Nachbarschaftsmord in Spenge: 37-Jähriger muss nach „bestialischer“ Tötung in Psychiatrie

Spenge/Bielefeld. &bdquo;Der des Mordes verdächtige Angeklagte wird freigesprochen. Es wird die Unterbringung in ein psychiatrisches Krankenhaus angeordnet. Er trägt die Kosten des Verfahrens“, urteilt am Mittwochvormittag der Vorsitzende Richter Sven-Helge Kleine. An fünf Verhandlungstagen vor dem Bielefelder Landgericht musste sich ein 37-Jähriger verantworten. Er hatte in den frühen Morgenstunden des 25. April einen 25-jährigen Mann auf bestialische Weise, so die Staatsanwältin Beatrice Schäfers, umgebracht. Die Beweislage war klar und der Angeklagte hatte seine Tat vor Gericht gestanden. Entsetzen über dieses Urteil war in den Gesichtern der beiden Nebenklägerinnen, der Mutter und der Schwester des Opfers, zu erkennen. Doch die Schuldunfähigkeit des Täters zum Tatzeitpunkt ließ keine andere Entscheidung des Vorsitzenden Richters zu. In der deutschen Rechtssprechung kann ein schuldunfähiger Täter nicht bestraft werden. Bei weiterer Gefährlichkeit kann die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, angeordnet werden. 37-jähriger Angeklagter litt unter Verfolgungswahn Schon zu Beginn des Prozesses wurde schnell klar, dass der 37-Jährige unter großem Verfolgungswahn litt. Es war Zufall, dass das 25-jährige Opfer erst eine Woche vorher in das Mehrfamilienhaus in Spenge eingezogen war, in dem auch sein späterer Mörder wohnte. &bdquo;Der junge Mann war zur falschen Zeit am falschen Ort“, sagte die Staatsanwältin. Dieser Gewaltausbruch hätte auch jeden anderen treffen können. Der grausame Mord hätte ein vollkommen unschuldiges Opfer getroffen. Wie an jedem Morgen machte sich der 25-Jährige auch am 25. April gegen 5.30 Uhr auf den Weg zu seiner Arbeitsstelle. Als Maschinenführer war er im Unternehmen anerkannt, war zuverlässig und beliebt. Er schloss die Wohnungstür hinter sich, nahm die Treppe und lief kurz vor der Haustür in sein Verderben. Lesen Sie auch: Messermord in Spenge: Opfer wurde willkürlich gewählt Der 37-jährige Sergj E. wartete auf das arglose Opfer vor seiner Wohnungstür im Erdgeschoss. Er hatte sich mit einer Armbrust, einem Kampfmesser sowie einem Bolzenschussgerät bewaffnet. Die Armbrust traf das Opfer in den Oberarm. 35 wuchtige Stiche in den Oberkörper, den Rücken und den Kopf waren tödlich. Mit dem Bolzenschussgerät gab er noch Schüsse auf den auf dem Boden liegenden, sterbenden Mann ab. Zwei Studiengänge abgebrochen – Lehrerberuf war sein Wunsch &bdquo;Ich bin dann in meine Wohnung zurückgegangen, um mein Handy zu holen“, berichtete er in seinem Geständnis. Er habe die Polizei angerufen, die ihn kurze Zeit später am Tatort festgenommen habe. Wer ist dieser scheinbar skrupellose Mann, der grundlos einen anderen Menschen tötete? Als Russland-Deutscher kommt er mit seinen Eltern 1993 nach Deutschland. Er macht sein Abitur und beginnt sein Studium in Paderborn. Der Lehrerberuf ist sein Wunsch. Schon bald merkt er, dass dieses Ziel nicht zu erreichen ist. Er bricht das Studium ab, schlägt sich mit Zeitarbeit über die Runden. Eine erneute Aufnahme eines Informatik-Studiums bringt er wiederum nicht zu Ende. Der Verfolgungswahn, unter dem er inzwischen leidet, wird immer gravierender: Er hört Stimmen. Kriminelle wollen ihn durch Schlafentzug zum Selbstmord treiben. Er hört im Keller eine Rüttelplatte, die mit ihrem Lärm ein Einschlafen nahezu unmöglich macht. Seine Familie, der er sich anvertraut, rät zu psychiatrischer Hilfe. Lesen Sie auch: Messermord in Spenge: Gerichtsmediziner schildert das Obduktionsergebnis Am 22. April stellt sich der neue Mieter, das spätere Opfer, bei ihm vor. Zwei Tage später hört der Angeklagte wieder Lärm im Keller. Er ist wütend und verzweifelt, befürchtet eine nie endende Verfolgung. Selbstmord oder Tötung eines anderen Menschen sind seine Lösungsmöglichkeiten für sein Dilemma. Mutter des Opfers weint im Gerichtssaal Am 25. April am frühen Morgen hat er sich entschlossen und tötet bestialisch. Seine Steuerungsfähigkeit ist vollständig aufgehoben. Er hofft, mit der Tat endlich seine Ruhe zu finden und auf seine persönlichen Probleme aufmerksam machen zu können. &bdquo;Sie haben sich große menschliche Schuld aufgebürdet“, sagt ein Nebenklagevertreter in seinem Plädoyer. &bdquo;Er hatte ein so großes Herz und hat mir Liebe gegeben. Wehrlos war er seinem Täter ausgeliefert“, weint die Mutter des Opfers vor Gericht. Der Angeklagte wischt sich Tränen aus den Augen. &bdquo;Ich bereue die Tat und wünschte, es nicht getan zu haben“, sind seine letzten Worte. Er wird sich in einem psychiatrischen Krankenhaus wiederfinden. Mutter und Schwester des Opfers werden ein Leben lang um einen geliebten Menschen trauern.

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