So verändert sich die Vereinslandschaft in Löhne

Löhne. Dass sich das Vereinswesen wandelt, ist vor allem in den vergangenen Jahren sehr offensichtlich geworden. Alteingesessene, traditionelle Vereine lösen sich auf. Und das obwohl sie auf jahrzehntelange, teilweise sogar mehr als hundert Jahre lange, Historien zurückblicken können. In einigen Bereichen schrumpft die Anzahl, Ortsteilgruppen schließen sich zusammen. Andere - wie etwa die Männergesangsvereine - sind in Löhne schon gänzlich von der Bildfläche verschwunden. Und gerade zuletzt hat sich nun der Wanderverein Werretal nach 45 Jahren aufgelöst. Sterben also die Vereine? Den Zahlen nach ist das nicht der Fall. Die Gesellschaft ZiviZ (Zivilgesellschaft in Zahlen), die zum Stifterverband gehört, hat im Jahr 2022 zusammengefasst, wie sich die Vereine in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt haben. Demnach steigt die Zahl der Vereine weiterhin an. Im April 2022 waren es 615.759 deutschlandweit und damit 2.165 mehr als im Vorjahr. Allerdings nimmt die Anzahl der neugegründeten Vereine Jahr für Jahr ab, während die Auflösungen relativ konstant bleiben. "Es ist zu erwarten, dass aufgrund dieser Entwicklung die Gesamtzahl an eingetragenen Vereinen in den kommenden Jahren erstmals seit Jahrzehnten rückläufig sein wird", heißt es in der Studie. Was sich laut der Erhebung ebenfalls wandelt, sind die Arten der Vereine. ZiviZ hat dafür die meistgenutzten Wörter in den Vereinsnamen der neu angemeldeten Gruppierungen untersucht. Seit langem legt dabei eine Bezeichnung stetig zu und ist weit vor allen anderen zu finden: "Förderverein". Im Zeitverlauf zeige sich außerdem eine Verschiebung von klassischen Handlungsfeldern - Sport und Freizeit - zu neueren Handlungsfeldern wie zum Beispiel Bildung, heißt es zusammengefasst in der Publikation. Wie geht es den Löhner Vereinen? Diese Verschiebung bestätigen auch Aktive in Löhne. Egon Schewe, Vorsitzender des Obernbecker Vereinsring, selbst in verschiedenen Vereinen aktiv, sieht darin einen klaren Trend. Fördervereine von Schulen oder anderen Bildungseinrichtungen liefen gut. "Die Eltern engagieren sich da, solange ihrer Kinder dort zur Schule gehen oder die Angebote nutzen", meint Schewe. Generell würden die Vereine favorisiert, die einen zeitlich oder sachlich recht begrenzten Fokus hätten. "Die Leute engagieren sich dort, wo sie zielgerichtet und im persönlichen Interesse etwas bewegen können", sagt auch Hans-Dieter Falkenstern, Vorsitzender des Vereinsrings Löhne-Ort. Traditionelle Gruppen, die keine Sportvereine sind, und eher die Freizeitgestaltung im Blick hatten, haben es schwerer - vor allem bei Menschen, die berufstätig sind. Schewe und Falkenstern sehen da einen klaren Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte. "Die Arbeit hat heutzutage einen anderen Stellenwert. Der Beruf nimmt eine Menge Energie und Fantasie", meint Egon Schewe. Das liege unter anderem an anderen Arbeitszeiten, längeren Arbeitswegen, ständiger Erreichbarkeit und weiteren Eigenschaften der modernen Arbeitswelt. Zudem würden heute meist beide Partner verdienen. Außerdem gebe es auch viel mehr kommerzielle Freizeitangebote, die um die Feierabendstunden werben. "Da braucht man sich um die Organisation auch nicht mehr selbst kümmern", sagt Schewe. In diesem Punkt liegt aus Sicht der Beiden auch einer der Gründe dafür, warum gerade in der Vorstandsarbeit oft die Älteren das Zepter in der Hand haben. Dort müsse man eben auch Verantwortung