Das dunkle Erbe des Jakobsbergs: Eine Löhner Geschäftsfrau und ihre Aufarbeitung der NS-Zeit

Löhne. Hélène Bangert setzt sich den Schutzhelm auf und öffnet das schwere Metalltor zum &bdquo;Dachs I“. Der Stollen im Jakobsberg in Porta Westfalica gehört zu einem System von Stollen, in dem schon vor mehr als 100 Jahren in einem unterirdischen Steinbruch der Porta-Sandstein abgebaut wurde. Aus ihm besteht auch das Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Im Jahr 1944 wurde der Stollen von KZ-Häftlingen ausgebaut. Zunächst sollten dort Flugzeugteile hergestellt werden, ab dem Sommer 1944 begannen die Verantwortlichen mit den Planungen für eine Schmierölraffinerie unter Tage. Seit 2016 werden an dem Gedenkort Führungen organisiert. Hélène Bangert engagiert sich seit vielen Jahren im Verein KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica. Sie war maßgeblich an der Konzeption der Ausstellung beteiligt. Viel Zeit investiert sie in ihr Ehrenamt. In den letzten Monaten musste sie etwas kürzer treten. Seit April ist die 37-jährige Geschäftsführerin für strategisches Marketing bei der Baumann-Group. Beklemmend ist die Atmosphäre im Stollen, in dem die Gefangenen unter menschenunwürdigen Bedingungen zur Arbeit gezwungen wurden. Unterernährt und erschöpft wurden sie von den Wachmännern angetrieben, im Stollen zu arbeiten. Nur mit dem Nötigsten bekleidet wurden sie in den Stollen geschickt, der im ganzen Jahr eine konstante Temperatur von acht Grad hat. Dazu kommt eine hohe Luftfeuchtigkeit. &bdquo;Es macht mich immer wieder sehr betroffen, wenn ich Gruppen durch den Stollen führe und ich mir bewusst mache, was hier geschehen ist“, sagt Bangert. Mit Eisenstangen geschlagen, aus reiner Willkür bestraft Thomas Lange, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte ergänzt: &bdquo;Die Behandlung der Häftlinge durch Aufseher und Zivilarbeiter war sehr brutal. So wurden sie mit Eisenstangen und Stöcken geschlagen und getreten, um sie zur Arbeit anzutreiben, zu bestrafen oder aus reiner Willkür. Wie viele Todesopfer es gab, ist bis heute unklar.“ In Porta Westfalica befanden sich drei sogenannte Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme. Etwa 2.00 Männer waren in Lagern in den Stadtteilen Lerbeck und Barkhausen untergebracht. Ein Frauenlager mit bis zu 1.000 Häftlingen war in Hausberge. In Barkhausen hatte das Lager auf dem Gelände des ehemaligen Hotels Kaiserhof seinen Standort. &bdquo;Dort waren bis zu 1.500 Männer in vierstöckigen Betten auf Strohsäcken zusammengepfercht“, sagt Thomas Lange. Lesen Sie auch: KZ-Schreckensort im Jakobsberg in Porta Westfalica soll Gedenkstätte werden In Porta Westfalica wurde über die Existenz der KZ-Außenlager lange geschwiegen. Erst ab den 1970er-Jahren gab es verschiedene Ansätze, sich dem Thema zu stellen. Im Jahr 2009 wurde der Verein gegründet. Hélène Bangert studierte damals Architektur. &bdquo;Für meine Masterarbeit hatte ich mir den Umbau ehemaligen Hotels Kaiserhof in Porta Westfalica-Barkhausen in ein Friedensforschungszentrum ausgesucht“, sagt Bangert. Es ist üblich, bei Masterarbeiten ein bestehendes Gebäude als Grundlage für eine fiktive Planung auszuwählen. Der Aufbau der Ausstellung Während der Recherchen für ihre Abschlussarbeit kam sie mit dem Verein in Kontakt. Der Stollen &bdquo;Dachs I“ liegt nur wenige 100 Meter entfernt vom Kaiserhof. Schon nach kurzer Zeit stand für die Studentin fest: &bdquo;Dieser Ort hier ist so herausragend. Ich möchte mich gerne in die Arbeit des Vereins einbringen“, erinnert sie sich. Sie wurde Mitglied im Verein und war seitdem an dessen Aufbau beteiligt. Lesen Sie auch: &bdquo;Die Vergangenheit blieb allgegenwärtig“: Als der Nazi-Terror nach Löhne kam Ein wichtiger Teil ihrer ehrenamtlichen Arbeit ist der Aufbau der Ausstellung direkt gegenüber vom Kaiserhof. &bdquo;Gemeinsam mit Thomas Lange habe ich in enger Zusammenarbeit mit der Agentur ,Ziele und Zeichen’ die Ausstellung kuratiert.