Vater (47) sticht Freund (41) seiner Tochter mit dem Messer in die Brust

Löhne. Die beiden Männer verbindet offenbar eine herzliche Abneigung. Und das nicht erst seit dem blutigen Messerstich auf der Kellertreppe. Auf dem Flur vorm Gerichtssaal stehen die fast gleichalten, aber sehr unterschiedlich geformten Herren nicht weit auseinander, sie würdigen sich aber keines Blickes. Vor ein paar Monaten ist der 47-jährige, kleine und untersetzte Löhner heftig mit dem breitschultrigen und groß gewachsenen 41-Jährigen aneinandergeraten. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat den 47-jährigen Gastgeber wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Er soll seinem Gast mit einem Messer in die Brust gestochen haben. Zeitweise ermittelte sogar eine Mordkommission. Einzige Verbindung der beiden Männer ist offenbar die Tochter des 47-jährigen Angeklagten. Im vergangenen Winter war sie mit dem 41-jährigen breitschultrigen Mann zusammen. Bei einem Familientreffen im Haus des Vaters in Mennighüffen am Samstag, 26. Februar, soll der 47-Jährige den 41-Jährigen durchweg beleidigt haben. "Was bist du denn für ein Russe?", hat der Gastgeber nach Darstellung des Geschädigten gefragt und zahlreiche unflätige Beleidigungen hinterhergeschickt. Der Angeklagte schweigt zu den Vorwürfen. Der körperlich überlegene Schwiegersohn in spe schildert dem Gericht ausführlich, was er in der Nacht erleben musste. Demnach haben die Beleidigungen bereits am Essenstisch angefangen und setzten sich auch im Billard-Keller fort, wohin die Tochter die beiden Männer begleitet hatte. Kurz vor Mitternacht ist dem Schwiegersohn in spe dann offenbar der Geduldsfaden gerissen. "Ich habe ihm zweimal eine gegeben, damit er Ruhe gibt", sagt er und schildert, wie er den Vater seiner Freundin auf das Sofa im Keller gedrückte. Der 41-Jährige hat die Statur eines Rettungsschwimmers und ist dem Angeklagten körperlich überlegen. Für einen Moment war dann tatsächlich wohl Ruhe. Doch dann sprang der Gastgeber auf, rief "Ich mache dich fertig!" und rannte die Treppe hoch. Ein dumpfer Schlag auf der Brust Der Schwiegersohn in spe wollte nach eigener Darstellung das Haus längst verlassen, doch mit Rücksicht auf seine Freundin, so erzählt er dem Gericht, habe er die Beleidigungen und Sticheleien des künftigen Schwiegervaters ertragen. Die beiden Männer haben offenbar einige Schnäpse getrunken. Der Angeklagte hatte 1,79 Promille Alkohol im Blut, wie ein Labor im Auftrag der Polizei später ermittelte. Der Geschädigte war aber auch nicht nüchtern. Auf dem Treppenabsatz trafen sich die Männer wieder. Der Angeklagte hielt "einen blinkenden Gegenstand" in der Hand, schildert der Schwiegersohn in spe. Er habe seinen Arm schützend vor den Kopf gehalten. Dann habe er einen dumpfen Schlag auf der Brust gespürt. Den Messerstich habe er erst später wahrgenommen und im Licht des Wohnzimmers gesehen, dass alles voller Blut war. Da sei er ohnmächtig geworden. Der Verteidiger des Angeklagten kann nicht so recht glauben, dass der 41-Jährige anderthalb Stunden lang die Beleidigungen des Angeklagten ertragen hat. Warum er den Keller nicht viel früher verlassen habe, will er wissen. "Ich habe mich im Griff", sagt der Zeuge: "Und habe gelächelt." Doch als der Angeklagte auf ihn losgestürmt sei, habe er ihn geschlagen. "Was hätten Sie gemacht?" Der Anwalt fackelt nicht lange mit der Antwort: "Das kann ich ihnen nicht sagen, weil ich schon eine Stunde vorher weggegangen wäre." Nach der Aussage des Geschädigten bittet der Verteidiger um ein Rechtsgespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Kurze Zeit später verzichtet der Verteidiger auf weitere Zeugenaussagen. Der Stich mit dem Messer ist unstrittig - eine Notwehrsituation sehen die Juristen nicht. Die Verletzung war zwar gefährlich, aber nicht lebensgefährlich. Die Polizei Bielefeld richtete vorübergehend die Mordkommission "Hecke" ein. Nach wenigen Stunden aber übernahm die Polizei Herford bereits die weiteren Ermittlungen, weil der Tat-Vorwurf auf "gefährliche Körperverletzung" zurückgestuft wurde. Sticheleien vom Esstisch bis zur Kellertreppe Die Staatsanwältin sah die Anklage als bewiesen und forderte ein Jahr und drei Monate Haft für den angeklagten Familienvater, die zur Bewährung auszusetzen seien. Der Verteidiger dagegen verwies darauf, dass die Provokationen wohl auch von dem Geschädigten ausgegangen seien. "Der Zeuge ist kampferfahren und kein unbeschriebenes Blatt." Der Verteidiger beantragte zehn Monate Haft und ebenfalls Bewährung. Der Richter schloss sich der Staatsanwältin an und verurteilte den Familienvater zu einem Jahr und drei Monaten Haft, die er drei Jahre zur Bewährung aussetzte. Der Geschädigte habe "glaubhaft und chronologisch plausibel" von den Sticheleien am Esstisch bis zum Stich auf der Kellertreppe die Situation geschildert. Der Angeklagte muss außerdem 3.600 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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