Schätzungsweise 400 Löhner leben unter der Armutsgrenze - weil die Rente nicht reicht

Löhne. Immer mehr Menschen beziehen Grundsicherung im Alter. Das geht aus gerade veröffentlichten Daten des Statistischen Landesamts IT NRW hervor. NRW-weit lag die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger im Jahr 2024 um 6,4 Prozent höher als im Vorjahr, die Mehrheit von ihnen sind Frauen. Auch in Löhne steigt die Zahl seit Jahren. Insgesamt gibt es zwei Typen von Grundsicherung: Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Diese erhalten Erwachsene, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen sicherstellen können und entweder dauerhaft voll erwerbsgemindert sind oder die Altersgrenze erreicht haben. Die lag im Dezember 2024 bei 66 Jahren. In NRW war die Zahl derer, die wegen Erwerbsminderung staatliche Unterstützung erhielten, in den vergangenen Jahren rückläufig. In Löhne ist die Zahl seit fünf Jahren recht stabil und schwankt zwischen 205 und 220 Empfängerinnen und Empfängern. 2024 waren es 220. Die Zahl der Menschen, die im Alter Grundsicherung beziehen, steigt jedoch gleichzeitig an. In Löhne waren es 2014 noch 190 Personen, 2019 waren es schon 227 und 2024 gab es in Löhne 290 Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung im Alter. Die Spitze des Eisbergs Diese Zahlen wirken zwar erst einmal gering, sind aber im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung im Kreis Herford unter den höchsten. Nur in Herford und in Bünde gibt es prozentual mehr Menschen, die Grundsicherung beziehen – sowohl wegen Erwerbsminderung als auch im Alter. Dennoch ist auch diese Zahl die Spitze des Eisbergs, wenn es um Altersarmut geht: Eine Studie vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt die Zahl der Rentnerinnen und Rentner, die eigentlich Grundsicherung beziehen könnten, aber es nicht tun, auf rund 60 Prozent. Der Sozialverband VdK geht sogar von 70 Prozent aus. Auf Löhne ausgerechnet würde das bedeuten, dass zu den 290 Empfängerinnen und Empfängern noch einmal mindestens 435 Personen hinzukommen könnten, die ihren Anspruch auf Grundsicherung im Alter nicht wahrnehmen. Diese Menschen leben also unter der Armutsgrenze. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford Weil die Inanspruchnahme gerade bei der Grundsicherung im Alter so gering ist, fordern Sozialverbände seit Langem, dass Grundsicherung nicht beantragt werden muss, sondern automatisch ausgezahlt wird. &bdquo;Dies wäre über eine negative Einkommenssteuer möglich und würde einen Antrag überflüssig machen. Bis dahin müssen die Verfahren vereinfacht werden. Die Anträge müssen kürzer und leichter verständlich gemacht werden“, fordert zum Beispiel VdK-Präsidentin Verena Bentele. Mehr Frauen in der Grundsicherung Wer in Löhne Grundsicherung beantragen will, macht das im städtischen Sozialamt. Dort unterstützten die Mitarbeitenden dabei, betont Stadtsprecherin Ursula Nolting. &bdquo;Die Kolleginnen und Kollegen helfen bei der Antragsstellung. Sie unterstützen auch dabei, dass am Ende das meiste dabei herauskommt.“ So sei es in manchen Fällen sinnvoller, Wohngeld zu beantragen. Ein weiterer Punkt ist statistisch auffällig: Unter denen, die im Alter auf Unterstützung zurückgreifen, ist eine Mehrheit weiblich. In der Werrestadt lag der Frauenanteil 2024 bei 58,6 Prozent. Das ist nur etwas höher als der Schnitt in NRW mit 58,2 Prozent. Auch wenn der Anteil der Empfängerinnen in den vergangenen zehn Jahren etwas abgenommen hat, schlagen sich hier immer noch die Konsequenzen unterschiedlicher Erwerbsbiografien nieder. Unbezahlte Care-Arbeit Das bestätigt auch die Löhner Gleichstellungsbeauftragte Marie Fischer. &bdquo;Das Problem fängt ja nicht erst in der Rente an, sondern viel, viel früher.“ Erziehungs- und Pflege-Zeiten, Teilzeit, Gender-Pay-Gap, Ehegattensplitting – all das sorgt dafür, dass vor allem Frauen im Alter noch einmal weniger haben. &bdquo;Im Umfeld der Familie lässt sich das finanziell vielleicht noch ausgleichen, sorgt aber nachher für große Unterschiede.“ Und nicht jede Beziehung hält bis zum Lebensende. &bdquo;Ein Mann ist keine Altersvorsorge – dieser Satz brennt sich dann doch ein“, sagt Fischer. Dass der Anteil der Frauen in der Grundsicherung im Alter in Zukunft sehr stark sinken wird, sei nur möglich, wenn die Bedingungen sich auch ändern würden. Dafür könnten unter anderem Männer stärker in Betreuungsarbeit einbezogen werden. &bdquo;Darum muss man immer auch die Männer ansprechen, wenn es um Gleichberechtigung geht“, sagt Fischer. Letztendlich aber müsste sich der Rahmen ändern, bei Steuern, Elternzeit und Kinderbetreuung. &bdquo;Und da ist der Staat am Zug.“

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