“ Auf sechs Stelen und zwölf Tafeln können sich Besucherinnen und Besucher über die Geschichte der Außenlager und die Zwangsarbeit in den Stollen informieren. Auf jeder Tafel steht ein Zitat eines Häftlings. &bdquo;Es war nicht einfach, auf dem beschränkten Platz, den die Tafeln bieten, alles Wesentliche unterzubringen“, sagt Lange. Mit einem QR-Code wird man auf eine Internetseite mit der ausführlicheren Biografie des jeweiligen Häftlings geleitet. Noch intensiver werden die Besucher in den Containern mit den persönlichen Schicksalen konfrontiert. Eine Schauspielerin und ein Schauspieler haben die Texte eingesprochen. &bdquo;Die Geschichten von den Menschen zu erzählen, die hier gelitten haben, war uns sehr wichtig. So wird greifbar, was hier geschehen ist“, sagt Bangert. Die Texte sind an bestimmten Punkten in den Containern zu hören. Das Schicksal der Menschen steht im Vordergrund Über das Schicksal und Leiden der Menschen zu erzählen steht auch bei den Führungen im Stollen im Vordergrund. &bdquo;Der Stollen ist kein Industriemuseum. Natürlich geht es am Rande auch um die Technik. Dabei sollte aber niemals außer acht gelassen werden, unter welchen Bedingungen die Menschen hier gearbeitet haben“, sagt Bangert. Vor der Umsetzung des Konzepts stand eine Menge Arbeit. &bdquo;Wir haben uns regelmäßig freitags nach meinem Feierabend in einem Besprechungsraum von Bauformat im Haus Beck getroffen“, sagt sie. Ihr damaliger Chef Matthias Berens habe sofort zugesagt, als sie nach der Nutzung des Raums gefragt habe. Lesen Sie auch: Neue Stationen im Löhner Museum zeigen verdrängte Geschichte Häufig sind Schulklassen und andere Gruppen in der Gedenkstätte. Sie werden auf Sonderführungen durch den Stollen geführt und erleben die Ausstellung. &bdquo;Bei den Führungen und Gesprächen erleben wir eine sehr positive Resonanz“, sagt Lange. Das bestärke den Verein, dafür zu arbeiten, dass aus der temporären Ausstellung auf dem Platz gegenüber vom Kaiserhof und im Container eine dauerhafte Ausstellung in einem festen Gebäude wird. &bdquo;Natürlich werden wir auch oft auf die Möglichkeiten einer Gedenkstätte auf dem Gelände des Kaiserhofs angesprochen, weil eines der KZ-Außenlager dort seinen Standort hatte. Eine konkrete Planung gibt es aktuell aber nicht“, sagt Bangert. Die Zukunft des Gebäudes sei aber weiterhin unklar. Ohne ehrenamtlichen Einsatz geht nichts Ohne ehrenamtlichen Einsatz wäre die Arbeit des Vereins in der Gedenkstätte nicht möglich. &bdquo;Neben 20 Guides, die für die Führungen im Stollen intensiv geschult wurden, unterstützen uns rund 120 Helfer, die hier regelmäßig ihre Wochenenden verbringen“, sagt Lange. Im Verein engagieren sich Menschen aus der ganzen Region, nicht nur aus Porta Westfalica. Wer eine Führung durch den Stollen machen möchte, muss sich auf etwa zwei Jahre Wartezeit einstellen. &bdquo;Es sind über 7.500 Voranmeldungen vorhanden, etwa 3.000 Plätze in Führungen stehen 2025 zur Verfügung“, sagt Lange. Die lange Wartezeit kommt zustande, weil aus Gründen des Artenschutzes Führungen im Stollen nur von April bis Juli möglich sind. Auch die Ausstellung hat viele Besucher. &bdquo;Es freut uns, dass auch viele Leute sich an Tafeln informieren, wenn die Container geschlossen sind“, sagt Bangert. Wer Interesse hat, kann auf der Internetseite des Vereins Formular ausfüllen. Damit gelangt man auf die Warteliste. Dort gibt es weitere Informationen über die Gedenkstätte und die Arbeit des Vereins. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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