"Auf konstant schlechtem Niveau" Kann Löhne das Image als fahrradunfreundliche Stadt abstreifen?

Löhne. "Auf konstant schlechtem Niveau" - so fasst Georg Hofemann vom Löhner ADFC die Ergebnisse der vergangenen Fahrradklima-Tests des Clubs seit 2014 zusammen. Zwischen 3,9 und 4,2 erreichte Löhne auf einer Schulnoten-Skala bei der bundesweiten Befragung. Verglichen mit ähnlich großen Städten liegt die Werrestadt seit Jahren immer unter dem Durchschnitt. Jetzt läuft die Befragung für den Fahrradklima-Test 2022. Zwar erwarten Hofemann und Kurt Begemann vom Förderverein Radverkehr auch dieses Mal keine deutliche Verbesserung - im Hintergrund tue sich aber mittlerweile mehr für die Radfahrer. Und sie hoffen natürlich auf viele Teilnehmer an der Umfrage - sie ist schließlich ein wichtiges Argument in der Hand für ihre Arbeit. In den vergangenen Jahren habe sich die Stimmung in Verwaltung und Politik verbessert - unter anderem durch den Beirat Radverkehr, in dem die beiden Löhner Rad-Lobbyisten auch sitzen. Der tage zwar nur zwei Mal im Jahr und damit "viel zu selten", so Begemann. Hinzu kämen jedoch in letzter Zeit auch regelmäßige Gespräche mit der Verwaltung und gemeinsame Radtouren des Beirats. Konflikte um begrenzten Platz Ihren Blickwinkel mehr ins Gespräch bringen, eine klarere Wahrnehmung ihrer Interessen erreichen und einen breiten Konsens über Parteigrenzen hinweg schaffen - das sei Sinn und Zweck dieser Touren. Und das ist schließlich essenziell, wenn sich etwas verbessern soll für die Radler, die bei allen Entscheidungen in Verkehrsführung und Städtebau um begrenzten Platz mit anderen Verkehrsteilnehmern konkurrieren. An erster Stelle natürlich mit den Autofahrern, die in den vorangegangen Jahrzehnten maßgeblich für Planungen waren. Das führt zu Konflikten, gerade wenn es darum geht, dass dem Kfz-Verkehr Raum entrissen wird, um sichere Radwege zu schaffen. So wird etwa an der Königstraße, die 2024 saniert wird, nach aktueller Planung ein Parkstreifen entfallen, um auf der Fahrbahn ausreichend Platz für Radfahrer zu schaffen. Eine Lösung, die die Löhner Radverkehr-Experten als echten Erfolg für die Stadt werten. "Es sind dann immer noch genügend Parkmöglichkeiten vorhanden", sagt Hofemann. Dass überhaupt genug Platz vorhanden ist, um eine sichere Lösung für alle Verkehrsteilnehmer zu schaffen, sei aber nicht selbstverständlich. Als Beispiele nennen Hofemann und Begemann etwa die Bahnhofstraße, auf der immer wieder Unfälle passieren, und die Weihestraße, die in den kommenden Jahren saniert werden soll. Das Problem: "Da ist wirklich wenig Platz", sagt Begemann. Um die Fahrbahn zu verbreitern, müsste die Stadt der Grund und Boden von den Anliegern erwerben. Teilweise könne ein einziger Grunderwerb Straßenbauprojekte lange verzögern. Die Stolpersteine Und damit kommen die Beiden auf einen der Stolpersteine zu sprechen, wenn es darum geht, den Verkehrsraum in Zukunft für Fahrradfahrer besser und sicherer zu gestalten. Oftmals sind die vorhandenen Straßen nicht so geplant worden, dass sie ausreichend Platz bieten, um genug Raum für Autos, Radwege mit zeitgemäß mindestens 1,50 Breite, Gehwege auf beiden Seiten und eventuell noch Parkplätze zu haben. Und wenn die Straßen verbreitert werden sollen, muss im Zweifel dieser Raum erst von Anliegern gekauft werden oder es müssen vielleicht auch Bäume weichen - auch nicht unbedingt unumstritten. Auch beim Radschnellweg hängt nun vieles von einem Grunderwerb ab - hier müsste für den geplanten Verlauf ein Grundstück der Deutschen Bahn erworben werden. Die Verhandlungen dazu laufen. Dass sich hier schnell etwas ergibt, da sind Hofemann und Begemann sehr skeptisch. "Wir selbst werden darauf nicht mehr fahren, das weiß ich sicher. Wir sind beide 75 Jahre alt", sagt Begemann. Gelingt so ein Grunderwerb jedoch - wie erst kürzlich bei der Häger Straße - macht dies den Weg frei für einen Umbau im Straßenraum. Straßen NRW will an der Häger Straße die Kurve zwischen Altem Postweg und Koblenzer Straße entschärfen. Gleichzeitig soll in konzertierter Anstrengung mit der Stadt dort endlich ein Bürgerradweg entstehen, der diese Lücke im Löhner Radwegenetz schließt. Gesetzeslage und Realität Hier funktioniert also auch die Zusammenarbeit der Behörden, die sonst den Radverkehr-Experten durchaus Kopfschmerzen machen kann. Grund sei hier unter anderem auch der Widerspruch zwischen dem Anspruch, fahrradfreundlichen Städtebau zu betreiben, und der Gesetzeslage. "Die Gesetze hinken der Realität hinterher", sagt Begemann. Einiges sei zwar schon geändert worden, andere Vorschriften behinderten aber durchaus den Fortschritt - vor allem wenn sich Behörden sehr strikt danach richten. Als Beispiel nennt Hofemann hier die Ellerbuscher Straße an der Einmündung Ulenburger Allee. Nachdem an dieser Stelle eine junge Radfahrerin schwer verletzt worden war, hatte die Löhner Politik wie auch der ADFC und der Förderverein Radverkehr eine Fahrradampel gefordert. Für diese Ampel werden jedoch die rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. So schätzen es jedenfalls die zuständigen Fachbehörden ein. Stattdessen verhindern dort nun Ketten eine wilde Querung und führen Radler über die Querungsinsel über die Straße. "Dadurch ist es dort sicherer geworden", sagt Begemann. "Wir sind jedoch immer noch für eine Ampellösung." Von all diesen Schwierigkeiten und der Aussicht, dass es eben einfach sehr lange dauern kann, lassen sich die beiden Löhner Initiativen aber nicht abschrecken, betonen beide Männer. "Wir sind zäh", sagt Hofemann. Auch wenn die größeren Erfolge für den Radverkehr in der Werrestadt erst in den nächsten Jahren nach und nach sichtbar werden - wie etwa auf der Königstraße oder mit dem Bürgerradweg an der Häger Straße - seien auch die bisherigen Erfolge nennenswert. Zum Beispiel die Einrichtung und Ausweisung von Parallelrouten zu den Hauptstraßen wie an der Lübbecker Straße oder der Koblenzer Straße. Damit sie weiter auf ein repräsentatives Instrument für die Einschätzung der Löhner Radfahrer haben, hoffen ADFC und Förderverein Radverkehr auf eine rege Teilnahme am Fahrradklima-Test des ADFC. Der läuft noch bis Ende Oktober. Mindestens 50 Löhner müssen den Fragebogen ausfüllen, damit die Stadt in dem Ranking auftaucht. "In den vergangenen Jahren hatten wir immer mindestens 80 Teilnehmer." Mitmachen können Interessierte unter: fahrradklima-test.adfc.de

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