Die Ewigkeit des Augenblicks: Musiker aus dem Kreis Herford veröffentlicht sein drittes Album

Löhne. Früher entsprachen sie einmal dem Zeitgeist: Männer mit Akustikgitarre, die mit eingängigen Klängen und linksintellektuellem Wortwitz ganze Konzerthallen zu füllen wussten. Heute aber, wo die heiße Schlacht am kalten Buffet längst geschlagen ist, schickt sich einer an, der angestaubten Gitarrenmusik wieder Glanz zu verleihen. &bdquo;Rio Nin“ nennt sich der heimische Musiker, der sich dem Genre mit Leib und Seele verschrieben hat - und mit nichts weiter als sechs Saiten ähnliche Emotionen hervorruft, wie die Barden der Vergangenheit. Jetzt erscheint sein neues Album. Man könnte ihn als eine Art Spätzünder beschreiben. Schließlich mussten 58 Jahre vergehen, bis er seine Musik der Öffentlichkeit präsentierte. 2020 war das, als Rio Nin mit &bdquo;For Your Ears Only“ sein Debütalbum veröffentlichte. Und dennoch: Die Bezeichnung würde dem Gitarristen aus Rödinghausen, der im echten Leben Mario Brünink heißt und an der Bertolt-Brecht-Gesamtschule in Löhne unterrichtet, nicht gerecht. Vom Liedermacher zum Akustik-Gitarristen Tatsächlich begleitet ihn Musik schon weitaus länger. &bdquo;Angefangen hat alles im Gitarrenkreis meiner Gemeinde in Nordhorn“, sagt er. Als Autodidakt war Brünink in den späten 1970er-Jahren auf den Geschmack gekommen. Hannes Wader, Reinhard Mey oder Konstantin Wecker verbreiteten seinerzeit ein musikalisches Gefühl von Aufbruch und Protest und weckten ein verschlafenes Land aus der Spießigkeit. &bdquo;Und auch ich schrieb sozialkritische Texte zu meiner Gitarrenbegleitung“, sagt Brünink. &bdquo;Mit 15 hat man der Welt eben eine Menge mitzuteilen.“ Geändert hat sich daran auch mehrere Jahrzehnte später kaum etwas. Die Darstellung aber ist zumindest bei Brünink auf einer anderen Ebene angekommen. Wo die Vorbilder der Vergangenheit ihre Gedanken in Worten zu Papier brachten, bringt Rio Nin seine Überlegungen ausschließlich zum Erklingen. Rein akustisch ist seine Musik: &bdquo;Ich will mit meiner Musik noch immer etwas bewegen“, sagt er. &bdquo;Emotionen wecken und zum Nachdenken anregen.“ Die Trilogie seines Schaffens Sein neues Album &bdquo;Eternity of the Moment“ ist dabei der vorläufige Höhepunkt dieses Ansinnens. Der Musiker selbst spricht von einer &bdquo;Trilogie“ seines Schaffens: &bdquo;Die erste Platte behandelte thematisch die Intimität des Augenblicks, das zweite Album Erinnerungen und Erfahrungen der Vergangenheit“, sagt er. &bdquo;Jetzt widme ich mich der tiefen Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: dem Jetzt.“ Zwölf Kompositionen hat Rio Nin für den neuen Tonträger ausgewählt. Und bei nahezu jeder werden Stimmungen vermittelt, die zwar eine Grundaussage haben, gleichwohl aber Raum für eigene Interpretationen bieten. Gedankliche Weiten tun sich auf, wenn Rio Nin seine Gitarre bearbeitet. Einprägsame Melodien und gezielt eingesetzte Töne, begleitet von atmosphärischen Harmonien und stimmigen Akkorden schaffen eine Atmosphäre, in der Gefühlsregungen transportiert und überwältigende Bilder erzeugt werden. &bdquo;In gewisser Weise ist das auch eine Form der Lyrik“, sagt Rio Nin. Stationen eines musikalischen Lebens Dass Emotionen die treibende Kraft hinter Rio Nins Wirken ist, verwundert da kaum: &bdquo;Am Anfang steht immer die Musik.“ Ist das Stück erst vollendet, findet sich der Titel dann fast von allein. &bdquo;Weil die Melodien in der Regel ein bestimmtes Gefühl auslösen.“ Umgekehrt funktioniert es bei Rio Nin nur selten. &bdquo;Aber zuweilen inspiriert mich auch die Natur zu Kompositionen. Dann überlege ich mir, wie man die gesehenen Bilder musikalisch darstellen kann.“ Zugute kommt ihm sein langes musikalisches Schaffen. Schon früh spielte Mario Brünink in verschiedenen Bands, widmete sich dabei zunächst dem Folk-Rock, später auch dem Jazz. In den 1980er-Jahren entdeckte er seine Liebe zur klassischen Gitarrenmusik. Es folgte ein Studium der klassischen Gitarre an der Universität Osnabrück und schließlich die Künstlerische Reifeprüfung an der Musikhochschule Detmold. Seit 1997 gibt er seine Erfahrungen und sein musikalisches Wissen als Lehrer an die Löhner Jugend weiter. Release-Konzert in Rödinghausen Bis zur Solokarriere aber sollten noch einmal 20 Jahre vergehen. Bei einer Reise nach München entstanden die ersten Kompositionen, die später auf seinem Debütalbum landen sollten. Dass es dazu überhaupt kam, verdankt Brünink seinem Schwager und dessen Hamburger Tonstudio. &bdquo;Der hat das gehört und gesagt: ,Das nehmen wir auf!’.“ Das dritte Album hat Rion Nin nun in Bielefeld aufgenommen. Darauf präsentiert der Musiker verschiedene Stilrichtungen und vielseitige Stimmungen. Und ja: Auch die Sozialkritik von früher schwingt noch ein Stück weit mit. Etwa bei &bdquo;Blue Balloon“, das sich der Erde als Lebensgrundlage widmet, oder beim aktuellen Titel &bdquo;Wish There Was Peace“. Am Sonntag, 5. Mai, präsentiert Rion Nin sein neues Werk ab 11 Uhr bei einem Release-Konzert im Haus des Gastes in Rödinghausen. Ab Freitag, 10. Mai, ist die Platte dann erhältlich - unter anderem bei Streaming-Diensten. Dort hat Rio Nin übrigens Hörer aus mehr als 120 Ländern. Ein Randaspekt, wie er betont: &bdquo;Ich möchte nicht die größtmögliche Masse ansprechen, sondern einfach nur Menschen mit meiner Musik etwas geben.“

Meistgelesen