Warum ein Fachwerkhaus in Löhne abgebaut und woanders wieder aufgebaut wird

Löhne. Die Eheleute Schröder haben im Jahr 1813 gleich zwei Gründe zum Feiern gehabt. Sie erweiterten ihren Hof um ein Heuerlingshaus und nach Napoleons sieglosem Russland-Feldzug endete auch die Herrschaft von seinem Bruder Jerome in Westfalen. König Lustig, so sein Spitzname, war unbeliebt. Ob die Schröders ein Fest gefeiert haben, ist nicht überliefert. Das Heuerlingshaus an der Oeynhausener Straße hat die Jahrhunderte überdauert. Jetzt bekommt es einen neuen Standort. Es wird abgebaut und in Kirchlengern-Rehmerloh wieder aufgebaut. Als Teil des Trachtenmuseums. Translozierung wird der fachgerechte Auf- und Abbau in der Fachsprache bezeichnet. Für das Projekt gibt es unterschiedlicher Förderer. Auch das Land NRW ist beteiligt. Jan und Christoph Nobbe sind die Eigentümer der Alten Volksschule Rehmerloh und Gründer des Vereins &bdquo;Museumsinitiative Rehmerloh“. Die Nobbes und die Museumsinitiative wollen neben der früheren Volksschule ein altes Fachwerkhaus aufbauen. Dort einziehen soll das neue Textil- und Trachtenmuseum. Bislang präsentieren die Nobbes die Kleidung im historischen Klassenzimmer der Schule. Dort wird der Platz langsam knapp. Immerhin können sie 250 Jahre Textilgeschichte zeigen. Vier-Ständer-Haus mit zwei Wohneinheiten Das Heuerlingshaus ist nach Überzeugung der Nobbes gut geeignet als Museumsgebäude. "Es handelt sich um ein Vier-Ständer-Haus mit zwei Wohneinheiten", sagt Jan Nobbe. Ein Heuerlingshaus in einer solchen Größe sei eher ungewöhnlich. Häufig boten die kleinen Häuser nur Platz für eine Landarbeiter-Familie, die bei dem Bauern beschäftigt war, dem Grund und Boden gehörten und der mit seiner Familie in einem deutlich größeren Fachwerkhaus lebte. Die Inschrift auf dem Torbogen, die zum Teil noch lesbar ist, zeigt, dass der Glauben damals noch eine große Rolle gespielt hat. "Wer Gott Vertraut Hat Wohl Gebaut Im Himmel Und Auf Erden, Wer Sich Verlast Auf Jesu Christ Dem Mus Der Himmel Werden", steht dort. "Etwa bis Anfang der 1970er Jahre wurde das Haus noch bewohnt", sagt Nobbe. In den Jahrzehnten danach sei es immer wieder auch mal Quartier für Obdachlose gewesen. Es stand nicht immer an der Stelle, wo es heute abgebaut wird. "Es wurde um 1900 an einer anderen Stelle auf dem Hofgelände abgebaut und am Rand der Oeynhausener Straße wieder aufgebaut." Wahrscheinlich stand das Heuerlingshaus am alten Standort den Plänen der damaligen Hofbesitzer im Weg. Stück für Stück abgebaut Das Gebäude befindet sich an einem markanten Punkt der viel befahrenen Straße und wirkt dort wie aus der Zeit gefallen. "Wir wurden schon häufig angesprochen und gefragt, was mit dem Gebäude geschieht", sagt Nobbe. Als die ersten Arbeiten am Gebäude begannen, war schnell klar, dass der alte Kotten nicht abgerissen, sondern abgebaut wird. Die Bauarbeiter haben dort begonnen, wo ihre Vorgänger vor mehr als 200 Jahren aufgehört haben: Auf dem Dach. Dachpfanne für Dachpfanne wurde entfernt. Balken mit dem Kran abgehoben. Dann waren die Mauern an der Reihe, die mit Ziegeln ausgemauerten Gefache aus Fachwerk. Die Nobbes sind auch selber auf der Baustelle aktiv. "Ich habe letzte Woche zwei Tage lang Steine geklopft", sagt Jan Nobbe. Von Speiß und Mörtel werden die Backsteine befreit, insgesamt sind es etwa 4.000. "Wir verwenden bei der Neuaufstellung des Hauses so weit das möglich ist, alle Baustoffe wieder", sagt Nobbe. Dabei sei der gute Zustand der Materialien sehr hilfreich. "Wir können auch die Eichenbalken wieder verwerten." Damit der Aufbau nicht zum nervenraubenden Puzzlespiel wird, wurde vor dem Abbau eine Bauzeichnung des Gebäudes erstellt, die Balken sind nummeriert, sodass sich ihr Standort leicht ermitteln lässt. Ende der Woche werden die Abbauarbeiten beendet sein. Zügig soll dann mit dem Wiederaufbau in Rehmerloh begonnen werden. "Unsere Perspektive ist, dass wir das Museum im Jahr 2024 eröffnen", sagt Nobbe.

Meistgelesen