„The same procedure“ im Löhner Rat: Politischer Jahresausklang zwischen Satire und Routine

Pünktlich zum Jahresende zeigt man sich gerne von seiner besten Seite. Kinder erhoffen sich durch artiges Benehmen die Gunst von Weihnachtsmann und Co., Erwachsene entdecken per Spendenbereitschaft ihr Herz für Not leidende Menschen. Der Heiligabend ist bis zur Perfektion als Familienidyll durchgetaktet und mit sogenannten guten Vorsätzen verkünden nicht wenige einen baldigen Wandel zum besseren Menschen. Die Löhner Kommunalpolitik will da natürlich nicht hintanstehen – und stellt in der letzten Ratssitzung des Jahres ausschließlich ihre Schokoladenseite zur Schau. Was in diesem Fall aber vor allem bedeutet: Die Damen und Herren gefallen sich insbesondere selbst. Schon beim ersten Tagesordnungspunkt gerieren sich die gegenüberstehenden Lager als Kämpfer ihrer Klientele und bedienen sämtliche Klischees aus der Welt des Kabaretts. Die CDU etwa betont ihre wirtschaftliche Verantwortung, indem sie in Beschlussvorlagen auf die Darstellung finanzieller Auswirkungen in einem eigenen Kästchen drängt. Die Verwaltung hingegen bedient sich ganz hip am Jugendslang, spricht von einem besseren &bdquo;Workflow“. Was die SPD auch gleich zum Anlass nimmt, die Begründung ihres Bürgermeisters fast schon satirisch in höchsten Tönen als &bdquo;Modernisierung” zu loben, während die LBA den Begriff als beschönigende Umschreibung von &bdquo;Bequemlichkeit” bezeichnet. Was macht eigentlich die Deutsche Bahn? Aus Reihen der CDU wird derweil in einem selbstentlarvenden Beitrag verlautet, man habe gar nicht die Zeit immer die gesamte Beschlussvorlage zu durchforsten, weswegen man die Information auf einen Blick benötige. Außerdem, so sinniert sie in einem juvenilen Anflug, fehlten in den Vorlagen &bdquo;Hyperlinks”, die von der FDP aber durchaus gefunden werden. 20 Minuten später steht fest, dass alles bleiben soll, wie es ist – wenngleich sich für den Ottonormalbürger, der hier vertreten wird, auch im gegenteiligen Fall nichts geändert hätte. In der Folge überspringt der Bürgermeister versehentlich einen Tagesordnungspunkt, was vor allem seinem “Workflow” reichlich Häme beschert. Die LBA bemüht bei der Entscheidung zur finanziellen Unterstützung kirchlicher Kitas den abgenutzten Begriff der Zwei-Klassen-Gesellschaft und fordert Gerechtigkeit. Gelächter bei der SPD. Deren Antrag für einen fahrradfreundlichen Bahnhofszugang bezeichnet die Union als &bdquo;nicht bis zu Ende gedacht“, bevor sich das gesamte Gremium in einer Debatte über die Unbeweglichkeit der Deutschen Bahn verliert. Unter anderem bemängelt die LBA den &bdquo;Workflow“ des Konzerns. Bäder, Kosten, Unterstützung Bei der Diskussion um die Bäderzukunft soll nach sechs Jahren verlorener Zeit endlich ein Beschluss gefasst werden – da liegen plötzlich wieder vier Änderungsanträge auf dem Tisch. Natürlich mit langer Debatte, bei der sämtliche Argumente der vergangenen sechs Jahre wiederholt werden. Es folgt eine Sitzungsunterbrechung zur fraktionsinternen Beratung. Es wird heiß diskutiert, verhandelt, gerungen – um 20 Minuten später zu der Erkenntnis zu gelangen, dass sämtliche Anträge aufrechterhalten werden. Beim Vorschlag der CDU vermisst der Bürgermeister einen Kostenrahmen. Weil der nicht einem eigenen Kästchen angegeben ist, erkennt er die mündliche Nennung nicht an. Ein seltsamer &bdquo;Workflow“, findet die LBA. Später stimmt sie gemeinsam mit der Union gegen eine Begrenzung kostspieliger Fraktionssitzungen, bevor beide in alljährlicher Wiederholung eine Unterstützung für die Arbeit des Condega-Vereins verhindern wollen – Stichwort &bdquo;wirtschaftliche Verantwortung“. Die wiederum treibt die Christdemokraten dazu, eine Erhöhung der Grundsteuer mitzutragen und veranlasst die Bürger-Allianz, selbige zu missbilligen. The same procedure... Zum Abschluss eine gute Nachricht: Eine von den Grünen geforderte Solarbank ist in Löhne angekommen und soll im Januar auf dem Findeisenplatz aufgestellt werden. Also gerade einmal lächerliche zwei Jahre nach dem entsprechenden Antrag. Wenn das mal kein guter &bdquo;Workflow“ ist... Auf Tradition ist eben Verlass im Löhner Rat. Nach schlappen zweieinhalb Stunden Sitzung geht es zum Jahresausklang bei Kaltgetränken und belegten Brötchen. Spätestens jetzt können sich alle wieder in die Augen sehen und miteinander lachen. Eine gelöste, fast schon besinnliche Atmosphäre tritt ein. Und tief im Inneren freuen sich alle Beteiligten schon auf eine Wiederholung. &bdquo;The same procedure as last year? The same procedure as every year!“

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