übernehmen. "Das schreckt vielleicht einige schon ab", sagt Falkenstern. Viel Auswahl für den Nachwuchs Die gesellschaftlichen Veränderungen zeigen sich auch in der Nachwuchsarbeit. Denn Kinder und Jugendliche könnten inzwischen viel mehr schulische und außerschulische Bildungsangebote nutzen als noch vor 20 Jahren, sagen die beiden Ehrenamtlichen. Die Sportvereine in Löhne schafften es zwar größtenteils noch ganz gut, die Kids zu begeistern - gerade für die populären Sportarten, aber andere hätten es da schon nicht mehr ganz so leicht, berichten Schewe und Falkenstern. So wachsen nicht mehr so viele in das Vereinsleben hinein, wie das in vorherigen Generationen war. Damit das trotzdem klappt, müssten sich die Vereine oft viel einfallen lassen, meint Thorsten Stürzebecher. Er hat einen besonderen Blick auf das Thema, übt mehrere Ämter in zwei ganz verschiedenen Bereichen aus. So ist er zum Einen Jugendwart der Jugendfeuerwehr in Löhne und zum Anderen zweiter Vorsitzender des Stadtverbands der Rassegeflügelzüchter. Die Voraussetzungen und Möglichkeiten sind in beiden Bereichen sehr unterschiedlich. Bei der Jugendfeuerwehr gebe es durch die Gemeinschaft und gemeinsame Aktivitäten zusätzliche Anreize gerade für die Jugendlichen. Und die, die sich begeistern lassen, bleiben. "Das läuft", sagt Stürzebecher. Dadurch blieben dann immer auch einige so lange dabei, dass sie in den aktiven Dienst übergehen. Ja, die Zeit zwischen Schule und Berufsleben sei oft eine Lücke und es sei auch nicht immer so einfach, die Leute so lange zu halten, gibt Stürzebecher zu. Manchmal müsse man dann eben aktiv auf Rückkehrer und Neuzugezogene zugehen. Lust an Hobby und Gemeinschaft Bei den Geflügelzüchtern sei die Mitgliedergewinnung schwieriger. "Es gibt Grenzen, was man mit Geflügel machen kann. Es ist recht spannend, wenn die Küken schlüpfen, und später, wenn es dann zu Ausstellungen geht", meint er. Bei seinem Verein, dem RGZV Obernbeck, wo er ebenfalls zweiter Vorsitzender ist, würden die Jungzüchter zusätzlich gefördert. Damit könnten einige Kinder und Jugendliche begeistert werden, die da wirklich Lust drauf hätten. Insgesamt sei es aber nicht einfach für die Geflügelzüchter, deren Vereinsgründungen meist noch zu einer Zeit waren, in der die Gegend deutlich landwirtschaftlicher geprägt war. Von einstmals sechs Vereinen sind noch drei übrig geblieben. Der Grund: Die Leute hätten weniger Platz im Garten und wohnten näher beieinander, was es schwieriger macht, Hühner zu halten, berichtet Stürzebecher. "Das ist schon etwas, das Geld kostet - und Zeit", erklärt Christiane Caton, die zusammen mit Mann Leslie bei den Obernbecker Geflügelzüchtern ein Häuschen für ihre Hühner angemietet hat. Zuhause, in Löhne-Bahnhof, wäre die Haltung nicht möglich. 2016 haben sie angefangen, missen möchten sie ihre Zwerg-Sundheimer nicht mehr. "Es gibt jedes Jahr was anderes, was man dazulernt", meint Leslie Caton. Das Ehepaar bindet auch die Enkeltochter mit ein und genießt auch das Grün und die Gemeinschaft rund um die Hühnerhäuser am Vereinsheim. Dieses Gemeinschaftsgefühl sei etwas, das die örtlichen Vereine einem bieten können, meinen auch Stürzebecher, Schewe und Falkenstern. "Das ist der Kitt der Gesellschaft. In einem Fußballverein zum Beispiel kommen alle Gesellschaftsschichten zusammen", meint Falkenstern. Was passiert, wenn sich das ändert? "Das bricht auseinander, wenn alle nur noch so unter sich sind."

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