9 Millionen-Projekt: Startschuss für die erste Lehrfabrik der Möbelindustrie

Kreis Herford. Der Kampf um die Köpfe wird härter in den nächsten Jahren. In allen Branchen wird Nachwuchs gebraucht. Die Möbelindustrie möchte bei dieser entscheidenden Zukunftsfrage nicht abgehängt werden. Grund genug - auch für Konkurrenten - sich zusammenzuschließen. Am Mittwoch trafen sich Verbände, Inhaber und Geschäftsführer von Möbelunternehmen aus der Region im Marta-Forum und gründeten die erste Lehrfabrik der Möbelindustrie. Die Lehrfabrik soll in Löhne gebaut werden. "Wenn es gut läuft, dann können wir uns noch in diesem Jahr zum ersten Spatenstich treffen", sagt Markus Kamann vom Dienstleistungspartner Zeus und dem Ausbildungsnetzwerk BANG. Die Möbelverbände haben gemeinsam mit Zeus das Projekt entwickelt. Rund 9 Millionen Euro kostet die Lehrfabrik, die auf einem ehemaligen Sportplatz in Löhne gebaut werden soll. Auf zwei Etagen entsteht eine Nutzfläche von 2.800 Quadratmetern. Im Erdgeschoss geht es um die praktische Ausbildung an modernesten Maschinen. "Dort werden wir zwei Produktionsstraßen für die Montage von Möbeln und für Mitnahmemöbel bauen", sagt Kamann. Im 1. Stock befinden sich die Seminarräume. Einmalige Kombination aus Theorie und Praxis Die Kombination aus Theorie und Praxis ist in dieser Form für die Möbelindustrie einmalig. "Wir wollen hier die Ausbildung zum Holzmechaniker auf eine neue Stufe stellen", hatte Kamann bereits vor einigen Wochen zur NW gesagt. Nicht nur Holzmechaniker können dort ihre Ausbildung in Ergänzung zum Lehrbetrieb machen. Die Lehrfabrik soll auch für weitere Ausbildungsgänge und Fortbildungen genutzt werden. Das Einzugsgebiet der Lehrfabrik schätzt Kamann auf rund 200 Kilometer, wenn es um mehrtägige Seminare geht und auf 60 Kilometer bei täglicher An- und Abreise. Für die Seminarteilnehmer, die über Nacht bleiben, sollen nicht nur die Hotels in der Umgebung genutzt werden. Geplant ist auch ein Boarding-House auf dem Gelände. Das soll jedoch extern betrieben werden. Unternehmen beteiligen sich finanziell Vertreter von Verbänden und Unternehmen, die sich an der Lehrfabrik beteiligen, waren Donnerstag im Marta und unterzeichneten die Genossenschaftsurkunde. In dieser Rechtsform ist die Lehrfabrik organisiert. Neben dem BANG-Netzwerk selbst, dem Kreis Herford, dem Fachverband Serienmöbelbetriebe des Handwerks sowie dem Verband Holz- und Kunststoffverarbeitende Industrie Westfalen-Lippe sind die Firmen Rotpunkt, Impuls, RMW (Rietberger Möbelwerke), Ballerina, Bauformat, Pronorm, Eggersmann, Krampe, Nolte Küchen und Egge beteiligt. Die Unternehmen sind mit insgesamt 450.000 Euro an der Lehrfabrik beteiligt. Die Verbände haben 200.000 Euro gegeben. Auch der Kreis Herford engagiert sich mit 200.000 Euro. Das Land NRW bringt sich ebenfalls ein. Von unterschiedlichen Technologiepartnern werden unter anderem die hochmodernen Maschinen zur Verfügung gestellt. Das macht etwa einen Wert von drei Millionen Euro aus. Von den heimischen Banken kommen Kredite in Höhe von zwei Millionen Euro. "Nach Corona ist vor dem Fachkräftemangel" Rotpunkt-Geschäftsführer Andres Wagner ist auch Vorsitzender der Verbände der Holz- und Möbelindustrie und des Fachverbands Serienmöbel. Er betont die Bedeutung der Lehrfabrik. "Es geht darum, attraktive Arbeitsplätze für die Zukunft zu schaffen, dafür legt die Lehrfabrik die Grundlage". Verbandsgeschäftsführer Jan Kurth ist überzeugt, dass der Kampf um den Nachwuchs sich schon bald verschärfen wird. "Nach Corona ist vor dem Fachkräftemangel", sagt er. Landrat Jürgen Müller freut sich, dass die Lehrfabrik auf einem guten Weg ist. "Damit entwickeln wir einen Wirtschaftszweig weiter, der für unsere Region von großer Bedeutung ist." Löhnes Baudezernent Ulrich Niemeyer ist überzeugt, dass die Werrestadt der ideale Standort für das Projekt ist. "Es passt ideal in die Weltstadt der Küchen. Löhne entwickelt sich mehr und mehr zum Zentrum dieser Industrie. Das sieht man besonders im September, wenn nicht nur die Hausmessen tausende Besucher nach Löhne locken." Doch längst nicht alle Löhner stehen dem Projekt auf dem alten Sportplatz derart positiv gegenüber wie der Baudezernent. Unter Anwohnern hatte sich zuletzt bereits Protest geregt. Die Lehrfabrik selbst stand dabei zwar nicht infrage, lediglich die Dimensionen wurden kritisiert." ?

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