Wie die Stadt Löhne den Haushalt sanieren will

Löhne. Sisyphus hatte es als König von Korinth nicht leicht. Nach der griechischen Sage hatte er die Götter geärgert und musste einen schweren Stein einen Berg hinauf rollen, der dann wegen seines Gewichts wieder herunter rollte. So musste er wieder von vorne anfangen, immer wieder. Ein wenig wie Sisyphus dürfte sich auch Kämmerin Andrea Linnemann fühlen. Nur kurze Zeit waren die städtischen Finanzen im grünen Bereich. Und schon ist der Haushalt wieder in der Megakrise. Die Auswirkungen wird jeder Bürger und jedes Unternehmen spüren. &bdquo;Es ging uns schon mal ganz dreckig und dann haben wir uns wieder berappelt“, fasst Andrea Linnemann mit einem Satz die Haushaltsentwicklung zwischen 2008 und 2020 zusammen. Gemeinsam mit Bürgermeister Bernd Poggemöller erläutert sie aktuelle Finanzlage der Stadt, blickt zurück und zeigt Wege aus der drohenden Überschuldung auf. 16 Millionen vom Land 2008 brachen wegen der Finanzkrise die Gewerbesteuern massiv ein. Die Folge war, dass sich 2009 ein Defizit von 13,6 Millionen Euro aufgetürmt hatte. Damals legte das Land den Stärkungspakt für die Kommunen auf, um Städte finanziell zu unterstützen, denen die Überschuldung drohte. 16,4 Millionen Euro gab es vom Land. &bdquo;Das hat uns richtig geholfen und uns auf einen guten Weg gebracht“, sagt Linnemann. Viele Jahre hat die Stadt Schulden abgebaut. &bdquo;2020 haben wir mit einem Überschuss von 7,4 Millionen Euro abgeschlossen. Von da an ging es stetig bergab“, sagt Linnemann. Die Corona-Pandemie habe zu einem krassen Einbruch der Gewerbesteuer geführt. Haushaltsexperten sprechen vom Corona-Schaden, der den Haushalt mit insgesamt 14,5 Millionen Euro belastet. Das Geld muss abbezahlt werden. &bdquo;Das macht ab 2026 über 50 Jahre jährlich eine Summe von 300.000 Euro aus“, Linnemann. Weniger Gewerbesteuer Kaum waren die Folgen der Pandemie halbwegs bewältigt, führte der Überfall Russlands auf die Ukraine zu schweren wirtschaftlichen Verwerfungen. Dazu kommt die Inflation und die Flaute auf dem Bau. &bdquo;Die Konsumzurückhaltung spüren natürlich auch die heimischen Küchenmöbelhersteller und die Zulieferer“, sagt Bürgermeister Bernd Poggemöller. &bdquo;Seit Mitte des Jahres kommt es zu einem deutlichen Rückgang bei den Gewerbesteuereinnahmen“, sagt er. Geld fehlt auch, weil die Schlüsselzuweisungen Landes geringer ausfallen. Durch die Schlüsselzuweisungen werden die Kommunen an den Steuereinnahmen des Landes beteiligt. Es fehlt nicht nur Geld, es wird auch mehr gebraucht. &bdquo;Klimaschutz, Wärmeplanung, Flüchtlingsunterbringung“, nennt Poggemöller ein paar Beispiele. Die Leistungen im Sozialbereich im Bereich von Kitas, Familien und Jugendlichen hätten sich seit 2013 fast verdoppelt. Mehr Personal Diese Aufgaben, die von Land oder Bund an die Kommunen übertragen werden, führen nicht nur zu höheren Sachausgaben. &bdquo;Wir müssen wegen der wachsenden Aufgaben auch zusätzliches Personal einstellen“, sagt er. Ein weiteres Problem ist der Anstieg der Kreisumlage. &bdquo;Die steigt im nächsten Jahr auf 780.000“, sagt Andrea Linnemann. Das Fazit: Nur wenige Jahre war die Stadt finanziell im grünen Bereich. Und jetzt ist es wieder zappenduster. Für 2024 wird mit einem Defizit von 13,6 Millionen Euro gerechnet. 