Vorsitz abgeben, weil ich das gesundheitlich nicht mehr schaffe. Dafür suche ich noch einen Nachfolger, der meine Aufgaben übernimmt." Sein Nachfolger sollte Menschen über ein gesundes Leben aufklären, mit Computern umgehen können und die Gruppe organisieren. "Informationen habe ich genug, an Vorarbeit muss nicht mehr viel gemacht werden. Ich bleibe der Gruppe auch weiter erhalten und kann den nächsten dann einarbeiten. Aber es ist wichtig, dass jemand an meine Stelle tritt, denn sonst wird die Gruppe geschlossen." Kontaktdaten sowie weitere Informationen zu der Gruppe und der Krankheit selbst hat Martin Viertmann unter www.schlaganfall-shg-bad-driburg.de zusammengestellt.

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