Hunderte leiden an Long-Covid: Folgen der Pandemie im Kreis Höxter

Kreis Höxter. Corona. Es klingt weit weg, doch viele Menschen im Kreis Höxter leiden noch heute massiv unter den Folgen. Und es kommen immer noch neue Patienten mit schwerwiegenden Verläufen hinzu. Die Pandemie ist längst noch nicht vorbei, sagt Mirko Niederprüm aus Höxter. Also Betroffener steht er mit seinem Long-Covid-Netzwerk zahlreichen Betroffenen zur Seite. Und er hat klare Forderungen, was jetzt passieren muss. Es war vor genau fünf Jahren: Am 14. März meldete der Kreis Höxter seinen ersten offiziellen Corona-Patienten. Danach veränderte sich die Welt binnen Tagen in einer nie zuvor gekannten Weise. Schulschließungen, Zwangs-Homeoffice, Klopapiermangel – das öffentliche Leben brach für Monate zusammen. Alles eine Anekdote von gestern, die man am liebsten verdrängt? Viele können das nicht, sagt Mirko Niederprüm. Und der Höxteraner will es nicht. Er selbst leidet an den Langzeitfolgen einer Infektion, ist anerkannter Long-Covid-Patient. Der gelernte Industriemechaniker ist überzeugt, sich das Virus bereits im Dezember 2019 auf Montage in Italien eingefangen zu haben. 500 Long-Covid-Betroffene im Kreis Höxter Er hält es für eine Grippe, fühlt sich dauerhaft geschwächt. Monate später folgt ein kleiner Schlaganfall. Es folgen Intensivstation und Reha, wo er sich nachweislich nochmals mit dem Coronavirus ansteckt. Die Beschwerden gehen nicht mehr weg. Von da an ist nichts mehr, wie es war. Lesen Sie auch: Höxteraner Gesundheitsamtsleiter zieht Bilanz der Corona-Pandemie Dauerhafte körperliche und mentale Erschöpfung. An manchen Tagen schafft er es kaum, die Treppe in seiner Wohnung nach oben zu gehen, es fällt ihm schwer, sich zu konzentrieren. Eine weitere Reha folgt. Wie Niederprüm geht es vielen im Kreis Höxter. Der 49-Jährige wollte sein Leiden nicht verschweigen und die wenige Kraft, die ihm blieb, nutzen, um anderen Betroffenen zu helfen. Allein im Kreis Höxter betreue das Long-Covid-Netzwerk inzwischen über 500 Menschen. Viele Leidenswege bei Long-Covid-Patienten Sie treffen sich in fünf Selbsthilfegruppen in der Region. &bdquo;Eine sechste soll bald in Warburg entstehen“, kündigt er an. Denn noch immer gebe es Corona-Infektionen mit schwerwiegenden Folgen. Regelmäßig erreichen ihn neue Anfragen. &bdquo;In der Regel rund ein dreiviertel Jahr später“, sagt er über Großveranstaltungen und prognostiziert nach den tollen Karnevalstagen im Februar für den Spätherbst einen größeren Zulauf Betroffener. Long-Covid-Experte aus Höxter: &bdquo;Ich hätte es mir einfacher gewünscht“ Die Spannbreite des Leidens ist groß. Manche sind &bdquo;nur“ tageweise erschöpft, andere haben massive Nervenschmerzen oder &bdquo;Gehirnnebel“, wieder andere werden zum Pflegefall und können das Bett gar nicht mehr verlassen. Viele können ihrer Arbeit nicht mehr in gewohnter Weise nachgehen. Das Problem: Die Medizin weiß, dass es &bdquo;Long Covid“ gibt und die Beschwerden real sind – eine gesicherte Diagnose fällt aber immer noch schwer. Es lässt sich eben nicht einfach mit einem Bluttest nachweisen, sondern braucht ein aufwendiges ärztliches Gutachten. Die einen haben eher neurologische Beschwerden, die anderen eher kardiologische. Die Abgrenzung zu anderen Krankheiten ist kaum möglich. Unterstützung durch Selbsthilfegruppen im Kreis Höxter Das Long-Covid-Netzwerk und die Selbsthilfegruppen wollen Betroffenen helfen – mit Tipps für Arzt- und Arbeitsamtbesuche, aber auch ganz praktischer Unterstützung im Alltag. Beispielsweise Einkaufen. &bdquo;In unseren Long-Covid-Selbsthilfegruppen teilen wir unsere Erfahrungen und geben uns Tipps, um den Weg zur Diagnose und Behandlung von Long Covid zu erleichtern“, sagt Niederprüm. Oft, aber nicht immer helfe etwa Reha-Sport, um die körperliche Fitness und Ausdauer wieder zu verbessern. Niederprüm warnt davor, sich zu überfordern, stattdessen die eigenen Grenzen zu respektieren. Auch er habe das lernen müssen. Er ist inzwischen anerkannter Gesundheitscoach. Das ist ihm wichtig, um andere Betroffene richtig unterstützen zu können. Long-Covid-Ambulanzen gefordert Neben der ganz praktischen Hilfe kämpft das Netzwerk auch auf politischer Ebene. &bdquo;Die Versorgungsstruktur ist immer noch mangelhaft. Es fehlt an Long-Covid-Ambulanzen“, sagt Niederprüm. Und er bemängelt, dass es bei der Ärzteschaft bisher wenig Verständnis für das Thema gebe. &bdquo;Viele kennen sich mit der Thematik nicht aus und können entsprechend keine Empfehlungen aussprechen“, erklärt Niederprüm. Gemeinsam mit dem Gesundheitsamt des Kreises Höxter habe er einen Runden Tisch zu Long Covid initiieren wollen. Er ist bisher am mangelnden Interesse gescheitert. Doch Aufgeben kommt für Niederprüm nicht infrage. Idee eines Höxteraners mit Long Covid: Pläne für besonderes Gesundheitszentrum Und so arbeitet er auch weiter an der Idee eines speziellen Unterstützungszentrum in der Region, das Betroffenen eine umfassende Erstberatung und Behandlung bietet. Ein solches Zentrum solle sich auf die spezifischen Bedürfnisse von chronischen Patientinnen und Patienten speziell auch Long Covid und ME/CFS konzentrieren und ihnen dabei helfen, ihre Symptome zu bewältigen, die Genesung zu fördern und wieder zu einem möglichst normalen Leben zurückzufinden. Das Vorhaben ist dabei gar nicht neu: Es gab mal eine Long- beziehungsweise Post-Covid-Ambulanz in der Region – in Lemgo. Wartezeit: über ein Jahr. Das zeige, wie groß der Bedarf sei. Aber Lemgo ist längst wieder geschlossen. Infostand in der Sparkasse Höxter Offiziell wird an die Long-Covid-Patienten am 15. März, dem &bdquo;International Long Covid Awareness Day“, erinnert. Bereits am Freitag, 14. März, ist das heimische Long-Covid-Netzwerk mit einem Infostand in der Sparkasse Höxter präsent. &bdquo;Ziel ist es, über Long Covid, ME/CFS und die damit verbundenen Herausforderungen aufzuklären sowie Betroffene und Angehörige über Hilfsangebote zu informieren“, so Niederprüm.

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