Wie die Wirtschaft auf Löhne blickt

Löhne. Die rote Laterne hat Löhne schon lange nicht mehr, wenn es um die wirtschaftliche Entwicklung im Kreis Herford geht. In der Standortumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) stellen 60 befragte Unternehmen mit Sitz in der Werrestadt in vielen Bereichen gute Noten aus. Es gibt aber in einigen Punkten noch Luft nach oben. Die Ergebnisse der Umfrage wurden im Forum von Nolte-Küchen vorgestellt. Dort diskutierten Unternehmer auch über den Standort. Immerhin 87 Prozent der Löhner Unternehmen beurteilen den Wirtschaftsstandort als gut oder sehr gut. 82 Prozent würden sich wieder für Löhne entscheiden, wenn es um die Frage der Ansiedlung geht. Die Umfrage wurde in allen Kommunen des Kreises Herford gemacht. Insgesamt beteiligten sich 445 Unternehmen, von denen 60 aus Löhne kommen. Wohnraum und Fachkräfte fehlen IHK-Geschäftsführer Götz Dörmann und IHK-Mitarbeiter Marco Rieso präsentierte die Studie. "Das sind gute Werte für den Wirtschaftsstandort. Dennoch gibt es bei der kommunalen Verkehrspolitik sowie bei der Höhe der Gewerbe- und Grundsteuern Verbesserungsbedarf", so der Geschäftsführer. Auch bei anderen Themen ist Luft nach oben. "Großen Handlungsbedarf sehen die Unternehmen in den Bereichen Fachkräfte, Wohnraum, Breitband und ÖPNV", sagte Dörmann. Alles in allem bewege sich Löhne im Vergleich zu den anderen Kommunen im Kreis im Mittelfeld. Diese Feststellung von Dörmann gefiel Bürgermeister Bernd Poggemöller nicht. "Mittelfeld hört sich nach Mittelmaß an. So sehen wir uns nicht", sagte er. Er räumte ein, dass Löhne bei den Steuern höher liege als andere Kommunen. "Es stimmt, wir sind keine Billigheimer. Es gibt aber auch was fürs Geld. Im Offenen Ganztag beschäftigen wir im Vergleich zu anderen Kommunen ausschließlich eigene Kräfte", sagte er. Auch gute Bedingungen für junge Familien seien wichtige Standortfaktoren. Ein Affront für den Bürgermeister Für die Attraktivität der Stadt spreche die positive Bevölkerungsentwicklung. "Seit Jahrzehnten wird uns von den Statistikern immer wieder erzählt, dass wir weniger werden. Das Gegenteil ist der Fall." Die Stadt habe längst die 40.000er-Marke überschritten. Das wolle allerdings der statistische Landesbetrieb IT NRW nicht wahrhaben. "Das empfinde ich als einen persönlichen Affront. Ab 40.000 Einwohner gibt es für den Bürgermeister nämlich einen Schnaps mehr", sagte er mit einem Augenzwinkern. Digitalisierung, Fachkräftemangel, demografische Entwicklung und bezahlbarer Wohnraum sind nach Überzeugung von Poggemöller entscheidende Punkte, an denen sich die Zukunftsfähigkeit einer Kommune festmacht. Das gelte auch für die Dekarbonisierung. "Bisher ist die Zahl der PV-Anlagen in der Stadt nur linear gewachsen. Wir müssen ins exponentielle Wachstum einsteigen." Dass Flächen wie das riesige Hallendach des Hermes-Logistikzentrums keine PV-Anlagen hätten, sei ein Unding. Das Gleiche gelte für die freien Flächen auf dem Bahngelände. "Uns wurde gesagt, dass eine Anlage dort nicht wirtschaftlich ist. Das kann nicht sein, wir werden das erneut überprüfen." Kooperation der Werbegemeinschaften Über den Wirtschaftsstandort diskutierten auch Rainer Döring, Inhaber von Expert-Döring und Vorsitzender des IHK-Handelsausschusses, Jan Ottensmeyer (Agoform), Elmar Bitter (Orthopartner) und Christian Grasmugg (Nolte-Küchen). Moderator Götz Dörmann sprach Rainer Döring darauf an, dass Löhne beim Thema Handel und Gastronomie schlechter abschneide als viele andere Kommunen. "Die Wahrnehmung ist schlechter als die tatsächliche Aufstellung", sagte Döring. Das liege an der Struktur der Stadt mit ihren beim Handel starken Ortsteilen. "Es ist uns nicht gelungen, diese Handelspotenziale entsprechend herauszustellen." Es sei sicher eine bessere Kooperation durch die Werbegemeinschaften notwendig, aber auch eine bessere Unterstützung durch das Stadtmarketing. Elmar Bitter hat sich für den Neubau seines Unternehmens Orthopartner wegen der guten Lage an der Koblenzer Straße bewusst für Löhne entschieden. Dass in der Umfrage die medizinische Versorgung nicht als Problem gesehen wurde, hat den gebürtigen Münsterländer überrascht. "Es war schon eine Herausforderung, eine Kinderärztin zu finden." Eine gute medizinische Versorgung trage defintiv zur Attraktivität eines Standorts bei. Warten auf Glasfaser Christian Grasmugg von Nolte-Küchen sieht ebenfalls Nachholbedarf beim Image der Stadt. "Das ist weniger gut als die Standortqualität. Hier kann die Stadt was tun." Als größtes Unternehmen der Stadt hat Nolte auch viel Platz auf den Hallendächern. Das soll sich ändern. "Photovoltaik ist für uns ein großes Thema. Und durch das Verheizen der Späne produzieren wir mehr Wärme als wir brauchen. In beiden Punkten können wir mit der Stadt ins Gespräch kommen." Die Probleme in der Glasfaseranbindung stehen nach den Erfahrungen von Jan Ottensmeyer beispielhaft, für das, was in Deutschland schief läuft. "Wir warten seit drei Jahren und werden immer wieder vertröstet", sagte er. Das sei ein Fehler im System. "Die Summe der Regulierungen presst uns in ein Korsett, in dem wir uns nicht mehr bewegen können." Das könne man sich nicht mehr leisten, weder in Löhne noch anderswo in Deutschland.

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