2025 und 2026 wird es mit prognostizierten Fehlbeträgen von 9,9, und 8,3 Millionen Euro kaum besser. 2027 kalkuliert die Kämmerin mit einem Verlust von 11 Millionen Euro. &bdquo;Spätestens dann müssten wir die Haushaltssicherung“, sagt Poggemöller. Investitionen bleiben wichtig Die Defizite würde noch höher ausfallen, wenn nicht durch Sparmaßnahmen in jedem dieser Jahre 4,7 Millionen Euro weniger im Etat sind, als in der ursprünglichen mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen. Dabei müsse eine Kommune auch in der Lage bleiben, wichtige Investitionsprojekte umzusetzen. Der Umbau des Bahnhofs ist fest eingeplant. Der größte Teil der Gesamtkosten in Höhe von 14,5 Millionen Euro wird durch Fördermittel finanziert. Rund 4,5 Millionen Euro kostet der Neubau des Feuerwehrhauses der Löschgruppe Gohfeld-Wittel. Mehr als 30 Millionen Euro werden für das Frei- und Hallenbad veranschlagt. Auf der Liste steht ebenfalls der Neubau der Sporthalle der Gesamtschule, sowie die Sanierung des Bauteils E der Gesatmschule. &bdquo;Wir müssen Prioritäten setzen. Beim Frei- und Hallenbad müssen wir über die Standards reden und uns fragen, was wir wirklich brauchen“, nennt Poggemöller ein Beispiel. Raus aus der Schuldenfalle Die Stadt will raus aus der Schuldenfalle und fähig bleiben, zu investieren. &bdquo;Wir müssen jetzt gegensteuern“, sagt Linnemann. Der Plan ist, die Grundsteuern und die Gewerbesteuern zu erhöhen. Die Grundsteuer-Hebesatz soll von 490 auf 575 Prozent steigen. &bdquo;Wir haben die Grundsteuern seit 2016 nicht erhöht. Bisher lagen wir mit unserem Satz im Kreisvergleich im unteren Bereich. Damit sind wir dann an der Spitze. Allerdings werden auch andere Kommunen die Grundsteuern erhöhen“, sagt Poggemöller. Für den einzelnen Haushalt bedeute das bei einem Einfamilienhaus ein Mehrbetrag zwischen 35 und 58 Euro pro Jahr. Die Gewerbesteuer soll von 431 auf 450 Prozent erhöht werden. &bdquo;Da müssen wir aufpassen, dass wir an dieser Schraube nicht zu stark drehen. In Melle gibt es noch einige freie Gewerbeflächen“, sagt Poggemöller. In zehn Jahren im grünen Bereich Neben der Erhöhung von Steuern soll auch geprüft werden, ob die interkommunale Zusammenarbeit Geld sparen kann. &bdquo;Wir prüfen, ob wir die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten für die Gemeinde Hüllhorst mit übernehmen“, nennt der Bürgermeister ein Beispiel. Die Stadt sei von der Gemeinde angesprochen worden. Ziel ist, in zehn Jahren wieder im grünen Bereich zu sein. &bdquo;Bei diesem Plan sind weitere Steuererhöhungen eingeplant, um überhaupt in die Nähe der schwarzen Null zu kommen“, sagt die Kämmerin. Entscheiden muss über die Pläne der Verwaltung der Rat. Der Haushalt soll am 20. März beschlossen werden. Die Steuererhöhungen stehen bereits auf der Tagesordnung für die nächste Ratssitzung am 13. Dezember. Falls es dafür eine Mehrheit gibt, würden die erhöhten Sätze ab dem 1. Januar 2024 gelten.

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