Nachhilfe-Schulen erwarten einen heißen Herbst

Löhne. Das mittlerweile zweite Schuljahr im Schatten der Corona-Pandemie neigt sich dem Ende zu. Welche Spuren haben Online- und Wechselunterricht hinterlassen? Die Nachhilfe-Schulen in Löhne berichten von einer bislang nur leicht gestiegenen Nachfrage. "Das dicke Ende kommt noch", sagt Karen Ellermann, die das Nachhilfe-Zentrum am Erich-Maria-Remarque-Platz leitet. Die Folgen, die die Pandemie für das Bildungssystem hatte, seien aber jetzt schon spürbar. "Es gibt so viele Lücken", berichtet auch Natalia Neufeld vom Studienkreis in Löhne. Sie macht sich Sorgen - nicht nur um die schulischen Fortschritte ihrer Schützlinge. Die sind nun schon seit längerer Zeit wieder vor Ort bei den Nachhilfen - war dort doch oftmals mehr Präsenz möglich als in den Schulen im vergangenen Jahr. Auch Karim (12) kommt regelmäßig - mit Lockdown-Unterbrechungen seit einem Jahr - zum Studienkreis an der Königstraße. Deutsch steht da für ihn auf dem Stundenplan bei der erfahrenen Nachhilfelehrerin Sabine Hebrock. "Mathe haben wir schon ganz gut hingekriegt", erzählt Neufeld. Durch den Digital- und Wechselunterricht sei alles "viel schwerer geworden", meint Karim. Vor allem Videokonferenzen mag er nicht. "Da ist eigentlich immer irgendwas schiefgegangen." Begleitet wird er dieses Mal von seiner Schwester Julia (10), die die Nachhilfe gerade ausprobiert. Lesen und Schreiben lernen - geht das online? Auch Karen Ellermann vom Nachhilfezentrum meint zum Digitalunterricht: "Für den Großteil war das eine Katastrophe." Gut weggesteckt hätten das eher die, die vorher auch schon gut selbstständig lernen konnten. Insbesondere Grundschüler wären damit aber nicht gut klar gekommen. "Sie können mit Grundschulkindern keinen Online-Unterricht machen", meint sie. Nicht nur die Konzentration auf einen Bildschirm über längere Zeit sei für die Kleinen schwieriger, die Grundsteine für Lesen, Schreiben und Rechnen zu legen - dafür sei Präsenzunterricht schlichtweg einfach notwendig. Bei den Älteren hätte digitaler Unterricht, aber auch die Kontaktbeschränkungen besonders in den sprachlichen Fächern für Probleme gesorgt - in Englisch, aber auch Deutsch. "Als wir hier wieder in Präsenz gestartet sind, hatte ich Schüler hier stehen, die keinen vollständigen Satz mehr sprechen konnten." Insgesamt seien es gerade die Sprachen, die online deutlich schwerer zu vermitteln sind, meint Ellermann. Natürlich hänge auch das ein wenig am jeweiligen Lehrer und an den Schülern, wie gut das klappt, aber: "Mimik und Gestik spielen dabei eine besonders wichtige Rolle. Das geht in einer Videokonferenz nicht so gut. Weniger noch, wenn nur schriftliche Aufgaben bearbeitet werden", sagt Natalia Neufeld. "Dazu, die Lücken zu schließen, kommen wir noch nicht" Das sieht auch Ellermann so. "Wenn die Kinder, gerade jüngere, Buchstaben nicht richtig sprechen, hört man das in einer Videokonferenz nicht unbedingt. Und beim Schreiben ist es auch gut, den Schülern dabei auch mal auf die Finger zu gucken. Als Lehrer muss man sehen, was machen die da eigentlich?" Mathe sei da virtuell schon irgendwie einfacher zu vermitteln. Aber auch in Mathe gebe es natürlich noch die Grundprobleme des Digitalunterrichts, unterstreicht Neufeld: "Wenn ich einen Schüler vor mir sitzen habe, sehe ich dem viel eher an, ob er gerade etwas nicht versteht." Auch sei Mathe weiterhin das Nachhilfefach Nummer eins. Zusätzliche Lücken, die durch die Corona-Unterbrechungen entstanden seien, verstärkten das nur. "Im Moment haben wir die Kinder vor allem auf Arbeiten und Klausuren vorbereitet, damit sie die überhaupt schaffen. Dazu, die Lücken zu schließen, kommen wir noch gar nicht." Insgesamt konnten die Nachhilfe-Schulen länger durchgehend Präsenzunterricht anbieten. Lediglich jeweils eineinhalb Monate ab März 2020 und Februar 2021 mussten sie auf Online-Unterricht zurückgreifen. Auch wenn das besser sei als nichts, sei das für die Kinder wirklich suboptimal. Nachhilfe, bei der viel stärker noch der einzelne Schüler im Vordergrund stehe, funktioniere auf Dauer nur in Präsenz, erklärt Neufeld. Sie habe schon vor der Pandemie zusätzliche Online-Angebote im Programm gehabt. Die seien da aber kaum wahrgenommen worden. So werde es wahrscheinlich auch wieder sein, wenn die Pandemie endgültig vorbei sei. Die Pandemie drückt auf die Motivation Sorgen machen sich Neufeld und Ellermann nicht nur um das schulische Wohlergehen der Schüler. Man merke deutlich, dass die Motivation der Kinder und Jugendlichen im Laufe des vergangenen Jahres abgenommen habe. Vieles fehlt, was sonst Ausgleich schafft - vom Fußballverein bis zum Treffen mit Freunden. Das habe natürlich Einfluss auf das Lernverhalten, aber auch auf die Persönlichkeit der Schüler, berichtet etwa Neufeld. Gerade wenn zuhause vielleicht auch noch der Haussegen schief hänge, habe der Austausch mit anderen Kindern noch einmal mehr gefehlt. Sie hoffe, dass möglichst viele Unterstützung wahrnehmen, wenn sie ihnen zusteht. Bildungsgutscheine oder auch das Corona-Bildungspaket, mit dem Nachhilfe für die Kinder gefördert wird, bei denen die Schulen einen besonderen Bedarf feststellen. Beides könnte letztendlich auch bei ihr auf dem Schreibtisch landen. So richtig gestartet sei der Ansturm auf Nachhilfe-Angebote derzeit aber noch nicht, berichten beide Leiterinnen. "Die Eltern warten noch ab", meint Ellermann. Das vermutet Neufeld auch. Waren doch bis vor kurzem die Infektionszahlen noch recht hoch, die entspannte Corona-Lage noch recht neu und das Ende des Schuljahres nicht mehr weit. Aber: "Wir erwarten einen heißen Herbst", sagt die Leiterin des Löhner Studienkreises. "Wir hoffen allerdings, dass er vielleicht auch nur warm wird."

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