Herforder Lebenshilfe will Löhner Wohnheim Spatzenberg übernehmen

Löhne/ Herford. Die Herforder Lebenshilfe steht in ernsthaften Verhandlungen mit der AWO OWL, das Wohnheim Spazenberg für Menschen, die von Autismus betroffen sind, in Löhne zu übernehmen. Das bestätigte Lebenshilfe-Geschäftsführer Stephan Steuernagel am Rand des Herforder Weihnachtsbasars im Alten Güterbahnhof: &bdquo;Wir sind bereit, diese wichtige Einrichtung zu übernehmen. Es gibt auch nicht viele Alternativen.“ Die AWO Ostwestfalen-Lippe befindet sich bekanntlich in finanzieller Schieflage und hat Anfang Oktober Insolvenz im Eigenverwaltungsverfahren angemeldet. Schon ein Jahr zuvor hatte die AWO OWL angekündigt, sich vom Wohnheim Spatzenberg aus finanziellen Gründen trennen zu wollen. Das Haus wurde vor 21 Jahren als einzige Behinderteneinrichtung der AWO OWL eröffnet. Die Immobilie kaufen Stephan Steuernagel ist zuversichtlich, dass der Übernahmevertrag bald unterschriftsreif ist und die Einrichtung Ende des ersten Quartals 2024 übernommen werden kann. &bdquo;Das Personal ist bereits informiert“, sagt der Geschäftsführer. &bdquo;Der Spatzenberg passt gut zu uns. Zu unserem Angebotsspektrum gehört schon das Fachzentrum Autismus. Das Wohnheim ist eine Einrichtung der Wiedereingliederungshilfe. Damit kennen wir uns besser aus als die AWO.“ Die Herforder Lebenshilfe wird die Immobilie kaufen, wenn man sich einig wird. Die Herforder Lebenshilfe wurde vor 60 Jahren als Selbsthilfe-Verein von Eltern gegründet und beschäftigt heute rund 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die rund 1.100 Menschen mit Geistigen und Mehrfachschwerst-Behinderungen in Wohneinrichtungen und Werkstätten betreut. Fachkräftemangel Auch die Lebenshilfe leidet an Fachkräftemangel. &bdquo;Wir stehen aber in der Hinsicht besser da, als Krankenpflege und Altenhilfe“, meint Steuernagel. In den beschützten Werkstätten ist die Auftragslage mit der allgemeinen Eintrübung der Wirtschaftslage schwieriger geworden. Es gibt auch vermehrt Forderungen, mehr Menschen mit Behinderungen aus den Werkstätten in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. &bdquo;Wir nutzen jede Möglichkeit, die sich bietet“, versichert Steuernagel. &bdquo;Das Potenzial unter unseren Werkstatt-Beschäftigten ist aber mit zwischen zwei und fünf Prozent gering.“ Auf dem Spatzenberg leben 29 Bewohnerinnen und Bewohner, die von 55 Mitarbeitern betreut werden. Ursprünglich wurde die Einrichtung im Jahr 1990 als einzige ihrer Art von Eltern von Kindern eröffnet, die von Autismus betroffen sind. Im Jahr 1996 übernahm die AWO die Trägerschaft der Einrichtung und baute sie kontinuierlich aus. Hier in Löhne-Ort bietet der Einrichtungsverbund Menschen mit frühkindlichem Autismus einen geschützten Wohnraum, in dem sie alt werden dürfen. Unterstützung im Alltag Zuletzt wurde 2019 ein Wohnzimmer an das Nebengebäude der Einrichtung angebaut. Vorher waren bereits drei Wohnzimmer ans Haupthaus angebaut worden. So habe man eine viel größere Lebensqualität für die acht Bewohner erreicht. &bdquo;Weitläufige Räume sind für Menschen aus dem Autismus-Spektrum sehr wichtig“, hieß es bei der Eröffnung. Die Mitarbeiter kommen aus unterschiedlichen Berufsfeldern, von Pflegern über Erzieher bis zu Therapeuten. Der Tagesablauf orientiert sich an einem normalen Alltag: Die Mitarbeiter unterstützen die Bewohner beispielsweise bei Einkäufen oder begleiten sie bei Spaziergängen. Soziale Kontakte werden gefördert, um so am Leben in einer Gemeinschaft teilzunehmen. Dadurch ermöglichen sie den Bewohnern eine eigene Selbstständigkeit und fördern das Selbstwertgefühl. &bdquo;Unsere Bewohner sind sehr individuell, gleichzeitig agil und benötigen Hilfe im Alltag“, sagte Einrichtungsleiterin Christine Dittrich zur NW im Rahmen einer Berichterstattung über den Einsatz von Bundesfreiwilligen (BUFDIS). Besondere Rede 2018 wurde das 20 jährige Bestehen der Einrichtung gefeiert. Eine beeindruckende Rede hielt Christine Preißmann. &bdquo;Unser Dasein kostet viel Kraft, sodass man einen Ort braucht, wo man sein kann, wer man ist“, sagte sie. Preißmann weiß, wovon sie spricht. Ist sie doch selbst von Autismus betroffen und erforscht als Ärztin die Wahrnehmungsbesonderheiten dieser Krankheit. Preißmann betonte den Stellenwert des Spatzenbergs: &bdquo;Ich bin begeistert, mit wie viel Respekt man hier miteinander umgeht und beeindruckt von den Eltern, die den Mut hatten, Neues zu schaffen.“

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