Im Kreißsaal am Klinikum Lippe haben Hebammen bald noch mehr Verantwortung

Detmold. Wanne oder Hocker, liegend oder sitzend, mit PDA oder ohne, vaginal oder Kaiserschnitt: Rund um die Geburt des Kindes gibt es verschiedene Möglichkeiten. Manches hängt von medizinischen Notwendigkeiten ab, anderes von der individuellen Vorliebe der werdenden Mutter. Das Klinikum Lippe hält am Standort Detmold ab dem 1. Januar 2026 nun ein weiteres Angebot bereit: den hebammengeleiteten Kreißsaal. Es ist ein zusätzliches Angebot neben dem ärztlich geleiteten (&bdquo;konventionellen“) Kreißsaal mit interprofessionellem Betreuungskonzept. Hierbei arbeitet ein Team aus Hebammen und Ärzten kontinuierlich zusammen, auch bei regelrechten Verläufen, wie Corinna Bryan, Chefärztin der Geburtshilfe an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, erklärt. Das Konzept des hebammengeleiteten Kreißsaals richte sich an Frauen, &bdquo;die sich eine natürliche und selbstbestimmte Geburt wünschen“, heißt es vom Klinikum. &bdquo;Im hebammengeleiteten Kreißsaal steht die Frau mit ihren Wünschen, ihrem Rhythmus und ihrem Vertrauen in den eigenen Körper im Mittelpunkt“, ergänzt Susann Grabsch, leitende Hebamme. 1:1-Betreuung angestrebt Corinna Bryan erläutert: &bdquo;In einem hebammengeleiteten Kreißsaal betreuen erfahrene Hebammen gesunde Schwangere mit einem unkomplizierten Schwangerschaftsverlauf eigenverantwortlich während der gesamten Geburt.“ Der wesentliche Unterschied liege darin, dass die Geburtsleitung ausschließlich bei den Hebammen liegt, solange Schwangerschaft und Geburt normal verlaufen. Ärztinnen und Ärzte der Frauenklinik aber auch Anästhesisten und Pfleger sowie Kinderärzte &bdquo;stehen jederzeit im Hintergrund bereit, greifen aber erst ein, wenn medizinische Risiken auftreten oder die Geburt von der Norm abweicht“. Es werde eine dauerhafte 1:1-Betreuung angestrebt, die könne allerdings nicht zu jedem Zeitpunkt garantiert werden. &bdquo;Durch das Betreuungskonzept ist die Kontinuität in der Regel jedoch höher als im konventionellen Kreißsaal.“ Eine 24+-Stunden-Betreuung einer Hebamme gebe es nicht, diese arbeiteten im Schichtsystem und wechselten alle acht Stunden. &bdquo;Da wir ein Perinatalzentrum Level II mit vielen Risikoschwangerschaften sind, profitieren Patientinnen bei Bedarf von der sehr schnellen Möglichkeit, in das interdisziplinäre Team zu wechseln – ohne räumlichen Wechsel oder Verzögerung“, betont Bryan. Die erfahrenen Hebammen begleiten die werdenden Mütter &bdquo;empathisch, kompetent und mit viel Erfahrung“, sagt Susann Grabsch. &bdquo;So schaffen wir den idealen Rahmen für eine natürliche, sichere und geborgene Geburt.“ Laut Bryan verbindet das Konzept die Selbstbestimmung und hebammenzentrierte Betreuung eines Geburtshauses mit der medizinischen Sicherheit eines Klinikstandorts. Als Vorteile nennt sie konkret eine höhere Betreuungs- und Beziehungskontinuität sowie eine besonders ruhige, interventionsarme Atmosphäre, dabei gleichzeitig jederzeit die Möglichkeit des Übergangs in ärztliche Betreuung sowie keine Transportwege und keine Verzögerungen bei Komplikationen. Schließlich ist der hebammengeleitete Kreißsaal &bdquo;integrierter Teil des Perinatalzentrums Level II, in dem Geburtshilfe und Kinderklinik eng zusammenarbeiten“. Mögliche Geburtserleichterung Er sei daher geeignet für Schwangere, die eine natürliche Geburt wünschen, aber die Sicherheit der Klinik bevorzugen, erklärt Bryan. &bdquo;Für viele Frauen stellt der hebammengeleitete Kreißsaal daher eine sichere Alternative zum Geburtshaus oder der Hausgeburt dar, insbesondere wenn gewisse Risiken ausgeschlossen werden sollen.“ Ob eine solche Entbindung infrage kommt, hängt allerdings von verschiedenen medizinischen Kriterien ab, betont das Klinikum. Eine Checkliste auf der Internetseite der Klinik hilft Schwangeren, zu prüfen, ob sie für eine Betreuung im hebammengeleiteten Kreißsaal geeignet sind. Allerdings stünden den werdenden Müttern dort nur die nicht-medikamentösen und medikamentösen Methoden der Geburtserleichterung und Schmerzlinderung zur Verfügung, die ohne ärztliche Intervention auskommen. Dazu gehören unter anderem Wärme, Bewegung, Gebärpositionen, Atem- und Entspannungstechniken, die Geburt in der Wanne, transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS, eine elektromedizinische Reizstromtherapie), Akupunktur, Aromatherapie sowie Medikamente wie Buscopan, Paracetamol oder Nitrous Oxide (Lachgas). &bdquo;Eine Periduralanästhesie (PDA) wird im hebammengeleiteten Kreißsaal nicht gelegt. Sollte eine PDA medizinisch notwendig werden oder von der Gebärenden gewünscht sein, erfolgt problemlos die Überleitung in den ärztlich geleiteten Kreißsaal – meist im selben Raum und ohne Zeitverlust.“ Zwei Gesprächstermine Ab einem voraussichtlichen Entbindungstermin ab dem 1. Januar 2026 können Schwangere dieses neue Konzept am Perinatalzentrum Level II am Standort Detmold nutzen. Hat sich eine Schwangere zur Geburt angemeldet, folgen zwei persönliche Gesprächstermine zwischen der 24. und 38. Schwangerschaftswoche. Individuelle Wünsche, Erwartungen und der geplante Geburtsverlauf würden dabei besprochen. Sollte sich zeigen, dass eine hebammengeleitete Geburt nicht infrage kommt - etwa bei Risiken für Mutter oder Kind - werde über alternative Betreuungs- und Geburtsformen aufgeklärt.

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