Oktoberfest-Veranstalter schmeißt hin: Zeit für ein "Servus" in Löhne

Alles hat seine Zeit. Der Karneval ist am Aschermittwoch vorbei, die Münchner Wiesn endet traditionell mit dem Salut der Schützen. Und ihr kleiner Bruder in der Werrestadt? Endet vor allem mit gemischten Gefühlen. Denn trotz bester Stimmung in Fahrgeschäften und Festzelt bleibt beim diesjährigen Oktoberfest ein fader Beigeschmack. Insbesondere mit Blick auf die Festlichkeiten im kommenden Jahr, deren Planung schon begonnen hat. Die nämlich zeigt - um im Duktus der Bierzeltromantik zu bleiben -, dass nicht nur die Wurst zwei Enden hat, sondern auch manche lieb gewonnene Tradition. Eigentlich hat er sich ja lange bewährt. Der ganz spezielle Dreiklang des Löhner Oktoberfests, das seit vielen Jahren auf einem Konglomerat aus Kirmes, Gewerbeschau und Festzeltparty fußt. Karussells und Fressbuden sorgen für familiäres Vergnügen, Unternehmen und Einzelhändler informieren über Trends und Technik und ausgelassene Livemusik bringt Feierstimmung auf den Festplatz. Dass die Menschen aus Löhne und Umgebung Jahr für Jahr in Massen an die Lübbecker Straße strömen, verwundert da kaum. Schließlich können sie erwarten, dass für jeden etwas dabei ist. Lorbeeren der Vergangenheit Voraussetzung für einen solchen Zuspruch aber ist nicht allein ein vorhandenes Grundkonzept. Ein solches mit Leben zu füllen, ist für die Veranstalter Aufgabe und Herausforderung zugleich. Und im Nachgang zur 41. Auflage der "tollen Tage" in Löhne wird der geneigte Beobachter das Gefühl nicht los, als habe man sich etwas zu lange auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausgeruht. Jahrelang war etwa die fränkische Band "Aischzeit" ein Garant für Besucherströme und Partylaune. Seit ihrem ersten Auftritt in Löhne im Jahr 2005 füllte sie das Festzelt regelmäßig mit Gästen, deren Zahl wuchs von 650 bei der Premiere auf zuletzt 3.500 an. Die Tickets waren meist schon wenige Stunden nach Beginn des Vorverkaufs vergriffen - so sehr freuten sich die Löhner Fans auf die Konzerte, die von althergebrachter Lederhosen- und Dirndl-Romantik samt weiß-blauen Rauten und dargebotener Maß- und Brezelkost begleitet wurden. Erste Risse werden deutlich Zuletzt aber geriet der einstige Selbstläufer dann doch ins Stocken. Noch kurz vor dem Fassbieranstich durch Bürgermeister Bernd Poggemöller zur Eröffnung des Oktoberfests waren noch Karten zu haben. Beim Konzert selbst klagten Besucher über eine ungemütliche Atmosphäre und schlechten Sound. Plötzlich war es vorbei mit der bajuwarischen Heimeligkeit in Ostwestfalen. Und jetzt sagen nicht nur die Aischzeit-Musiker für immer "Servus", weil sie getrennte Wege gehen - auch Konzertveranstalter Karl-Wilhelm Bruns schmeißt die Brocken hin. Die Entscheidung, auf einen Teil der mobilen Bauten zur Area 30 zurückzugreifen, statt in einem echten Festzelt zu feiern, hat dazu sicherlich seinen Teil beigetragen. Und vermutlich hat Bruns recht mit seiner Einschätzung, dass eine kostspielige Herrichtung der Halle für die zahlenden Gäste zu teuer wäre - erst recht mit Blick auf den ohnehin schon schleppenden Kartenvorverkauf. Ebenso denkbar ist aber auch, dass die Aneignung von Traditionen aus dem Süden der Republik einfach nicht mehr richtig ziehen will. Der Trend hat sich überlebt Sicher: Die Münchner Wiesn ist noch immer ein Exportschlager und hat in diesem Jahr wieder einmal einen Besucherrekord gebrochen. Die weltweite Nachahmung des Spektakels geht mittlerweile so weit, dass die Münchener ihr Volksfest sogar als Marke haben schützen lassen. Dass die Stadt Löhne ihren eigenen Namensvetter mit Inhalten des Originals zu füllen versuchte, lag daher seinerzeit nicht nur nahe, sondern auch im Trend. Mittlerweile aber hat sich der Trend ein Stück weit überlebt. Gerade in nördlicheren Teilen des Landes schwindet die Begeisterung für das bayrische Brimborium. Wo noch vor wenigen Jahren die Oktoberfeste nach Wiesn-Vorbild wie Pilze aus dem Boden schossen, suchen heute immer mehr Veranstalter neue Wege, die Massen zu begeistern - sei es bei Sportklubs, Schützenfesten oder Heimatvereinen. Und sind wir ehrlich: Ein bisschen befremdlich wirkte es doch schon immer, wenn der sonst oft so reservierte Ostwestfale plötzlich in bayrischer Tracht zur Blasmusik schunkelte und Pils aus Maßkrügen schlürfte. Zuweilen sogar wie ein hilfloser Versuch, eine Tradition zu etablieren, die in diesem Landstrich gar keine ist... Chance für einen Neuanfang Dennoch ist unbestreitbar, dass genau das gut zwei Jahrzehnte lang bestens funktioniert hat. Den bayerischen Charakter der Festzeltparty fortzusetzen, war für die Verantwortlichen daher wohl auch die einfachste Lösung - ebenso wie die Entscheidung, kein echtes Festzelt zu nutzen. Dass die einfachste Lösung aber nicht immer auch die beste ist, zeigt das Resultat in diesem Jahr. Vielleicht werden die Planungen für das kommende Jahr vor diesem Hintergrund ja auch zu einer echten Chance. Die Abschiede von Aischzeit und Karl-Wilhelm Bruns könnten dazu genutzt werden, die Festzeltparty zu überdenken, etwas Neues zu etablieren. Und sich auch von der bayrischen Oktoberfest-Tradition zu verabschieden. Die nämlich hat ihre Zeit ganz offensichtlich gehabt. Mehr zum Thema: Löhner Oktoberfest: Veranstalter schmeißt hin Aischzeit vorbei: Band verabschiedet sich nach 17 Oktoberfesten in Löhne

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