Trotz Übernahme: Beim Löhner Klinkerhersteller bleibt der Ofen aus

Löhne. 130 Meter lang ist der Brennofen bei Kerawil. Geschäftsführer Emil Erfurt steht am Rand der riesigen Brennkammer und wirkt etwas verloren. Bei Kerawil ist der Ofen aus, seitdem das Unternehmen im Dezember 2018 Insolvenz angemeldet hat. Ob dort jemals wieder Pflasterklinker gebrannt werden, ist nicht absehbar. "Wenn die Gaspreise so hoch bleiben, ist das nicht wirtschaftlich", sagt Erfurt. Hinter Kerawil liegen schwere Zeiten. Als Folge der Insolvenz des im Jahr 1897 gegründeten Unternehmens wurden im Februar 2019 die bisher letzten Ziegel in der großen Halle an der Tonwerkstraße gebrannt. Friedrich Schwagmeier, Inhaber des Familienunternehmens, hatte sich damit abgefunden, dass nach dem Verkauf der letzten Klinker die Ziegelei geschlossen wird. Dann kam die Rettung fast in letzter Minute. Rettung in letzter Minute Langjährige Geschäftspartner nahmen Kontakt zu Schwagmeier auf. &bdquo;Die haben deutlich gemacht, dass wir ein Produkt herstellen, das am Markt gebraucht wird und dass sie ein ernsthaftes Interesse an der Übernahme haben“, sagte Schwagmeier im November 2020 zur NW. Nach intensiven Verhandlungen wurde man sich einig. Mehrere langjährige Partner haben Kerawil übernommen. Darunter die IPLS AG mit Sitz in der Schweiz. Friedrich Schwagmeier hat seitdem an seinem ehemaligen Unternehmen keine Anteile mehr. Er arbeitete im neu gegründeten Kerawil Klinkerwerk noch einige Zeit als angestellter Geschäftsführer und ist mittlerweile ausgeschieden. Der Plan der neuen Eigentümer war, nach der Reparatur des Ofens wieder Pflasterklinker in Obernbeck zu brennen. Dann kam der 24. Februar 2022. Russland überfiel die Ukraine, und die Gaspreise stiegen und stiegen. "Bei diesen extrem hohen Gaspreisen ist die Herstellung von Klinkern nicht wirtschaftlich", sagt Emil Erfurt. Beim Anfeuern des Ofens wäre Kerawil wohl zum größten Gasverbraucher der Stadt geworden. "Wir hatten auch einen Anruf von der Stadt, dass wir das wegen des hohen Verbrauchs auf jeden Fall vorher mit der Stadt absprechen sollten", sagt Erfurt. Veraltete Technik, marode Hallen Solange die Preise so hoch bleiben, werden keine Klinker gebrannt. "Die hätten dann fast den Wert eines Goldbarrens, wenn sie aus dem Ofen kommen." Neben den hohen Energiekosten wären auch Investitionen in die Substanz teuer. "Die Technik ist veraltet und einige Hallen sind marode", sagt Erfurt. Für das Wiederanfahren der Produktion müssten etwa 30 Mitarbeiter neu eingestellt werden. Die zu finden sei dann sicher nicht einfach, weil nicht klar sei, ob sich das Geschäftsmodell trage. Als Folge der Insolvenz befindet sich Kerawil im Vergleich zu anderen Unternehmen, die in Deutschland Klinker brennen, in einem Wettbewerbsnachteil. "Weil der Ofen so lange aus war, würden wir bei den Gasversorgern als Neukunden geführt. Das führt dazu, dass wir wesentlich mehr für den Kubikmeter bezahlen müssen." Die Situation sei aber auch für Wettbewerber, die bessere Konditionen haben, nicht leicht. "Auch bestehende Unternehmen fragen sich, wie es weitergehen soll." Als Lagerort eine Fehlinvestition Zurzeit werden Gelände und Halle als Lagerflächen für Klinker genutzt, die von Löhne aus in den norddeutschen Raum geliefert werden. Drei Mitarbeiter sorgen für die Lagerlogistik. Als bloßer Lagerort wäre die Übernahme von Kerawil allerdings eine krasse Fehlinvestition. Erfurt macht keinen Hehl daraus, das es zu einem Einstieg in das Löhner Unternehmen unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht gekommen wäre. Ziel ist jetzt, einen Weg zu finden, auch ohne das Brennen von Klinkern an der Tonwerkstraße Geld zu verdienen. Mit Blick auf die großen Dachflächen der Hallen und das weitläufige Werksgelände entwickelten Erfurt und die neuen Eigentümer von Kerawil eine Idee. "Aus unserer Sicht würde es hier ein großes Potenzial für einen Energiepark geben", sagt Erfurt. Mindestens 5.000 Quadratmeter Dachflächen würden sich für Photovoltaikanlagen eignen. Dazu kämen unbebaute Bereiche auf dem Werksgelände, die ebenfalls mit PV-Anlagen bestückt werden könnten. Denkbar wären auch Windkraftanlagen, falls die neue Rechtslage das erlauben würde. Auch die Produktion von Wasserstoff könnte möglich sein. "Wenn sich unsere Pläne umsetzen lassen, dann könnten wir Teile von Obernbeck möglicherweise mit Strom versorgen." Kerawil hat die Pläne der Stadt vor einigen Monaten vorgestellt. "Die waren interessiert. Leider haben wir von denen aber seitdem nichts mehr gehört."

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