Hausärztemangel in Rödinghausen spitzt sich zu

Rödinghausen. Die hausärztliche Versorgung in Rödinghausen könnte in den kommenden Jahren einen kritischen Punkt erreichen. Das hat eine Präsentation der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und des Kreises Herford ergeben. Babette Andresen von der KVWL und Marius Tönsmann aus dem Bereich Gesundheitsplanung vom Kreis Herford stellten die aktuelle Situation in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates vor. Hintergrund war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie hatte zuvor einen Bericht zum aktuellen Sachstand und den konkreten Perspektiven der hausärztlichen Versorgung in der Gemeinde Rödinghausen beantragt. Bei der Betrachtung der ärztlichen Versorgung werden Gebiete in Westfalen-Lippe – wie in ganz Deutschland – in Mittelbereiche eingeteilt, erklärte Babette Andresen bei der Sitzung. Rödinghausen gehört zum &bdquo;Mittelbereich Bünde“, ebenso wie die Kommunen Bünde und Kirchlengern. Versorgung in Westfalen-Lippe sehr unterschiedlich Für diese Mittelbereiche berechnet die KVWL zum einen das Soll der ärztlichen Versorgung und zum anderen den tatsächlichen Versorgungsgrad. Beide Werte werden gegenübergestellt. Erreicht ein Mittelbereich dabei mehr als 110 Prozent, &bdquo;können sich Ärzte dort nicht einfach niederlassen, weil eine Überversorgung besteht“, erklärte Andresen. Wollen die Fachkräfte dennoch dort praktizieren, müssen sie gewisse Auflagen erfüllen. Zum Thema: So steht es um die Hausarztversorgung im Bünder Land Die hausärztliche Versorgung unterscheidet sich teilweise stark zwischen den verschiedenen Mittelbereichen in Westfalen-Lippe. Während manche Kommunen einen Versorgungsgrad von mehr als 110 Prozent aufweisen, liegt der Wert in anderen Kommunen bei 59,9 Prozent. Dort herrscht also eine Unterversorgung. Geringe Arztdichte in Rödinghausen Der Versorgungsbereich Bünde hat einen Versorgungsgrad von 105,9. &bdquo;Die hausärztliche Versorgung im Mittelbereich Bünde erfüllt das Soll“, so Andresen. Aktuell sind zwei Vollzeitstellen in Bünde, Kirchlengern und Rödinghausen vakant. Diese befinden sich laut Andresen nicht in Rödinghausen. Auf Nachfrage von Malte Schäffer (Grüne) räumte die Vertreterin der KVWL allerdings ein, dass eine Praxis in Bruchmühlen, die noch in diesem Jahr schließen wird, noch nicht bei den präsentierten Daten berücksichtigt sei. Der Versorgungsgrad wird bei der nächsten Berechnung im September also voraussichtlich niedriger sein. Außerdem berichtete Andresen, dass Rödinghausen von den drei Kommunen des Mittelbereichs Bünde die mit der geringsten Arztdichte &bdquo;und der ungünstigsten Altersstruktur“ sei. Insgesamt gibt es 47 Hausärzte im gesamten Mittelbereich Bünde. Davon sind 21, also knapp die Hälfte, älter als 60 Jahre. Auf einen Arzt müssen meist zwei neue folgen Um Nachwuchs in die Wiehengemeinde und generell den Kreis Herford zu locken, gibt es verschiedene Fördermaßnahmen vom Kreis Herford und der KVWL. Der Kreis Herford bietet zum Beispiel eine Pauschalförderung über 25.000 Euro für Neuniederlassungen oder Anstellungen an in den Gebieten, in denen ein Versorgungsbedarf bestehe, wie Marius Tönsmann in der Ratssitzung berichtete. Seit Einführung der Fördermaßnahme wurde ein Antrag für Rödinghausen bewilligt – für die Praxis von Christian Maschmann, der im April dieses Jahres die Praxis von seinem Vater übernommen hat. Zum Thema: Junge Ärztin verstärkt Bünder Praxis Allerdings reichen die Maßnahmen bisher nicht aus, alle aufgrund ihres Alters ausscheidenden Ärztinnen und Ärzte zu ersetzen. Denn insbesondere im ambulanten Sektor sei den Ärztinnen und Ärzten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehr wichtig, erklärte Andresen. Die Nachbesetzung eines &bdquo;Alt-Arztes“ erfolge daher meistens durch zwei Ärzte – weil viele der Nachwuchskräfte nicht mehr Vollzeit arbeiten wollen oder eine Gemeinschaftspraxis bevorzugen. Kritik an Fördermaßnahmen Jan Willem Rollman (Grüne), der selbst als Zahnarzt in Rödinghausen tätig ist, kritisierte, dass die Fördersummen zu niedrig seien, in Anbetracht der teils sechsstelligen Summen, die Ärzte zu Beginn in eine Praxis investieren müssen. Er fragte auch, ob die KVWL und der Kreis Herford es zumutbar finden, dass Menschen aus Rödinghausen nach Bünde fahren müssen, um ärztlich versorgt zu werden – speziell in Bezug auf ältere Patienten. &bdquo;Es ist aus subjektiver Sicht problematisch“, räumte Babette Andresen ein. &bdquo;Aber aus objektiver Sicht, in unserem System, wird das leider nicht berücksichtigt.“ Das läge an dem bundesweit einheitlichen System, nach dem sich die KVWL richten müsse. Versorgungszentrum für Rödinghausen soll geprüft werden Andrea Haack (Grüne) regte in dem Zuge die Prüfung eines kommunalen medizinischen Gesundheitszentrums für Rödinghausen an, das die Versorgungslage eventuell verbessern könnte. Ein solches Gesundheitszentrum wird von der Kommune mit finanziert. Ein Beispiel dieser Art gibt es beispielsweise seit April in Kalletal. Bürgermeister Siegfried Lux (SPD) sagte, dass er diesbezüglich bereits im Austausch mit dem Bürgermeister von Kalletal stehe, eine solche Investition aber &bdquo;nicht trivial“ sei und auch Risiken berge. Auch er sei aber bereit, sich über diese Option für Rödinghausen noch einmal gesondert zu unterhalten und sie zu prüfen.

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