Rücksichtslose Raser? Anwohner sehen Straße in Löhne als Rennstrecke und sorgen sich um ihre Kinder

Löhne. "Wir wohnen in einem rechtsfreien Raum", sagt Britta Rauser. "Hier kann jeder so schnell fahren, wie er will." Der Frust steht der Löhnerin ins Gesicht geschrieben. Vier Katzen musste sie bereits beerdigen, weil diese von rücksichtslosen Autofahrern überfahren worden waren. "Wenn es bald der erste Mensch ist, dann soll keiner sagen, wir hätten es nicht gesagt." Mehrfach hätte sie sich bereits bei der Polizei und beim städtischen Ordnungsamt gemeldet. Doch bislang habe sich weder etwas an der Situation in der 30-Zone noch in der 50-Zone geändert: Autofahrer rasten weiterhin mit gefühlt 80 Kilometer pro Stunde an ihrem Grundstück an dem Großensieker Weg entlang. Rauser lebt schon immer hier. Als ihre Großeltern das Haus am Großensieker Weg gebaut hatten, sei dort nur ein Schotterweg gewesen. Danach waren auf der Straße ganz lange viele Schlaglöcher, weshalb die Autofahrer automatisch langsamer gefahren seien. Doch mittlerweile sei die Straße zu einer Rennstrecke mutiert, sagt sie. Mit der neuen Asphaltierung vor etwa sechs Jahren sei das Ganze dann richtig schlimm geworden. So schlimm, dass ihr Lebensgefährte Andreas Kirsch schon einmal beim Spazierengehen überfallartig von der Straße habe springen müssen, um nicht überfahren zu werden, die Nachbarskinder nur noch unter Aufsicht draußen spielen dürften, und die ältere Nachbarin sich seit zwei Jahren mit ihrem Rollator gar nicht mehr aus dem Haus traue. Es fehlen Verkehrshinweise Der Großensieker Weg verbindet die Koblenzer Straße mit der Loher Straße und ist etwa zwei Kilometer lang. Von der Koblenzer Straße ausgehend herrscht auf der Strecke etwa 400 Meter lang die Zone 30 und geht dann über in die 50-Zone. Es gibt keinen Gehweg. Die Strecke beginnt an der 50-Zone mit einer leichten Verengung der Straße. Ab da stehen dort an der Straße bis auf vereinzelte Häuser hauptsächlich links und rechts nur Bäume. Die 50-Zone ist an einem Schild zu erkennen, das das Ende der 30-Zone markiert. Weder ein Ortseingangsschild noch ein Piktogramm mit einer eingekreisten 50 sind auf der Straße zu sehen. "Es kann ja sein, dass einige Autofahrer noch nicht einmal bewusst zu schnell fahren", sagt Rauser. "Vielleicht denken sie ja, die Zone 30 endet hier und jetzt kann ich Gas geben." Es würden Verkehrshinweise fehlen. Doch das Ordnungsamt habe ihr gesagt, dass die Stadt an dieser Stelle nichts unternehmen müsse. Jeder Verkehrsteilnehmer müsse wissen, dass automatisch die 50-Zone beginnt, wenn die 30iger endet. Auch die Anfrage bei der Polizei hätte im Nachhinein nichts gebracht. "Weil wir uns gemeldet hatten, wurden hier zwei Verkehrskontrollen durchgeführt", erzählt Rauser. Daraufhin hätten die Beamten ihnen gesagt, dass "dabei nicht viel reingekommen" sei. "Und darum blitzt die Polizei jetzt nicht bei uns?" Es könne doch nicht sein, dass es nur darum gehe, Geld einzunehmen, sagt die Anwohnerin. Das subjektive Empfinden entspricht oft nicht den Messwerten Die zwei Messungen am Großensieker Weg bestätigt auch die Sprecherin der Polizei, Simone Lah-Schnier auf Anfrage der Neuen Westfälischen. Eine Messung in der Zone 30 und eine in der 50-Zone. Beide wurden morgens während der verkehrsstarken Zeit durchgeführt. Insgesamt seien elf Verwarngelder (bei Überschreitung der Geschwindigkeit von bis zu 15 Kilometer pro Stunde) und fünf Ordnungswidrigkeiten (bei Überschreitung der Geschwindigkeit von ab 15 Kilometer pro Stunde) festgestellt worden. "Das sind keine Messwerte, die eine regelmäßige Geschwindigkeitskontrolle an der Straße rechtfertigen", so die Polizeisprecherin. Sie fügt hinzu, dass täglich viele Messwünsche bei der Polizei eingehen würden. Die Beamten würden dann Messungen durchführen, doch bei gut 80 Prozent käme am Ende ein ähnliches Ergebnis heraus. "Das subjektive Empfinden der Geschwindigkeit entspricht oft einfach nicht den tatsächlichen Messwerten", sagt sie. Dennoch dürfe und sollte der Bürger sich jederzeit an die Polizei wenden. Wenn die Polizei aber nach so einer Messung feststellt, dass die Stelle wirklich sehr gefährlich sei, gehe der Fall an die Unfallkommission und von dort an die Stadt Löhne, sagt Lah-Schnier. Die Stadt ist dann wiederum für den baulichen Teil zuständig, wie zum Beispiel Straßenverengungen oder Bremsschwellen. Ist ein Smiley-Geschwindigkeitsmessgerät die Lösung? Auf die Beschwerde der Anwohner hin hätte es im Juni eine Verkehrsschau mit allen Verantwortlichen gegeben, sagt der Sachgebietsleiter vom Straßenbau und Verkehr der Stadt Löhne, Olaf Bokämper. So wurde eine Maßnahme bereits vollzogen: im oberen Bereich der Straße (Richtung Loher Straße) wurden drei Piktogramme mit 50-Zone aufgemalt. Weitere straßenbauliche Maßnahmen seien nicht geplant, sagt er. Denn zusätzlich hatte auch die Stadt ein Verkehrsmessgerät dort platziert. Und auch sie ist zu dem Entschluss gekommen, dass gar nicht so viele Autofahrer dort zu schnell fahren. Eine Lösung sucht Bokämper trotzdem: "Fahrbahnschwellen könne man im 50iger Bereich nicht machen, das würde bei der Geschwindigkeit Unfälle verursachen", sagt er. "Wir könnten ein Smiley-Gerät dort platzieren". Da die Stadt nur zwölf von den Geräten habe, würde der Großensieker Weg mit auf "die Liste" kommen. Aber ob das dann den Effekt erziele, den die Anwohner erhoffen, bezweifelt der Sachgebietsleiter.

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