Schüler helfen Senioren und an Demenz erkrankten Menschen im Alltag

Löhne. Wenn Senioren oder an Demenz erkrankte Menschen den Alltag nicht mehr alleine bewältigen können, braucht es Hilfe und Unterstützung. Die Betreuerinnen von Hand in Hand sind darauf spezialisiert, sie helfen bei Anträgen, im Haushalt, beim Einkauf. Nun haben die professionellen Alltagshelferinnen selbst noch einmal Verstärkung bekommen. Seit Anfang des Schuljahrs begleiten sie sieben Schülerinnen und ein Schüler bei der Arbeit. Das Projekt ist Teil des Profilunterrichts, den die neunten Klassen an der Bertolt-Brecht-Gesamtschule wählen können. Das funktioniert - trotz Corona - außerordentlich gut, wie Gabriele Seehusen, Leiterin des Betreuungsdienstes, und Lehrer Hans-Georg Zwicker, einstimmig berichten. Zu Beginn des Schuljahres haben sich die Schüler der BBG nach einer Möglichkeit gesucht, sich zu engagieren, berichtet Zwicker. "Im Profilunterricht können die Schüler etwas wählen, was sie interessiert - Technik, Sport, bilingualer Unterricht und so weiter. Was gefehlt hat, war ein soziales Projekt", sagt er. Durch Zufall sei dann der Kontakt mit Gabriele Seehusen zustande gekommen. "Da haben wir ganz viel Glück gehabt." Für Sicherheit sorgen regelmäßige Tests Seehusen wiederum war sofort begeistert von dem Projekt, obwohl - oder gerade weil - die Corona-Pandemie die Sache nicht einfach mache. "Durch Corona haben sich die Generationen entzweit, Enkel trauen sich nicht zu ihren Großeltern und umgekehrt." Da sei solch ein Projekt auch eine Chance, diese Verbindung von Alt und Jung nicht abreißen zu lassen. "Wir haben natürlich erst einmal unsere Kunden in einem Brief gefragt, ob sie damit einverstanden wären. Die meisten haben sich gefreut." Für die Sicherheit sorgen die Tests, die die Schüler in der Schule machen. "Und wir sind hier alle geimpft und testen uns ohnehin täglich", berichtet Seehusen. Ihr sei es wichtig, dass gerade jetzt mehr junge Menschen für soziale Berufe begeistert werden. "Wir haben einen akuten Pflege- und Betreuungsnotstand. Es wird Personal ohne Ende gebraucht. Da ist es besonders wichtig, dass junge Menschen in den Beruf reinschnuppern", betont Seehusen. Natürlich sei die Sparte, in der sich Hand in Hand bewege, eine andere als die Pflege. "Aber nur die Pflege kann die Bedürfnisse nicht abdecken." So funktioniert das außergewöhnliche Schulprojekt: Vor Ort bei Hand in Hand bekommen die Schülerinnen und Schüler regelmäßig Theorie-Unterricht, um für den Besuch bei den Kunden gewappnet zu sein. Sie lernen über Demenz, das richtige Verhalten und tauschen sich aus. "Wir passen natürlich gut auf. Unsere Kunden sind ja alles kranke Menschen, da fragen wir die Schüler immer wieder, ob es etwas gibt, was sie betroffen gemacht hat oder bedrückt", sagt Seehusen. Gespräche über früher und heute Wie es zeitlich passt - den Schülern, den Kunden und natürlich den Betreuerinnen - fahren die Neuntklässler dann mit einer der Betreuerinnen nachmittags zu den Kunden. Insgesamt zwei Stunden pro Woche sind dafür an Unterrichtszeit eingeplant. "Die Schüler haben ein Arbeitszeitkonto. Wenn ein Besuch zum Beispiel vier Stunden dauert, haben sie gleich zwei Wochen abgehakt", erklärt Zwicker."Wir erledigen etwa Einkäufe oder vereinbaren Arztbesuche", berichtet Schülerin Leonie-Kim Schulz. Es sei sehr wichtig, für die Menschen da zu sein. "Damit sie sich auch nicht alleine gelassen fühlen." Viele interessante Gespräche hätten sich bei den Besuchen ergeben, erzählen die Schülerinnen. "Ein Kunde hat erzählt, wie es früher in der Schule war", sagt Gusté Janaviciuté. "Richtig schwer" müsse das wohl gewesen sein. "Da ist die Zeit richtig schnell vergangen." "Ich war bei einem älteren Mann, der dement ist. Davon habe ich sehr viel mitgenommen. Ich hatte noch nie mit so jemanden Kontakt", sagt die Neuntklässlerin Lea-Sophie Zitzke. Auch die Kopftücher, die zwei der Schülerinnen tragen, seien thematisiert worden. "Die wollten zum Beispiel wissen, ob das schwer für mich ist, ob ich deswegen diskriminiert oder ausgeschlossen werde", sagt Sana Mlihati. Möglicher Gegenbesuch in der Schule Und die Betreuerinnen haben Freude daran, die Gesamtschüler unter ihre Fittiche zu nehmen. "Das klappt sehr gut", sagt etwa Sabine Grunwald. "Die Kontakte zu den eigenen Enkeln sind gerade in letzter Zeit eingeschränkt. Wenn da so ein junges Mädel zu Besuch ist, entstehen ganz interessante Gespräche. Wir hätten teilweise auch vier Stunden bleiben können." Und Seehusen hofft: "Vielleicht entsteht ja dadurch auch der eine oder andere Kontakt und einige der Schüler besuchen auch nach dem Projekt einen Senioren ehrenamtlich. Das wäre mein Wunsch, aber das muss man abwarten." Es sei angedacht, sollten die Inzidenzen zum Frühjahr hin sinken, dass die Seniorinnen und Senioren auch einen Gegenbesuch in der Schule machen können. Ob das Projekt zum Standard im Profilunterricht werden könnte? "Wenn dieses Jahr vorbei ist, werden wir uns mit den Schülern unterhalten und nach deren Meinung dazu fragen", sagt Zwicker. "Von Seiten der Schule aus sollte es keine Probleme geben." Natürlich werde das Ganze auch bei Hand in Hand im Team besprochen, fügt Seehusen hinzu. Erst einmal werde es aber eine kleine Abschlussfeier für diesen Jahrgang geben. "Die ist schon fest eingeplant."

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