Hebammen Ein Jahr Geburtshaus in Löhne: Wie die Begleitung der Schwangerschaft abläuft

Löhne. Vor etwa einem Jahr, am 1. Januar, haben vier Hebammen das einzige Geburtshaus im Kreis Herford eröffnet. 53 Kinder haben Maren Scarabis, Tanja Möller, Sabrina Fransen und Kira Kehlbeck seitdem zur Welt gebracht. "Das war ein Jahr mit ganz, ganz vielen schönen Momenten", sagt Maren Scarabis. Den Schritt in die Selbstständigkeit haben sie nicht bereut - ganz im Gegenteil. "Wir haben alle im Krankenhaus gearbeitet und auch gerne dort gearbeitet, aber ich wusste, dass es noch andere Möglichkeiten gibt", sagt Scarabis. Im Geburtshaus hätten sie die Chance, die Schwangere vom positiven Schwangerschaftstest an bis hin zur Entbindung, und sogar darüber hinaus, zu begleiten. "Wir hatten und haben im Geburtshaus die Möglichkeit, die Familie nochmal ganz anders begleiten zu können", resümiert Kira Kehlbeck. Die Schwangeren hätten vor dem großen Ereignis bis zu zehnmal Kontakt zu den Hebammen. Am Ende soll die Frauen jede von ihnen einmal kennengelernt haben. Auch das sei anders als im Krankenhaus, wo es zu maximal zwei Kontakten käme. Während der Geburt sei eine 2:1-Betreuung gewährleistet. Große Nachfrage: Geburten geplant bis August 2023 Das Konzept finde auch großen Anklang: "Es ist überwältigend, wie groß die Nachfrage ist", sagt Tanja Möller. Sie bekämen sogar Anfragen von Frauen, die 60 Kilometer weit entfernt wohnten. Derzeit reiche ihre Terminplanung bis August 2023. Wer gerne im Geburtshaus entbinden möchte, meldet sich am besten frühzeitig: "Die Schwangeren rufen teilweise an, kurz nachdem ihr Test positiv war", sagt Scarabis. Wer sich bei dem Geburtshaus erst nach der 12. Woche meldet, habe geringe Chancen auf einen Platz. Interessierte könnten sich aber immer melden, da es Wartelisten gäbe und es sein könne, dass ein Platz frei werde. Wie die Begleitung der Schwangerschaft abläuft Die Selbstständigkeit bringe für die Hebammen aber nicht weniger Arbeit mit sich. Doch es würde sich lohnen, denn sie seien zufriedener. Die Art ihrer Arbeit habe zudem sich komplett verändert. Sie würden während der Geburt mehr abwarten, was nicht unbedingt leicht sei. Oft sei es einfacher, etwas zu tun, als zu beobachten und Geduld zu zeigen. Sie würden zwischendurch die Herztöne überprüfen, sonst der Frau aber alle Freiräume lassen, damit diese sich auf die Geburt konzentrieren könne. Ein CTG, ein sogenanntes Kardiotokogramm, mit dem die Wehentätigkeit gemessen werden, hätten sie vor Ort und könnte bei Auffälligkeiten zum Einsatz kommen. "Viele Impulse kommen von den Frauen selbst", sagt Scarabis. Die werdenden Mütter würden selbst ganz viel austesten: Sie hielten sich beispielsweise am Seil fest, welches in dem Geburtsraum hängt, oder stiegen in die Badewanne. "Wie die Frauen gebären und wie sie sich dabei fühlen, ist ganz, ganz wichtig für die Zeit danach", sagt Kehlbeck. Das habe Auswirkungen auf den Start in das gemeinsame Familienleben. Keine medikamentösen Schmerzmittel Es gibt aber noch andere Aspekte, die anders sind als bei einer Geburt im Krankenhaus: Die Frauen bekommen im Geburtshaus keine medikamentösen Schmerzmittel. "Es gibt andere Möglichkeiten, den Schmerz zu lindern", sagt Scarabis. Das miteinander sprechen sei nicht zu unterschätzen, zudem könnten Massagen oder ein Entspannungsbad helfen. Im vergangenen Jahr seien bei ihnen sieben von 60 Frauen während der Geburt ins Klinikum verlegt worden. Das sei aber in Ruhe passiert und nicht in Eile. Zudem seien zwei Kinder nach der Geburt in die Kinderklinik verlegt worden, weil es beispielsweise zu einer Neugeboreneninfektion gekommen sei, eine davon sei eine kindliche Notfallverlegung gewesen. Jetzt gehe es aber allen gut. Verlegungen seien nichts Ungewöhnliches: Bei 16 Prozent der außerklinischen Geburten in Deutschland sei währenddessen eine Verlegung notwendig gewesen, sagt Kehlbeck. Sie bezieht sich damit auf eine Statistik der Gesellschaft für außerklinisch betreute Geburten. Das könne zum Beispiel passieren, wenn es zum Geburtsstillstand komme, sagt Möller. "Wir warten lange ab, aber wenn wir merken, dass es gar nicht vorangeht, kann das schon ein Grund sein." Paare hätten auch immer die Möglichkeit, selbst eine Verlegung zu verlangen, aber das käme sehr selten vor. Sie hätten bislang auch noch nie zwei Geburten parallel gehabt, dafür nah hintereinander. Das sei in diesem Jahr zwei bis dreimal passiert. Da sie immer zu zweit seien und mehrere Räume zur Verfügung stehen haben, sei dies kein Problem gewesen. Zwei weitere Hebammen kommen dazu Im nächsten Jahr werden zwei weitere Hebammen im Geburtshaus arbeiten: Inga Fründ und Mara Wiebe. "Der Bedarf ist da und wir kennen uns auch persönlich, das passt einfach", sagt Kira Kehlbeck.

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