Fehlende Zukunftsperspektive: Letzte selbstständige Fleischerei in Löhne muss schließen

Löhne. Aufschnitt in großer Auswahl, Spezialitäten vom Rind und Schwein, selbst gemachte Eintöpfe und natürlich das legendäre &bdquo;Halb und Halb“: Auf den ersten Blick ist in der Fleischerei Horst alles wie immer. Die Stimmung ist am Dienstag allerdings gedrückt. Am Montag haben Jürgen Horst und seine Schwester Ulrike Hackbarth die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber informiert, dass die Fleischerei am 31. März schließt. &bdquo;Wir haben uns diesen Schritt nicht leicht gemacht. Am Ende sprachen aber einige Gründe dafür, dass wir jetzt aufhören“, sagt Jürgen Horst. Schon lange stand, fest, dass die Fleischerei, die jetzt in dritter Generation im Familienbesitz ist, in der Familie Horst keine Nachfolger haben würde. &bdquo;Die Wahrscheinlichkeit, einen jungen Fleischermeister zu finden, der den Laden übernimmt, ist gleich Null. Der müsste direkt mindestens 500.000 Euro investieren“, sagt Jürgen Horst, dessen Großvater das Unternehmen 1959 gründete. So war schon länger vorgezeichnet, dass sie irgendwann den Schlüssel umdrehen würden. Dass es jetzt so schnell geht, hat sich Ende letzten Jahres entschieden. &bdquo;Mein Schwager, der den Partyservice leitet, möchte spätestens mit 65 aufhören. Er wird nächstes Jahr 60“, sagt Horst. Da sei klar gewesen, dass sich dringend notwendige Investitionen nicht mehr lohnen. Große Personalnot Personal zu finden, ist in der Branche äußerst schwierig. Horst fürchtet, dass sich dieses Problem in den nächsten Jahren noch verschärft. Schon für den Verkauf sei es kaum möglich, Mitarbeiterinnen zu finden. &bdquo;Vor einiger Zeit haben wir eine Mitarbeiterin eingestellt, die samstags nicht arbeiten kann. Dass uns keine andere Wahl bleibt, wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen“, sagt Jürgen Horst. Die extrem dünne Personaldecke zeigte sich auch daran, dass der Fleischergeselle bei Horst im letzten Jahr nur wenige Tage Urlaub nehmen konnte. Da habe sich viel alter Urlaub angesammelt, der noch abzubauen ist. Er selber habe nur vier Tage Urlaub gemacht. &bdquo;Das ist hier ein sehr zerbrechliches Kartenhaus. Sobald einer ausfällt, bricht alles zusammen“, sagt Horst. Neben dem Personalmangel und der fehlenden Nachfolge spiele auch das veränderte Kaufverhalten der Kunden eine Rolle. &bdquo;Es wird weniger Aufschnitt gekauft. Die Zahl der Vegetarier nimmt zu. Dazu kommt, dass sich das Geschäft auf die zweite Wochenhälfte konzentriert. Montags bis mittwochs lohnt es sich kaum zu öffnen“, sagt Ulrike Hackbarth. Kosten schießen in die Höhe An den stark frequentierten Tagen kauften die Kunden oft hochwertiges Fleisch und besonders in der Grillsaison sei samstags der Laden rappelvoll. Das reiche nicht aus, um einer problematischen Entwicklung zu begegnen. &bdquo;Die Kosten schießen unkontrolliert in die Höhe“, sagt Jürgen Horst. Das betreffe jeden Bereich: vom Strom über die Warenbeschaffung bis zu den Personalkosten. Die Entscheidung, zum 31. März zu schließen, sei eher willkürlich gewählt. Diese sei durch ihren Steuerberater beschleunigt worden. &bdquo;Wir hatten schon lange kein gutes Gefühl mehr. Er hat uns bestärkt, dass es sich eigentlich nicht mehr richtig lohnt“, sagt Horst. &bdquo;Wir haben entschieden, dass wir bis Ostern noch für unsere Kunden da sind“, sagt Ulrike Hackbarth. So könne man noch für die Bratwurst bei verschiedenen Osterfeuern der Feuerwehr sorgen. Auch der Partyservice für Veranstaltungen laufe noch bis zum Schluss. &bdquo;Wir hatten Buchungen bis ins nächste Jahr. Die habe ich gestern alle abgesagt“, sagt der Fleischermeister. Ein Stück Mennighüffen geht Die Geschwister lieben ihren Beruf trotz der hohen Belastung. &bdquo;Wir haben immer sehr gerne mit unserem Team gearbeitet. Das war wie eine große Familie. Es wäre schön gewesen, wenn wir mit denen gemeinsam in Rente hätten gehen können. Schade, dass wir das nicht schaffen.“ Vermissen werden sie auch ihre Kunden. &bdquo;Das hat im Laden immer großen Spaß gemacht. Viele Kunden kennen wir seit Jahrzehnten. Wenn wir schließen, geht auch ein Stück Mennighüffen“, sagt Ulrike Hackbarth bewegt. Die Geschwister schließen das Unternehmen mit viel Wehmut, aber auch mit einer Portion Erleichterung. &bdquo;Wir hatten nur sehr wenig Freizeit“, sagt Ulrike Hackbarth. Sie wohnt mit ihrem Ehemann über der Fleischerei. &bdquo;Die warmen Speisen für den Partyservice müssen in die Öfen“, sagt sie. Da sei es häufig vorgekommen, dass man samstagsabends unpünktlich bei Feiern von Freunden gewesen sei. Jürgen Horst wird nicht vermissen, samstags bis 14 Uhr im Laden gewesen zu sein und dann abends mit Grill und Bratwurst bei Veranstaltungen. &bdquo;Das hat mich früher nicht so stark belastet, heute steckt man das nicht mehr so weg“, sagt der 55-Jährige. Dazu komme, dass die Kunden auch fordernder seien. &bdquo;Ich habe mal an einem Samstag um 22 Uhr einen Anruf bekommen und wurde gefragt, ob ich sonntagsmittags grillen könnte. Das ist manchmal ziemlich unverschämt“. Offen für Neues Horst weiß noch nicht, wie es für ihn weiter geht. &bdquo;Ich nehme mir erst mal eine Auszeit von drei Monaten.“ Es sei noch einiges abzuwickeln. &bdquo;Und dann muss ich erst mal den Kopf frei kriegen.“ Klar ist, dass er sich nicht zur Ruhe setzen wird. &bdquo;Ich bin gespannt auf das, was kommt“, sagt er. Es sei völlig offen, ob er wieder in seinem Beruf arbeite oder etwas ganz anderes mache. &bdquo;Ich kann mir allerdings kaum vorstellen, dass ich in der Fleischerei eines Supermarkts arbeite.“ Ulrike Hackbarth denkt auch aus Sicht der Fleischgenießerin nicht gerne an den Tag der Schließung. &bdquo;Ich habe mich schon gefragt, wo ich in Zukunft unseren geräucherten Speck kaufen soll, der ist hier besonders lecker“, sagt sie. Wenn Fleischerei Horst Ende März schließt, gibt es in Löhne keine selbstständige Fleischerei mehr. &bdquo;Als ich angefangen habe, gab es noch acht Fleischer“, sagt Jürgen Horst.

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